Droht eine globale Rezession?

Finanzmärkte preisen Risiken einer schweren Wirtschafts- und Finanzmarktkrise ein

08.08.2011 | 11:18 Uhr

Weder die Einigung im Streit um die Schuldengrenze in den USA noch die Erweiterung der unorthodoxen Maßnahmen der EZB konnte die Finanzmärkte nachhaltig beruhigen. Die Rezessionsrisiken sind damit gestiegen.  

Interdependenz zwischen Finanzmärkten und Realwirtschaft
Die Finanzmärkte und die Realwirtschaft sind eng miteinander verflochten: Wirtschaftswachstum und Inflation beeinflussen Zinsen und Aktien, die Finanzmärkte haben jedoch einen ebenso großen Einfluss auf die Entwicklung realwirtschaftlicher Variablen. Der Konkurs von Lehman Brothers zwang beispielsweise aufgrund der Finanzmarktturbulenzen Banken überall auf der Welt, die Kreditvergabe einzuschränken, und verursachte somit eine tiefe Rezession. Ebenso bringt die anhaltende Staatsschuldenkrise in Europa das Bankensystem unter massiven Druck. Die steigenden Renditen von Staatsanleihen in den meisten europäischen Ländern erschweren die Refinanzierung der Banken, verursachen Verluste in den Bankbilanzen und schränken die Möglichkeit einer staatlichen Kreditaufnahme im Falle einer Bankenrettung ein. Dementsprechend verloren die Aktien von Banken dramatisch an Wert, was die Kreditvergabe sukzessive reduzieren könnte – das wiederum hätte negative Konsequenzen für die Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund besteht das Risiko einer Abwärtsspirale, die in Staatsbankrotten und in eine Bankenkrise münden könnte. Die Abwärtsspirale ließe sich durch Käufe von Staatsanleihen durch den EFSF oder die EZB stoppen. Der EFSF ist jedoch noch nicht einsatzfähig, da die Parlamente in den europäischen Mitgliedsländern erst im Herbst das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen haben dürften. Somit könnte nur noch die EZB verhindern, dass sich die Krise verschärft. In ihrer Sitzung beschloss sie zwar, Anleihen zu kaufen, beschränkte sich unverständlicherweise aber nur auf Irland und Portugal. Die größten Risiken gehen jedoch von Italien aus, denn dieses Land ist für den Rettungsschirm zu groß und daher auf einen kontinuierlichen Zugang zum Kapitalmarkt angewiesen. Die EZB muss in der kommenden Woche unter allen Umständen eine Verschärfung der Krise mit dem Kauf spanischer und italienischer Staatsanleihen verhindern.

 
Rezessionsrisiken in den USA
Zuletzt sind infolge enttäuschender Konjunkturdaten die gefühlten Rezessionsrisiken für die USA gestiegen. Die Rezessionsrisiken gehen jedoch eher von den Finanzmarktturbulenzen aus, die unter anderem auch von einem Vertrauensverlust in die politische Handlungsfähigkeit der USA mitverursacht wurden. Die vorausschauenden Konjunkturindikatoren in den USA signalisierten in dieser Woche im Gegensatz zu den Wachstumsängsten eine moderate Wachstumsbeschleunigung. So stabilisierten sich die Erstanträge zur Arbeitslosenhilfe, die Zahl der Hypothekenanträge für den Kauf von Immobilien stieg gegenüber der Vorwoche um 5 %, und die kurzfristige Wachstumsdynamik der Geldmenge M2 beschleunigte sich auf über 9 %. Wir erwarten vor diesem Hintergrund eine deutliche Belebung des Einzelhandels (Fr) im Juli mit einem Anstieg von 0,7 % zum Vormonat. Aufgrund der größer gewordenen Konjunkturrisiken infolge der Finanzmarktturbulenzen könnte der  Offenmarktausschuss (FOMC) einen neuen geldpolitischen Stimulus beschließen (Mi). Wir sehen derzeit die Wahrscheinlichkeit dafür nur bei 50 %, da die Inflationserwartungen mit 2,7 % immer noch über dem langfristigen Durchschnitt von 2,5 % liegen.

In China werden mit der Industrieproduktion und der Inflation wichtige Daten veröffentlicht. Wir gehen davon aus, dass die Inflation (Mo) im Juli leicht von 6,4 % auf 6,2 % gefallen und die Industrieproduktion (Mo) stabil mit 14,6 % gewachsen ist. Die chinesische Wirtschaft schwächt sich derzeit zwar ab, die Wachstumsdynamik ist jedoch immer noch solide. So stieg beispielsweise der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor auf 59,6 im Juli.

In Großbritannien könnte der Inflationsbericht (Mi) infolge der Turbulenzen der vergangenen Wochen den Weg für weitere Liquiditätsmaßnahmen der Bank of England bereiten.

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