Parallelen zur EWS-Währungskrise nehmen zu

Der Weg für die Konjunktur Italiens und Spaniens war seit Sommer zu einem gewissen Grad vorgezeichnet: Italienische und spanische Banken kamen infolge der Finanzmarktturbulenzen unter massiven Druck.

07.11.2011 | 10:31 Uhr

Als Reaktion darauf reduzierten die Banken die Kreditvergabe – mit entsprechend negativen Konsequenzen für die Wirtschaft. Darüber hinaus stiegen die Refinanzierungskosten für Unternehmen und Konsumenten.

EWS-Währungskrise
Die Ursache für die Währungskrise im EWS zu Beginn der 1990er Jahre war die Wiedervereinigung. Die Bundesbank erhöhte damals die Zinsen in mehreren Schritten, um die Inflationsrisiken aus dem Wiedervereinigungsboom zu bekämpfen. Alle anderen EWSMitgliedsländer mussten dem Zinserhöhungszyklus der Bundesbank folgen, um ihre Währung gegenüber der D-Mark zu verteidigen. Die hohen Zinsen verursachten jedoch rezessive Tendenzen in vielen EWS-Mitgliedsländern. Die Finanzmärkte begannen damals massiv gegen die Währungen der konjunkturell angeschlagenen EWS-Mitgliedsländer zu spekulieren, da von den Finanzmärkten zu Recht angezweifelt wurde, dass Demokratien über einen längeren Zeitraum ein Umfeld mit kontinuierlich steigender Arbeitslosigkeit und hohen Zinsen politisch aushalten können. Infolge des Austritts des britischen Pfunds aus dem EWS konnte Großbritannien beispielsweise wieder eine eigenständige Geldpolitik betreiben und die Wirtschaft erfolgreich stimulieren.

Italien befindet sich laut den Einkaufsmanagerindizes in einer
tiefen Rezession

Seit Oktober befinden sich Italien und Spanien in einer tiefen Rezession, die die Lage am Arbeitsmarkt weiter verschlimmern wird. Gleichzeitig leiden beide Länder unter hohen Refinanzierungskosten; darüber hinaus verfügen sie über keine eigenständige Geldpolitik. Die Ursache für die Probleme in Italien und Spanien sind zwar andere als bei der EWS-Krise Anfang der 1990er Jahre – die tatsächliche Lage weist jedoch erschreckende Parallelen zu damals auf. Beide Länder dürften aus politischen Gründen nicht lange in der Lage sein, die hohen Kosten der Mitgliedschaft im Euro-Währungsraum zu tragen und könnten sich vor diesem Hintergrund früher oder später zu einem Austritt aus dem Euro gezwungen sehen. Ein Austritt von Italien und Spanien würde eine sehr hässliche Scheidung bedeuten, mit hohen Verlusten für alle beteiligten Länder. Alleine Deutschland müsste sehr wahrscheinlich durch eine Rekapitalisierung der Bundesbank, der EZB und der deutschen Banken Kosten in Höhe von mehreren hundert Milliarden Euro tragen. Der Euro in seiner gegenwärtigen Form ist vor diesem Hintergrund wahrscheinlich nur überlebensfähig, wenn die EZB ihre Geldpolitik konsequent auf die Bedürfnisse von Italien und Spanien ausrichtet. Die EZB dürfte daher den Leitzins auf 0,5 % senken und den Kauf von spanischen und italienischen Anleihen verstärken. Auch wäre eine Aufstockung des Covered-Bond-Programms ein weiterer Schritt, die Refinanzierungskosten in beiden Ländern zu reduzieren. Die EZB würde damit zwar höhere Inflationsrisiken eingehen, sich aber in die Geldpolitik der Fed, der Bank von England und der Schweizer Nationalbank eingliedern.

Deutschland
Auch die deutsche Wirtschaft bekommt zunehmend die rezessiven Tendenzen der anderen europäischen Staaten zu spüren. Die Euro-Mitgliedsländer gehören immer noch zu den wichtigsten Handelspartnern Deutschlands. So dürfte die Industrieproduktion (Mo) im September deutlich gefallen sein.

China
In China scheint sich der Inflationsdruck aktuell zu entspannen. Die Inflation (Mi) dürfte im Oktober von 6,1 % auf 5,5 % gefallen sein. In den kommenden Monaten könnte sich das Inflationsbild jedoch wieder deutlich verschlechtern, da China in einem großen Umfang Reis aus Thailand importiert und die Lagerbestände an Reis in China niedrig zu sein scheinen. Die Überschwemmungen in Thailand könnten einen großen Teil der Reisernte zerstört haben und damit einen entsprechenden Preisanstieg am Weltreismarkt in den kommenden Monaten verursachen. Nichtsdestotrotz dürfte der Spielraum für eine baldige Lockerung der Geldpolitik gestiegen sein, da die Wirtschaft sich zuletzt weiter abgekühlt hat. Die Industrieproduktion (Mi) dürfte sich beispielsweise von 13,8 % auf 13,0 % im Oktober verlangsamt haben.

Der Marktausblick im pdf-Dokument.

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