Riskante Anlagen haben in ungewissem Umfeld abgenommen

Da die Turbulenz im makroökonomischen Umfeld und auf den Märkten zunimmt, hat das Financial Markets Research-Team den Umfang seiner Übergewichtungen bei riskanten Anlagen reduziert. Stratege Lukas Daalder erklärt warum.

14.12.2010 | 15:45 Uhr


Vor dem Hintergrund ansteigender wirtschaftlicher Spannungen in der Eurozone wie auch erhöhter Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen hat das Financial Markets Research-Team das Risiko bei seiner Anlageklassenallokation gesenkt. Es reduzierte den Umfang seiner Übergewichtungen bei Aktien, Immobilien und Hochzinsanleihen. Nach dieser taktischen Verschiebung verfügt das Team über kleine Übergewichtungen in allen drei Anlageklassen.

Die Hauptsorge ist die sich verschlechternde Position in der Eurozone. Lukas Daalder bemerkt, dass das Financial Markets Research-Team durchweg vor den anhaltenden, zugrunde liegenden Problemen in der Eurozone gewarnt hat, insbesondere vor den Fragen zur Kreditwürdigkeit und den strukturellen Unterschieden zwischen den Ländern.

Trotzdem wurde es von den Entwicklungen überrascht. Die Überraschung bezog sich nicht auf den Sprung der Anleihen-Spreads der südlichen und peripheren Länder. Auch die durch Irland hervorgerufene Erholungsrally gehörte nicht dazu. Das Land stimmte einer Rettungsaktion zu, was nur einen halben Tag andauerte.

Die Geschwindigkeit, mit der die Märkte auf Spanien abzielten, war eine Überraschung
"Unsere größte Überraschung ist, dass die Märkte nicht nur ihre Aufmerksamkeit Portugal als nächstes Opfer widmeten, sondern sich auch auf Spanien stürzten", sagt Daalder. Tatsächlich sind die Spreads auf spanische Anleihen breiter geworden und haben sogar die Portugals, als Ergebnis einer schwachen T-Bill-Auktion am 23. November, übertroffen.

Damit haben die Rentenmärkte es zum ersten Mal während der Krise auf ein größeres Land in der Eurozone abgesehen. Im Vergleich zu Griechenland, Irland oder Portugal ist Spanien eine beträchtliche Volkswirtschaft. Es ist für nahezu 12 % des BIPs der Eurozone verantwortlich. Spanien ist zudem beinahe zweimal so groß wie die Volkswirtschaften der drei kleineren Länder zusammen.

Jedoch "gibt es gute Gründe dafür, warum Spanien nicht in den Strudel der Schuldenfalle gezogen werden sollte", betont Daalder. Zunächst sind die spanischen Banken gesund und konnten sie in den vergangenen Monaten Geldmittel für den Interbankenmarkt aufbringen. Weiterhin sind die Schuldenniveaus nicht allzu beschwerlich: Es wird erwartet, dass die Schuld als Prozentsatz des BIPs in 2010 65 % erreichen wird.

Das ist aber noch nicht alles. Schließlich befinden die Spreads - obwohl im Aufwärtstrend - bei ungefähr 230 Basispunkten gegenüber Deutschland, was noch immer eine handhabbares Niveau darstellt. Im Gegensatz zu Portugal und Irland ist der spanische Rentenmarkt zu groß für Anleihenanleger, um einfach ignoriert zu werden.

Positive Aspekte dürften Spanien nicht vor dem Schuldenstrudel retten
Unglücklicherweise dürfte die Versicherung der Positiv-Liste nicht ausreichend sein. "Falls die Märkte sich dafür entscheiden sollten Spanien ihren Rücken zu kehren, ist es deutlich, dass dies leicht zu einem selbsterfüllenden Ergebnis führen könnte", sagt Daalder. In diesem negativen Szenario könnte die Fähigkeit der Banken Kapital aufzubringen langsam nachlassen, wie es in diesem Jahr bereits eher geschehen ist.>br>
Einen weiteren negativen Aspekt stellt die bloße Gesamtschuld Spaniens dar, welche staatliche und private Verschuldung umfasst. Die Gesamtverschuldungsrate beträgt gemäß den Zahlen von McKinsey 340 %.

"Das von der EU und dem IWF konstruierte 750 Milliarden EUR umfassende Sicherheitsnetz reicht nicht aus, um die Liquiditätsbedürfnisse der spanischen Regierung (wie auch die Irlands und Portugals) für ein bis drei Jahre zu handhaben. Dies umfasst jedoch nicht die möglichen Bankenkosten, wie die von Irland", warnt er.

In aller Deutlichkeit glaubt das Financial Markets Research-Team nicht an ein solches Szenario. "Angesichts der Unvorhersehbarkeit dieser Situation nimmt das Risiko eines ungünstigen Szenarios zu", sagt Daalder.

Mittelfristiger Ausblick für riskante Anlagen weiterhin positiv
Während der kurzfristige Ausblick sich verdunkelt hat, befindet sich das mittelfristige Bild in einem Aufwärtstrend. "Wir sind aus mittelfristiger Sicht weiterhin positiv gegenüber den Renditen von riskanten Anlagen", bemerkt Daalder. "Die makroökonomischen Zahlen sind anhaltend ansehnlich und deuten auf weiterhin steigendes Wachstum hin."

Tatsächlich hat der Ifo-Index für das Geschäftsklima in Deutschland seinen höchsten Stand seit dem Beginn der Serien nach der deutschen Wiedervereinigung in 1990 erreicht.

Dennoch haben diese offensichtlich erfreulichen Nachrichten auch eine Schattenseite in dem gegenwärtig turbulenten Umfeld. "Solange man es als ein Europa mit zwei unterschiedlichen Geschwindigkeiten wahrnimmt, handelt es sich hierbei deutlich um einen negativen Aspekt", sagt Daalder. Ein wieder erwachendes Deutschland verbunden mit den andernorts instabilen Volkswirtschaften der Eurozone wird dem Euro sogar mehr Druck auferlegen.

Es gibt dennoch auch eine positive Seite. "Falls starkes Wachstum Inlandsnachfrage in Deutschland auslöst, wäre dies zum Vorteil aller", bemerkt Daalder. Er fügt hinzu, dass es sich hierbei keineswegs um eine unvermeidliche Entwicklung handelt. "Die Jury hat zu diesem Thema noch keine Vorhersage getroffen", sagt er.

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