Finger weg von Stromkonzernen

Im Bereich der hochverzinslichen Anleihen waren es die Energiekonzerne, die in diesem Jahr ihre Versprechen nicht wahr gemacht haben. Sander Bus, Manager des Fonds Robeco High Yield Bonds, erklärt warum. Für Anleger in Unternehmensanleihen hat sich in diesem Jahr die Investition in Stromkraftwerke bislang nicht gelohnt. Das gilt besonders für Energieversorgungsunternehmen im US-amerikanischen Hochzins-Bereich (High Yield). Der Wert der von amerikanischen Energieversorgern ausgegebenen Anleihen viel im Jahr 2010 bisher um über 3%.

30.09.2010 | 12:10 Uhr


Fast alle anderen Sektoren konnten hingegen positive Rendite vorweisen. Der US-High Yield Index stand sogar bei 10,3% (auf der Grundlage der Gesamtertragszahlen von Mitte September).

Die Struktur der amerikanischen Energiebranche unterscheidet sich deutlich von der europäischen. In Europa haben die Anleihen der meisten Energieversorgungsunternehmen eine hohe Kreditqualität (Investment Grade). Der Grund dafür liegt in den - noch immer - engen Banden zum Staat. Außerdem unterliegen ihre Aktivitäten einer starken Regulierung. Und schließlich sind in Europa Stromerzeugung und Stromverkauf an den Endverbraucher geknüpft. Dies garantiert gute Voraussetzungen für einen relativ stabilen Cash Flow und Rentabilität.

US-amerikanische Stromerzeuger sind unabhängig und ohne stabile Aktivitäten
Im Vergleich dazu stellt sich die Situation in manchen US-Bundesstaaten völlig anders dar. Die amerikanischen High Yield-Energieversorger sind häufig unabhängig. Daher werden sie häufig als IPPs (independent power producers) bezeichnet.

Die Geschäftstätigkeit dieser Unternehmen ist weder stabil noch gut reguliert. Sie produzieren ausschließlich den Strom, den sie an Vertriebsunternehmen verkaufen, die ihn dann an den Endverbraucher liefern. Damit sind sie direkt von der Menge und dem Preis des von ihnen verkauften Stroms abhängig. Viele unabhängige Stromerzeugerbetriebe sind hoch verschuldet, unabhängig davon, ob sie von Private-Equity-Unternehmen übernommen wurden oder nicht.

Hoher Kohlepreis wirkt sich nachteilig auf Kohlekraftwerke aus
Ein weiterer wichtiger Faktor auf dem Strommarkt sind die stark unter Druck stehenden Erträge der mit Kohle gefeuerten Kraftwerke. Seit dem von der Kreditkrise Anfang 2009 angeregten Tiefststand ist der Kohlepreis, wie auch der Ölpreis, stetig gestiegen. Während aber die Kosten für Kohlekraftwerke zunehmen, fällt der Strompreis seit Mitte 2008.

Generell besteht ein enger Zusammenhang zwischen den Preisen der verschiedenen Energieformen. Der Strompreisverfall in den USA ist das Ergebnis des geringeren Stromverbrauchs und der Überkapazität der Stromkraftwerke infolge des wirtschaftlichen Abschwungs.

Neue Techniken in der Schiefergasförderung drücken die Gaspreise
Hinzu kommen die großen Schiefergasvorkommen und die erheblich gestiegenen Fördermengen in Nordamerika. Während das herkömmliche Erdgas hauptsächlich aus porösen Sedimentgesteinen gefördert wird, stammt das Schiefergas aus Ölschieferschichten. Dank technischer Fortschritte ist die Schiefergasförderung heute wesentlich billiger als noch vor kurzer Zeit und ist damit ein weiterer wichtiger Faktor für die gesunkenen Gaspreise. Inzwischen macht Schiefergas rund 15 - 20% der gesamten Gasproduktion in den USA aus.

Kohlekraftwerke sind häufig ausschlaggebend für den Strompreis. In vielen Teilen der USA verkaufen diese Anbieter nämlich zum Margenpreis. Der Gaspreis definiert somit im Allgemeinen auch den Strompreis.

