Metzler-Kapitalmarktausblick 2012

Verlangsamung des weltweiten Wirtschaftswachstums - Lockerung der Geldpolitik und steigende Inflationsrisiken - Ausgewählte Aktien als neuer „sicherer Hafen“

05.01.2012 | 11:08 Uhr

Neue Liquiditätswelle könnte Wachstumsmotor wieder in Gang bringen
Noch zu Beginn des Jahres 2011 schien der Wachstumsmotor der Weltwirtschaft rund zu laufen, im Jahresverlauf verlangsamte sich die Dynamik jedoch deutlich. Gegen Ende des Jahres verstärkten sich in der Eurozone die rezessiven Tendenzen, während die US-Konjunktur wieder merklich expandierte. Die Schwellenländer lagen mit einer moderaten Wachstumsabschwächung im Mittelfeld. Für 2012 geht das Frankfurter Bankhaus Metzler davon aus, dass sich das Wirtschaftswachstum weltweit merklich verlangsamen wird.

Staatliches und privates Sparen verlangsamt Wachstum
Die europäische Staatsschuldenkrise scheint nur die Spitze eines Eisbergs zu sein: Nach Berechnungen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich sind sowohl die Staaten als auch der private Sektor im OECD-Raum überschuldet. Der Stress im Finanzsystem, verstärkt durch die erhöhten Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung der Banken, könnte mancherorts sogar zu einer ausgeprägten Kreditklemme führen. Edgar Walk, Chefvolkswirt der Metzler Asset Management GmbH, geht vor diesem Hintergrund von einem weltweit deutlich nachlassenden Wirtschaftswachstum aus. „In den kommenden Jahren wird es schwierig werden, negative Schocks durch die Aufnahme von Schulden abzufedern; entsprechend volatiler dürfte die Konjunktur verlaufen“, so Walks Einschätzung. „Der Austritt eines oder mehrerer Länder aus dem Euro, um durch eine eigenständige Geldpolitik die Wirtschaft zu stimulieren, ist für uns derzeit aber nur ein Risikoszenario“, so Walk. „Studien zeigen, dass sich positive Wachstumseffekte einer Währungsabwertung ebenso durch die Steuerpolitik erreichen lassen“.

Zentralbanken werden ihre Geldpolitik weiter lockern
Als Reaktion auf die Konjunkturrisiken rechnet der Metzler-Experte mit einem neuen Kaufprogramm der US-Notenbank für Hypothekenanleihen („quantitative easing“ – QE 3) und einer Leitzinssenkung auf 0,5 % durch die Europäische Zentralbank (EZB). „Wir gehen zudem von weiteren Schritten der EZB zur Erhöhung der Liquidität aus. Vorstellbar ist, dass die Notenpresse der EZB über den Umweg des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) oder den Internationalen Währungsfonds (IWF) eingesetzt wird“, so Edgar Walk. Die zusätzliche Liquidität sollte die Konjunktur ankurbeln. Er rechnet damit, dass die Wirtschaft in der Eurozone ab dem zweiten Quartal 2012 wieder wachsen wird. Insbesondere für die deutsche Wirtschaft bleibe der Wachstumsausblick positiv, eine Wachstumsrate von 1,0 % im Jahr 2012 könnte erreicht werden. Die USA dürften sogar aufgrund eines neuen geldpolitischen Stimulus (QE 3) im ersten Halbjahr eine Rezession vermeiden und im Gesamtjahr mit 1,5 % wachsen. China sieht Walk in einem normalen zyklischen Abschwung und rechnet dort 2012 mit einem Wirtschaftswachstum von 6–7 %. „Von den geldpolitischen Maßnahmen gehen ohne Zweifel mittelfristige Inflationsrisiken aus“, so die Einschätzung von Edgar Walk. „Die Geldmengenexpansion kann zu steigenden Inflationserwartungen und im Endeffekt zu einem Inflationsschub führen. Eine Währungsreform infolge einer Hyperinflation halten wir jedoch für äußerst unwahrscheinlich.“

Ausgewählte Aktien als neuer „sicherer Hafen“
An den internationalen Aktienmärkten überwiegen 2012 nach Einschätzung des Metzler-Experten die Kurschancen gegenüber den Risiken. Die Börsen in Europa, den USA und in den Schwellenländern würden nach wie vor sehr günstige Bewertungsniveaus zeigen – in der Vergangenheit führte die Kombination aus günstiger Bewertung und umfangreichen Liquiditätsmaßnahmen wichtiger Notenbanken oft zu einem freundlichen Aktienjahr. Wichtige Voraussetzung dafür sei jedoch, dass sich die Krise in Europa nicht wesentlich verschärft und dass etwaige politische Risiken in verschiedenen Regionen keine langfristig negativen Folgen für die Weltwirtschaft haben. „Insgesamt dürften Aktien bei steigender Inflation besser abschneiden als Staatsanleihen und Geldmarktpapiere. Besonders ausgewählte Aktien von Unternehmen mit einer stark internationalen Ausrichtung und einer global dezentralen Produktion, mit Preissetzungsspielraum und guter Kostenkontrolle sowie mit soliden Bilanzen und einer niedrigen Verschuldung haben unseres Erachtens gute Chancen, sich auch über einen mehrjährigen Zeitraum signifikant besser zu entwickeln als der Gesamtmarkt“, so der Chefvolkswirt.

Fazit
Insgesamt geht Walk für 2012 davon aus, dass die wichtigen Notenbanken den Leitzins auf absehbare Zeit niedrig halten werden und dass die zusätzliche Liquidität die Konjunktur – auch in Deutschland – ankurbeln wird. Zwar würden von den geldpolitischen Maßnahmen mittelfristige Inflationsrisiken ausgehen, aber die Kombination aus umfangreichen Liquiditätsmaßnahmen und  günstiger Bewertung könnten 2012 zu einem günstigen Jahr  für „ausgewählte“ Aktien machen.

Der Marktausblick im pdf-Dokument.

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