Die Woche der Entscheidung

Der Fortgang der Staatsschuldenkrise dürfte sich in der kommenden Woche entscheiden

29.07.2011 | 15:12 Uhr

Die Staatsschuldenkrise auf beiden Seiten des Atlantiks dürfte die Märkte weiter in Atem halten. Die kommende Woche dürfte sogar maßgeblich für den weiteren Fortgang der Krise sein.

Schuldenproblematik in den USA
Die USA scheinen sich bei der Diskussion um die Anhebung der Schuldengrenze in eine Sackgasse manövriert zu haben. Die Republikaner haben von Anfang an ihre Zustimmung zur Anhebung der Schuldengrenze an die Bedingung geknüpft, dass gleichzeitig ein Sparpaket verabschiedet wird. Trotz umfangreicher Verhandlungen konnten sich Demokraten und Republikaner bisher auf keinen für beide Seiten akzeptablen Mix aus Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen einigen. Eine radikale Minderheit unter den Republikanern scheint Steuererhöhungen kategorisch abzulehnen und damit jeden Kompromiss zu blockieren. Eine Strategie zum Abbau der Staatsverschuldung erwies sich in der Vergangenheit immer dann als erfolgreich, wenn ein Drittel des Sparbeitrags aus Steuererhöhungen resultierte und zwei Drittel aus Ausgabenkürzungen. Einen völligen Verzicht auf Steuererhöhungen halten wir vor diesem Hintergrund für absurd. Es bleibt zu hoffen, dass die moderaten Kräfte noch rechtzeitig bis zum 2. August eine Lösung finden – oder sich zumindest auf eine Anhebung der Schuldengrenze bei fortgesetzten Verhandlungen verständigen. Sollten sich die Kontrahenten nicht rechtzeitig einigen, scheint die US-Regierung zunächst weiter die Anleihegläubiger bedienen, aber alle weiteren Ausgaben aussetzen zu wollen. Die Folge wäre eine tiefe Rezession mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Staatsfinanzen.

Staatsschuldenkrise in Europa
Die Spreads italienischer und spanischer Staatsanleihen notieren heute wieder auf den Niveaus, die sie schon erreicht hatten, bevor das Rettungspaket vergangene Woche beschlossen worden war. Ist damit alles wieder verpufft? Diese Frage lässt sich wohl erst nächste Woche abschließend beantworten. Die Zuspitzung der Staatsschuldenkrise in den USA sowie ein großes Emissionsvolumen aus Italien belasteten den Anleihemarkt in der Eurozone in dieser Woche. Im August wird das Emissionsvolumen in Italien deutlich geringer ausfallen und niedriger sein als die Zahlungen für fällige Anleihen und für Zinsen. Die Anleger haben damit Wiederanlagebedarf (siehe Grafik). Eine Entspannung in den USA sowie das niedrige Emissionsvolumen könnten unserer Einschätzung nach für eine Beruhigung an den Anleihemärkten sorgen. Sollte die Lage jedoch angespannt bleiben, was zu einer weiteren Ausweitung der Spreads führen würde, droht in der Eurozone eine schwere Banken- und Wirtschaftskrise. Nur eine gemeinsame europäische Emission von Staatsanleihen könnte in diesem Fall eine dramatische Verschärfung der Krise verhindern, da Italien nicht mit dem Rettungsschirm aufgefangen werden kann.

Emissionsplan für Staatsanleihen der Eurozone
(in Mrd. EUR)

* Emissionen abzgl. Fälligkeiten
** Netto-Emissionen abzgl. Zinszahlungen
Quelle: Barclays Capital

Konjunktur
Der Konjunkturausblick in der Eurozone dürfte sich als eine Folge der Finanzmarktturbulenzen in den vergangenen Wochen deutlich eingetrübt haben. So rechnen wir sogar mit einem Rückgang der Einkaufsmanagerindizes für die Industrie (Mo) und den Dienstleistungssektor (Mi), und zwar über den schon bei der ersten Veröffentlichung bekanntgegebenen Rückgang hinaus. Auch bei den Auftragseingängen (Do) und bei der Produktion (Fr) der deutschen Industrie (Do) erwarten wir nach den sehr guten Werten der Vormonate einen deutlichen Rückgang für Juni. In den USA scheint sich die Konjunktur wieder leicht zu beleben, sodass wir mit moderaten Zuwächsen bei den Einkaufsmanagerindizes für die Industrie (Mo) und für den Dienstleistungssektor (Do) rechnen. Auch am US-Arbeitsmarkt (Fr) sehen wir Stabilisierungstendenzen und erwarten einen Rückgang der Arbeitslosenquote auf 9,1 % sowie einen Anstieg der Beschäftigung um mehr als 100.000.  

Zentralbankpolitik
Die EZB (Do) befindet sich in einer Zwickmühle: Der Konjunkturausblick verschlechtert sich, und die Finanzmarktstabilität ist in Gefahr, was eigentlich Leitzinssenkungen zur Folge haben müsste – andererseits signalisieren die Inflationsfrühindikatoren nachhaltige Risiken für die Preisstabilität. In diesem Umfeld gehen wir davon aus, dass die EZB bis Jahresende ihre geldpolitische Ausrichtung nicht ändern wird. Jedoch sind Leitzinssenkungen zuletzt deutlich wahrscheinlicher geworden.  

Die Bank von England (Do) steckt in genau dem gleichen Dilemma wie die EZB, wobei die Rezessionsrisiken in Großbritannien derzeit größer sind als in der Eurozone. Auch für Großbritannien rechnen wir damit, dass die geldpolitische Ausrichtung beibehalten wird.

Die Lektüre im pdf-Dokument.

Diesen Beitrag teilen: