Marktanalyse ROBECO: Riskante Anlagen haben noch Luft nach oben

Aufgrund der soliden makroökonomischen Fundamentaldaten und der stabilen Ertragstrends liege es nahe, dass riskante Anlagen noch Kurspotential nach oben hätten, argumentiert Léon Cornelissen, Senior Strategist des Economic & Financial Markets Analysis-Teams von Robeco. Alle Blicke richten sich auf die staatspolitische Schuldenproblematik in Südeuropa. Léon Cornelissen betont, dass die recht annehmbaren Wirtschaftsdaten der letzten Monate sowie einige solide Unternehmensergebnisse von den Negativschlagzeilen in diesem Gebiet überschattet wurden.

22.03.2010 | 12:22 Uhr


Aber mit der scheinbar eingedämmten Schuldenkrise in Griechenland ist die Verschuldungs- und Defizitproblematik - zumindest für kurze Zeit - in den Hintergrund gerückt. Cornelissen erwartet, dass sich das Augenmerk wieder stärker auf Meldungen zu Makrodaten und Unternehmensgewinnen richtet. Und die Meldungen sollten von beiden Seiten positiv sein.

Makrodaten sollten sich bis zum Ende des Winters verbessern
Angesichts der neuesten Enttäuschungen aus der ganzen Welt wären positive Makrodaten mehr als wünschenswert. Das Vertrauen der Verbraucher in den USA ist im Februar dramatisch gesunken, die Zuversicht der Produzenten in Deutschland ist nach einem 10-monatigen Aufwärtstrend deutlich zurückgegangen ebenso wie das aktuelle Stimmungsbarometer der Einkaufsmanager in China.

Cornelissen betont, dass die jüngsten Daten vom wochenlangen chinesischen Neujahrsfest und vom relativ langen und kalten Winter auf der nördlichen Halbkugel verfälscht sein könnten. Das ändert jedoch nichts daran, dass das Wachstum in Asien besonders stark ausfällt, selbst wenn die Eurozone träge bleibt.

Und die Zukunft sieht vielversprechend aus. "Ab März dürfte die Konjunktur wieder anziehen und somit eine weitere Stärkung des US-Arbeitsmarktes bewirken", sagt Cornelissen. Vor diesem Hintergrund sind einige verschärfte Maßnahmen zu erwarten, die keine Gefährdung für die rosigen Wachstumsaussichten darstellen.

Gewinnprognosen steigen noch immer
Die optimistischen Aussichten auf Makroseite decken sich mit hoffnungsvollen Erwartungen auf wachsende Unternehmensgewinne, die an die überraschend guten Gewinne aus dem 4. Quartal 2009 anknüpfen. Die Analytiker korrigieren ihre Gewinnerwartungen häufiger nach oben als nach unten, allerdings fallen die Gewinnrevisionen immer gemäßigter aus. Sie erwarten für das Jahr 2010 einen Gewinnzuwachs von 29 %.

"Wir prognostizieren einen Gewinnanstieg von ungefähr 30 % auf Basis des Lagerhaltungszyklus", bemerkt Cornelissen. "Es bleibt nur wenig Spielraum für weitere positive Gewinnüberraschungen."

Aktienmärkte sollten durch diese gesunde Mischung angekurbelt werden
Insgesamt sollte dann die Kombination aus einer freundlicheren, makroökonomischen Situation und starken Unternehmensgewinnen eine solide Grundlage für eine angemessene Aktienperformance schaffen. "Wir erwarten, dass die Aktienmärkte ihren Gewinn von 4 % seit Jahresbeginn aufstocken", sagte Cornelissen. "Andere riskante Anlagen sollten ebenfalls von der wachsenden Risikobereitschaft profitieren."

Nichtsdestotrotz hält sich der Optimismus von Cornelissen in puncto Aktien in Grenzen. Er betont, dass sich ab der zweiten Hälfte des Jahres 2010 die staatliche Unterstützung nicht länger positiv auf das wirtschaftliche Wachstum auswirken wird. Zudem könnte auch der Lagerhaltungszyklus ab diesem Zeitpunkt geschwächt werden.

Das bedeutet, dass die Zeit der positiven, wirtschaftlichen Überraschungen nur noch einige wenige Monate anhält. "Wir gehen davon aus, dass die Wirtschaftsdaten ab dem Sommer viel stärker den allgemeinen Erwartungen entsprechen werden", sagt er.

Ein zweiter dämpfender Faktor ist die Tatsache, dass die Bewertung des Aktienmarktes sich eindeutig wieder normalisiert hat. Das konjunkturbereinigte KGV von Shiller zeigt sogar an, dass der S&P 500 ein wenig überbewertet ist.