TXU & Dynegy: Zwei Kohlekraftwerke auf heißen Kohlen
Zu spüren bekommen das die Kohlekraftwerke, deren Profitabilität sinkt, und die Hochzinsanleihen von Unternehmen in diesem Sektor, so auch von TXU und Dynegy.

TXU ist ein texanischer Stromkonzern, der 2008 von den Private-Equity-Unternehmen KKR und TPG in einem "Leveraged Buy-out" (LBO, eine fremdfinanzierte Übernahme) aufgekauft wurde. Dynegy stimmte unterdessen einer Übernahme durch Blackstone, einem anderen Private Equity-Unternehmen, zu.

Der Fall Dynegy/Blackstone ist ein Paradebeispiel für drei Hauptprobleme dieser Branche. Zunächst illustriert er, wie gerissen die Finanzgeschäfte im Private Equity-Bereich sind. Zweitens rückt er die aktuellen Probleme der Kohlekraftwerke in die Spotlights. Und drittens erklärt er, warum wir Private Equity LBO-Unternehmen mit niedriger Bonität lieber aus dem Weg gehen und die High Yield IPPs seit einiger Zeit unterbewertet haben.

Gewinn von 800 Mio. USD für Blackstone
Was ist nun eigentlich bei dieser "no-money-down"-Übernahme geschehen? Da Dynegy zur Stromerzeugung sowohl Gas als auch Kohle einsetzt, fiel der Kurs seiner Unternehmensanteile auf den tiefsten Stand seit acht Jahren. Blackstones Angebot an Dynegy bestand aus einer Prämie von mehr als 60% über dem Anteilskurs. Dadurch konnte die Unternehmensgruppe alle Anteile am Unternehmen für 540 Mio. USD erwerben, selbstverständlich einschließlich aller Verbindlichkeiten.

Die Anleiheverträge enthielten keine Bestimmungen zum Schutz der Anleiheinhaber im Falle einer Veräußerung des Unternehmens. Das hat Blackstone genutzt und die Gas-gefeuerten Kraftwerke von Dynegy (die inzwischen erheblich an Wert gewonnen hatten) gleich für 1,4 Mrd. USD an den Energiekonzern NRG weiterverkauft.

Blackstone konnte aus diesem Deal den fetten Gewinn von 800 Mio. USD einstreichen. Im Portfolio von Blackstone befanden sich jetzt nur noch unrentable Kohlekraftwerke mit einer relativ hohen Schuldenlast.

Deal illustriert die Tücke von Verträgen ohne angemessenen Schutz der Anleiheinhaber
Was sie eigentlich erworben hatten, war die Möglichkeit, von einer Steigung der Strompreise zu profitieren. Wenn die Strompreise steigen, steigen auch ihre Gewinne wieder. Wenn nicht, haben die Inhaber der Dynegy-Anleihen ein Problem. Das Ende vom Lied könnte sein, dass sie ihr Geld nicht wiedersehen. Bei der Bekanntgabe dieses Deals fiel daher der Kurs der Dynegy-Anleihe.

Weil die Private Equity-Investoren vorrangig die Interessen der Aktionäre bedienen, haben die Anleiheinhaber häufig das Nachsehen. Das gilt vor allem dann, wenn die Vertragsbedingungen der Anleihen den Aktionären großen Spielraum lassen. Deshalb machen wir in unserem High Yield-Portfolio einen großen Bogen um Unternehmen, von denen absehbar ist, dass sie unter der Übernahme dieser Firmenjäger leiden, die ihrer Jagdbeute´ meist hohe Schulden aufbürden. In unserem Portfolio war Dynegy daher nicht vertreten. Auch ähnliche Unternehmen, deren Anleiheverträge nicht die notwendigen Klauseln zum Schutz der Anleiheinhaber enthalten, wird man in unserem Portfolio vergebens suchen.

Eine Vorversion dieses Artikels erschien bereits in Effect2.

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