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Der Robo-Advisor ist tot - es lebe der Cyborg

Hybride Lösungen vereinen proprietär technische und menschliche Stärken (Bild: FR/pixabay)
Anlageberatung

Digitale Vermögensverwaltungsprogramme wurden lange Zeit als ernsthafter Ersatz für menschliche Anlageberatung gesehen. Aber es zeichnet sich ab, dass die Technik über- und der Mensch unterschätzt wird.

03.05.2017 | 15:56 Uhr

„Geldanlage per Robo-Advisor: Die Roboter kommen“ titelte im vergangenen Jahr das Handelsblatt. Bei der ARD hieß es zuvor gar martialisch „Angriff der Robo-Advisors“. Gleich im ersten Absatz ließen die Autoren keinen Zweifeln daran, dass die klassische Anlageberatung bald ausgedient haben werde: „Die Vermögensverwaltung der Zukunft ist eine ausgeklügelte Software“ war zu lesen. 

Analog zur Revolution, die sich die Medienbranche durch die flächendeckende Einführung des Internets erwartet hatte und die den Zugang zu Informationen grundlegend umstrukturiert hat, wurde Gleiches auf die Automations-Prozesse in der Finanzbranche projiziert. 

Die Revolution lässt auf sich warten

Finanzprodukte, die per Software vermittelt werden, sind unbestreitbar günstiger. Die am Markt befindlichen Robo-Advisors erheben Gebühren in einem Spektrum von 0,15% - 0,95% plus unterschiedlich ausfallenden Servicegebühren und Produktkosten. Im Schnitt entstehen Kunden Nettokosten von 1-2% (Quelle: brokervergleich.de). Sie liegen damit deutlich unter den Kosten für klassische Anlageberatung. Ein weiterer Vorteil wurde lange darin gesehen, dass maschinelle Berater im Gegensatz zu ihrem menschlichen Pendant weniger anfällig für Fehler sind. Und durch die vergößerte Zugänglichkeit der Services versprach sich die Finanzbranche die Erschließung neuer Kundenstämme aus niedrigeren Einkommensregionen.

Allerdings entstehen aus der Automatisierung auch Nachteile. So können die Robo-Advisor nicht besser performen als der Markt, weil sie vorwiegend auf ETFs setzen. Das eingeschränkte Anlagefeld hängt damit zusammen, dass Kursperformances nicht deterministisch aus der Vergangenheit berechnet werden können. 

Dennoch haben mittlerweile viele große Finanzdienstleister auf den Trend reagiert und via Kooperation oder Zukauf automatisierte Beratersysteme in ihr Produktportfolio implementiert - die große Revolution am Markt der Vermögensverwaltung hat bis dato aber nicht eingesetzt. Nach Angaben der Börsen-Zeitung verwalten automatisierte Anlagesysteme in Deutschland nur rund 700 Mio. Euro. Bei einem Markt der rund 2,8 Bio. Euro (BVI, Februar 2017) schwer wiegt, ist diese Summe verhältnismäßig gering. 

Die Zukunft gehört hybriden Lösungen

Die internationale Beratungsagentur Boston Consulting Group (BCG) erwartet für die Zukunft von Technologien wie der digitalen Anlageberatung nicht, dass sie menschliche Arbeitskraft ersetzen, sondern, dass sie sie komplementär und kompensativ ergänzen. So könnten Maschinen zwar rasend schnell logisch-sequentiell denken, z.B. Wahrscheinlichkeiten aus Daten berechnen. Die Stärke menschlichen Denkens, die Kombination kreativer Problemlösungs-Strategien, bliebe für Rechenmaschinen aber ohne einen weiteren Quantensprung in der technischen Entwicklung weiter unerreichbar. Den Unternehmensberatern zufolge ist es unerlässlich, dass Unternehmen Wege finden, digitale Automationsprozesse so zu integrieren, dass die Stärken beider Ressourcen zum Tragen kommen.

Eben diesen Weg schlagen immer mehr Finanzdienstleister ein. In den USA gibt es schon seit letztem Jahr mit Betterment Institutional und Vanguard zwei Anbieter, die digitale Stärken mit analogen verbinden. So können Kunden selbst entscheiden, inwieweit sie bei der Betreuung ihrer Geldanlage auf Menschen verzichten wollen. In Deutschland ziehen Anbieter nach. Bereits im Februar hatte BlackRock eine Kooperation mit dem Frankfurter Fintech Youvestor verkündet. Und erst gestern hatte der bekannte Vermögensberater DJE AG ein Online-Angebot geschaltet, das wie bei BlackRock automatisiert Kunden-Profile und Anlagestrategien berechnet, dessen Anlageportfolio aber ebenfalls von Beratern erstellt wird. Bekannt sind solche hybriden Anlagesysteme auch unter einem anderen Begriff, der die Integration der technischen Vorteile in sich trägt: „Cyborg-Advisors“. 

(DW)

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