Robeco Marktausblick: Oktober 2012

"Europa steuert weiter auf eine Rezession zu, während die US-Wirtschaft moderat wachsen dürfte"

18.10.2012 | 13:33 Uhr

„Die Rezession der europäischen Wirtschaft ist ins Zentrum vorgedrungen. Der wichtige deutsche ifo-Geschäftsklimaindex schwächt sich rasant ab und liegt bei 47,4 Punkten, der französische Einkaufsmanagerindex sogar nur bei 42,7 Punkten. Sollte Frankreich weiterhin überproportional an Wachstumskraft verlieren, könnte dies für die Eurozone zu einem gravierenden Problem werden“, so Léon Cornelissen, Chefvolkswirt von Robeco.

Cornelissen schätzt die Situation derzeit wie folgt ein: „Es ist eine Frage der Zeit, bis die EZB die Leitzinsen erneut senkt – der ökonomische Einfluss dürfte jedoch überschaubar bleiben. Das derzeitige Umfeld kann als allgemeine, schwache zyklische Erholung beschrieben werden. Allein in den USA ist die Situation anders. Entschuldung, Sparmaßnahmen, die anhaltende Euro-Krise und mangelnde Entschlossenheit der Politiker bleiben die wichtigen Themen. International gesehen nehmen die Unterschiede zu. Die Unternehmen zeigen sich nach wie vor in guter Verfassung. Infolge der Strukturprobleme und einem Mangel an politischen Lösungen, erwarten wir ein Wirtschaftswachstum unterhalb der historischen Trendwachstumsrate (Wahrscheinlichkeit 65 Prozent). Die Wahrscheinlichkeit für eine erneute weltweite Rezession sehen wir derzeit bei 25 Prozent. Für eine klassische wirtschaftliche Erholung sehen wir derzeit nur wenige Anhaltspunkte und gehen von einer Wahrscheinlichkeit von 10 Prozent aus.“

Im aktuellen Marktbericht wirft Cornelissen einen Blick auf die Wirtschaftsdaten aus Japan, den USA und Europa und äußert sich zur Entwicklung der Aktienmärkte. Weitere Punkte im Marktbericht enthalten eine ausführliche Betrachtung der Schwellenländermärkte sowie eine Einschätzung zu Investment-Grade-, Hochzins- und Staatsanleihen.

Die wichtigsten Punkte im Überblick:

„Europa steuert, ebenso wie Japan, weiter auf eine Rezession zu, während die US-Wirtschaft moderat wachsen dürfte“

  • Der Robeco-Chefvolkswirt Cornelissen sieht Europa weiter in die Rezession abgleiten, während die US-Wirtschaft in den nächsten Monaten moderat wachsen dürfte. Das quantitative Lockerungsprogramm der Fed läuft inzwischen ohne zeitliche Begrenzung – solange, bis die Situation am US-Arbeitsmarkt zufriedenstellt. Diese vom Markt nicht erwartete radikale Maßnahme habe die Ausweitung des Lockerungsprogramms der Bank of Japan provoziert. Insgesamt lauern jedoch große Risiken. Sowohl die USA als auch Japan stehen vor einem „Fiscal Cliff“ und die politischen Spannungen – unter anderem im Mittleren Osten – bleiben hoch. Europas Politiker machen auf dem Weg, eine vollständige Banken-, Politik- und Fiskalunion zu schaffen, keine Fortschritte.
  • In den BRIC-Ländern geht Cornelissen für China zwar grundsätzlich von einer Abkühlung der Wirtschaft aus. Allerdings rechnet er mit verstärkten Anreizen, wenn das neu ernannte Politbüro seine Arbeit aufnimmt. In Indien treibt die Regierung die Wirtschaftsreformen voran, und auch Brasilien entwickelt sich erfreulich. Die brasilianische Wirtschaft nimmt wieder Fahrt auf. Die fiskalischen und monetären Maßnahmen zeigen dort Wirkung. Die Wachstumserwartung des Robeco-Experten für Brasilien liegt 2012 sogar über den Konsensschätzungen von 1,6 Prozent.
  • Robeco-Chefvolkswirt Cornelissen behält seine neutrale Haltung gegenüber Aktien bei. Die treibende Kraft hinter den jüngsten, soliden Kursentwicklungen war die wachsende Überzeugung, dass die Zentralbanken – einschließlich der EZB – auch weiterhin aggressiv eingreifen werden. Aufkommende Sorgen der Anleger bezüglich der sich verschlechternden Gewinnaussichten der Unternehmen könnten für einen Stimmungsumschwung sorgen. Derzeit bevorzugt Cornelissen vor allem nordamerikanische Aktien sowie defensive Sektoren.
  • Bei Investment-Grade- und Hochzinsanleihen geht Cornelissen unverändert davon aus, dass beide Anlageklassen gegenüber Staatsanleihen von der weiterhin robusten Nachfrage nach Anleihen mit höheren Renditen profitieren werden. Cornelissen erwartet, dass die Renditeaufschläge (Spreads) insbesondere bei den Investment-Grade-Anleihen weiter fallen werden. Die starken Fundamentaldaten der Unternehmen, die vorsichtige Investitionstätigkeit und hohe Cash-Bestände sind allesamt positive Merkmale für Anleiheinvestoren.
  • Der Robeco-Chefvolkswirt ist Staatsanleihen der Industrienationen gegenüber pessimistisch eingestellt – auch dann, wenn die langfristigen Zinsen vermutlich außergewöhnlich niedrig bleiben. Dagegen sind die Aussichten für Anleihen aus Schwellenländern deutlich besser. Staatsanleihen dürften Cornelissen zufolge hinter Investment-Grade-Anleihen zurückbleiben, da letztere Anlegern höhere laufende Renditen bieten und weiterhin von fallenden Risikoaufschlägen (Spreads) profitieren können.

Den ausführlichen Marktkommentar im englischen Original finden Sie im pdf-Anhang.

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