USA mit erheblichen Strukturproblemen - Dramatisch verschlechterter Trade-off zwischen Wachstum und Inflation

Der starke Fokus auf die europäische Staatsschuldenkrise lenkte in den vergangenen Wochen den Blick von den erheblichen Strukturproblemen in den USA ab. Insbesondere der US-amerikanische Arbeitsmarkt hat sich bisher nicht nachhaltig erholt.

01.07.2011 | 15:43 Uhr

Strukturprobleme der US-Wirtschaft

Die Arbeitslosigkeit in den USA ist seit Beginn des Aufschwungs nur enttäuschend schleppend zurückgegangen. So lag die Arbeitslosenquote im Mai mit 9,1 % nur knapp unter dem Hoch vom Oktober 2009 von 10,1 %. Auch für Juni rechnen wir mit keiner nachhaltigen Besserung und erwarten, dass die Arbeitslosenquote (Fr) nur minimal auf 9,0 % gesunken ist. Auch bei der Beschäftigung (Fr) sehen wir nur einen Zuwachs von 50.000 bis 100.000 Beschäftigten im Juni. Die Standardempfehlung der Ökonomen, den Arbeitsmarkt weiter zu deregulieren, ist im Falle der USA mit dem schon flexibelsten Arbeitsmarkt der Welt wenig erfolgversprechend. So scheint eine gewisse Ratlosigkeit unter den Ökonomen um sich zu greifen. Einige Ökonomen wie Paul Krugman oder auch Bill Gross fordern eine staatliche Beschäftigungspolitik („Employer of Last Resort“). Im aktuellen politischen Umfeld ist jedoch ein neues Konjunkturprogramm wenig wahrscheinlich. Die Lage am Arbeitsmarkt dürfte vor diesem Hintergrund in den nächsten Jahren sehr schwierig bleiben – zumal trotz der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit die mittelfristigen Inflationserwartungen seit Beginn von QE 2 deutlich gestiegen sind (siehe Chart). Die Investoren am Rentenmarkt scheinen vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass die Arbeitslosigkeit überwiegend strukturell bedingt ist und es daher keinen nachhaltigen Druck geben wird, die Löhne zu senken. Damit hat die Fed auch derzeit keinen Spielraum, ihre Geldpolitik weiter zu lockern, da im Zweifelsfall dadurch nur die Inflationsängste zunehmen würden und sich keine positiven Effekte auf den Arbeitsmarkt erzielen ließen.

Inflationserwartung der US-Finanzmarktinvestoren
(abgeleitet aus inflationsgeschützten Anleihen; in % in 5 J. für 5 J.)
 

Quellen: Thomson Reuters Datastream, Berechnungen Metzle

Staatsschuldenkrise in Europa


Nachdem Griechenland einem zweiten Sparpaket zugestimmt hat, liegt es an der Euro-Gruppe (So), den Weg für ein zweites Rettungspaket zu ebnen. Die Krise in Griechenland dürfte damit aber noch nicht überwunden sein. Das Land bräuchte einen Art „Marshall-Plan“, um Wachstum und Beschäftigung zu stimulieren. Dazu könnten die Strukturhilfen der EU eingesetzt und auf die zu privatisierenden Unternehmen ausgeweitet werden. Die EU würde über einen festgesetzten Zeitraum (z. B. 5 Jahre) die Investitionen der ehemaligen Staatsunternehmen zur Hälfte mitfinanzieren und damit für die neuen Eigentümer einen signifikanten Investitionsanreiz schaffen. Die EZB (Do) dürfte zwar den Leitzins auf 1,5 % anheben, darüber hinaus aber versuchen, beispielsweise dadurch zur Beruhigung der Lage beizutragen, dass sie neue Liquiditätsprogramme für die Banken aus den Ländern an der Peripherie der Europäischen Währungsunion beschließt.

Weltweit nachlassendes Wirtschaftswachstum

Auch die Einkaufsmanagerindizes für den Dienstleistungssektor in Europa (Di) und in den USA (Mi) dürften im Juni gesunken sein. Auch rechnen wir damit, dass sich das Wachstum bei den Auftragseingängen (Mi) und bei der Industrieproduktion (Do) in Deutschland abgeschwächt hat. Von der Sitzung der Bank von England (Do) erwarten wir wenig Neues, da für sie derzeit kein Bedarf besteht, ihren geldpolitischen Kurs zu ändern.

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