Altersvorsorge ist in aller Munde. Denkt man. Doch nur jeder zweite Deutsche sorgt finanziell fürs Alter vor. Von denen, die nicht handeln, hat sich die Mehrheit mit dem Thema noch nicht einmal beschäftigt. Gute Argumente können helfen, das zu ändern.
06.02.2020 | 07:30 Uhr
Finanzielle Altersvorsorge ist ein Mega-Thema. Jedenfalls für diejenigen, die aus Profession damit zu tun haben. Doch für viele Menschen ist der Gedanke, systematisch Vermögen für die Zeit nach dem Berufsleben aufzubauen, weit entfernt vom eigenen Alltagsleben. Und weit entfernt von der Zeit, für die dies einmal wichtig sein könnte. Deshalb verschieben Viele das Thema immer wieder auf später – oder ignorieren es einfach. Aktuelle Studien wie beispielsweise eine Studie des Zinsportals WeltSparen zeigen: Mehr als die Hälfte der befragten Deutschen sorgt finanziell nicht fürs Alter vor. Angesichts einer drohenden Rentenlücke im Alter ist diese Entwicklung besorgniserregend. Das wirft Fragen auf: Warum sorgen Menschen nicht für Alter vor? Und wie kann man sie dazu motivieren? Hier einige Anregungen:
Um zu verstehen, warum Menschen nicht fürs Alter vorsorgen, ist es hilfreich, ihre Motive zu kennen. Die WeltSparen-Studie beispielsweise zeigt: Frauen haben oft geringere Einkommen und Fehlzeiten durch Kindererziehung. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass die Hälfte der weiblichen Befragten angab, dass ihnen die finanziellen Mittel fehlen, um in eine eigene Altersvorsorge zu investieren.
Tipp für Berater: Mit Hilfe eines Sparplanrechners, etwa auf der Website des BVI, lässt sich sehr einfach zeigen, wie sich auch mit kleinem Geld über die Jahre sehr leicht Vermögen aufbauen lässt. Beispiel: Eine Sparrate von monatlich 100 Euro – ein Summe, die weit unterhalb dessen liegt, was ein durchschnittlicher Raucher pro Monat für Zigaretten ausgibt – führt innerhalb von fünfzehn Jahren bei einem konservativ gerechneten durchschnittlichen Wertzuwachs von fünf Prozent per annum zu einem kleinen Vermögen von 26.596 Euro. Voraussetzung dafür ist die regelmäßige Investition in Fonds ohne Ausgabeaufschlag.
Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung beim Thema Altersvorsorge ist fehlendes Vertrauen. Viele Menschen stehen Finanzprodukten und dem Kapitalmarkt insgesamt kritisch gegenüber. Das ist eine der gravierendsten Folgen der letzten Finanzkrise. Wer sich schon vorher aus Angst vor dem Unbekannten nicht an die Börse getraut hatte, ist fühlt sich seit den Ereignissen 2007/2008 in seinem Misstrauen bestätigt. Insbesondere die Generation 40plus ist anfällig für eine ablehnende Haltung der Finanzindustrie gegenüber. Jüngere Investoren vertrauen hingegen Finanzberatern mehr als ältere. Das zeigt eine Studie des CFA Institute zum Thema Vertrauen „Why Trust Matters“. Die CFA-Studie kommt zu dem Schluss, dass der Schlüssel für mehr Vertrauen darin liegt, dass jüngere Menschen heute besser über Finanzprodukte und Finanzthemen informiert sind als ältere. Es geht also um gleiche Augenhöhe im Gespräch. Das belegt auch ein weiteres Ergebnis der CFA-Studie: Das Misstrauen bei Privatanlegern ist deutlich höher als bei institutionellen Investoren.
Tipp für Berater: Transparenz schafft Vertrauen. Wer in einer Pizzeria einem Pizzabäcker, der seine Pizza belegt und in den Ofen schiebt, schon einmal bei der Arbeit zugesehen hat, weiß, was damit gemeint ist. Anlageberater können ebenfalls ihre Zutaten offenlegen: Kosten, Gebühren, die Offenlegung von Interessenkonflikten ist Anlegern wichtig. Zwar sind Berater schon per Gesetz dazu angehalten, doch wer hier ohne Aufforderung durch die Kunden oder den Hinweis auf die Gesetze offen eine transparente Atmosphäre aufbaut, schafft Vertrauen für die Beratung.
Es gibt einen weiteren skurrilen Grund dafür, nicht ausreichend finanziell fürs Alter vorzusorgen: In der WeltSparen-Studie geben sieben Prozent der Befragten als Beweggrund für fehlende private Altersvorsorge an, dass sie nicht daran glauben, das Rentenalter zu erreichen. In der Altersgruppe der Menschen zwischen 18 und 44 Jahren gehen erstaunlicherweise 12 bis 13 Prozent der Befragten davon aus, dass der eigene natürliche Tod die Rentenlücke schließt. Und damit eine zusätzliche Altersvorsorge obsolet ist.
Tipp für Berater: Wie unrealistisch diese Erwartung ist, zeigt ein kurzer Blick in die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes: Die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen in Deutschland ist in den vergangenen 100 Jahren stetig gestiegen – übrigens auch trotz der beiden Weltkriege. Deutsche Frauen erreichen mittlerweile im Durchschnitt ein Alter von über 83 Jahren. Männer werden im Durchschnitt rund 79 Jahre alt – Tendenz weiter steigend.
Börse ist böse. Eigenes Heim ist Gold wert. So einfach lässt sich die Anlagephilosophie der meisten Menschen in Deutschland zusammenfassen. Neben staatlicher Rente und betrieblicher Altersvorsorge stehen vor allem selbst bewohnte Immobilien als Vermögenswert hoch im Kurs. Und fast ein Viertel der Sparer setzt beim Vermögensaufbau auf Tagesgeld und Festgeld – ein geradezu erschreckend hoher Wert, der auf viel Unwissenheit rund um die Geldanlage schließen lässt.
Tipp für Berater: Ein Blick in die Statistiken zeigt, wie unterschiedlich sich verschiedene Anlageformen entwickeln – auch im Hinblick auf das Thema Risiko. Wobei es wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass Risiko oft mit Volatilität gleichgesetzt wird. Das ist ein weit verbreiteter Fehler. Zahlreiche Studien zeigen: Langfristig rentieren sich Aktien nicht nur besser als verzinsliche Anlagen, sondern bieten auch die größere Sicherheit. Deshalb sind Aktien-, Fonds- oder ETF-Sparpläne nicht nur unter Renditegesichtspunkten für langfristig orientierte Anleger am sinnvollsten.
Fazit: Finanzberatern kommt beim Thema Vermögensaufbau eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe zu: nämlich Menschen aufzuklären und zu motivieren, das Thema Altersvorsorge offensiv anzugehen. Die passendenden Tools dafür sind gute Argumente, Wissen, Transparenz und viel Geduld.
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