Industrieaktien werden in Liste der begünstigten, zyklischen Aktiensektoren aufgenommen
Da Cornelissen davon ausgeht, dass es auch in den kommenden Monaten noch positive wirtschaftliche Überraschungen geben wird, hält er an seiner Vorliebe für zyklische Aktien fest. Die Gewinnüberraschungen konzentrierten sich auf zyklische Branchen, die - mit Ausnahme des Energiesektors - auch eine attraktive relative Aktienkurs-Dynamik aufweisen.

Eine Veränderung besteht darin, dass er jetzt neben den Sektoren Energie (halbzyklisch), Materialien und IT, auch Industrieaktien favorisiert.

Im Gegensatz dazu hält Cornelissen aber wenig von defensiven Branchen. Genauer gesagt sind Telekommunikation und Versorgungsunternehmen unpopulär, weil es ihnen genau daran fehlt, was zyklische Werte so attraktiv macht. Die relative Aktienkurs-Dynamik ist schwach und es mangelt an positiven Gewinnüberraschungen.

Aktien der Schwellenmärkte weiter favorisiert
Auf regionaler Ebene favorisiert Cornelissen die Aktien von Schwellenländern trotz ihrer leichten Underperformance in letzter Zeit. "Insbesondere das Wirtschaftswachstum in Asien ist überraschend stark. Die Gewinnentwicklungen verlaufen positiv und die Bewertungen sind angemessen", sagt er.

Den Aktien in der Pazifikregion gegenüber bleibt er weiterhin misstrauisch. In einer von Japan dominierten Region lassen zahlreiche positive Wirtschaftsdaten in neuester Zeit - wie z. B. das Wachstum der japanischen Industrieproduktion um 18 % und die vierte Zinserhöhung in Australien - auf eine starke Wirtschaft schließen. Aber der Negativfaktor in Japan - die Deflation - bleibt allgegenwärtig.

Japan hegte zu viele trügerische Hoffnungen
"Unser Hauptproblem mit Japan besteht darin, dass wir während der letzten 20 Jahre zu viele trügerische Hoffnungen hegten, um positiv zu denken, nur weil die Exporte weiter ansteigen", sagt Cornelissen. "Solange es keine wirklichen Anzeichen dafür gibt, dass die Binnennachfrage über dem Berg ist, stehen wir den Aussichten auf einen Wirtschaftsaufschwung skeptisch gegenüber."

Er hat weiterhin ausgeglichene Erwartungen für US- und europäische Aktien. Die US-Wirtschaft erholt sich deutlich. Im Gegensatz dazu sind die Makrodaten in Europa enttäuschend. Allerdings ist Cornelissen der Ansicht, dass die Erleichterung darüber, dass die Schuldenkrise in Griechenland eingedämmt wurde, kurzfristig diese Makronachteile ausgleichen kann.

Die Risiko-/Ertragsprognose für Immobilien liegt unter der für Aktien
In der Zwischenzeit werden Immobilien wahrscheinlich hinter den Aktien zurückbleiben. Es handelt sich um eine teure Anlagenklasse: REITs werden in einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 21,8x im Gegensatz zu Aktien mit 13,0x gehandelt. Die Bewertungsspanne hat sich in der Tat etwas ausgeweitet, da die Gewinnerwartungen für Aktien im letzten Monat nach oben korrigiert wurden.

"Es ist noch verfrüht, hinsichtlich dieser spätzyklischen Anlagenklasse enthusiastisch zu werden", sagt Cornelissen. "Aktien bieten ein besseres Risiko-Ertrags-Verhältnis."

Regierungsanleihen werden aller Voraussicht nach vorläufig von negativen Faktoren ausgebremst, fügt er hinzu. Die Nachteile der Anleihen liegen im massiven Angebot - die OECD prognostiziert eine Bruttoemission von Regierungsanleihen in Höhe von USD 16 Billionen allein für dieses Jahr - und der Versuchung auf Seiten der politischen Entscheidungsträger, Staatsschulden schrumpfen zu lassen. Positiv ist dagegen, dass kurzfristige Inflationsrisiken mehr oder weniger entfallen und die Zinskurven extrem steil verlaufen.

Unternehmensanleihen gegenüber Regierungsanleihen bevorzugt
Cornelissen bevorzugt Unternehmensanleihen gegenüber Regierungsanleihen. Zum einen ernten Anleger höhere laufende Renditen und zudem dürften - gegebenenfalls limitierte - Rückgänge der Kursdifferenzen im Wirtschaftskreislauf wahrscheinlicher sein. Des Weiteren konzentrieren sich Unternehmen immer noch auf gesunde Bilanzen, die sich positiv für Anleiheinhaber darstellen. Insgesamt rechnet Cornelissen für 2010 mit einem moderaten Wachstum; Unternehmensanleihen hätten in dieser Situation ein besseres Risiko-Ertrags-Verhältnis als Hochzinsanleihen.

Klicken Sie hier , um die vollständige Fassung des vom Economic & Financial Markets Analysis-Team von Robeco verfassten neuen Berichts zu lesen.

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