Danske Invest: „Goldlöckchen“: Ein verlockendes Umfeld für Investoren

Spürbares Wirtschaftswachstum und geringe Inflation können den Aufwärtstrend am Aktienmarkt verlängern, ist Tine Choi überzeugt. Anleger sollten sich zukünftig jedoch auf zurückgehende Renditen einstellen, so die Chefstrategin der Danske Bank und Beraterin bei Danske Invest.

14.08.2017 | 11:00 Uhr


(Foto: Tine Choi, Chefstrategin der Danske Bank und Beraterin bei Danske Invest)

Die Weltwirtschaft befindet sich derzeit im besten aller möglichen Investment-Szenarien – einem„Goldlöckchen“ genannten Umfeld geringer Inflation und stabilen Wachstums leicht oberhalb des erwarteten langfristigen Durchschnitts.

Sowohl für Aktien als auch Anleihen ist diese Umgebung positiv. Bei der konkreten Abwägung beider Anlageklassen sind wir der Überzeugung, dass Aktien – obwohl stärker risikobehaftet – interessanter als Zinspapiere sind, da letztgenannte kaum noch Rendite abwerfen. Deshalb haben wir Aktien gegenwärtig um fünf Prozentpunkte gegenüber unserer langfristig geplanten Aufteilung zwischen Aktien und Zinspapieren übergewichtet. Unser Fokus liegt dabei auf europäischen Aktien. Im Gegensatz dazu haben wir Anleihen um fünf Prozentpunkte untergewichtet.

Wir erwarten, dass sich der globale Aufschwung für Investoren fortsetzt und dass die Konjunktur sowohl 2017 als auch 2018 über dem langfristigen Durchschnitt entwickeln wird. Darüber hinaus zeichnen sich keine erhöhten Inflationsbelastungen ab – was gute Voraussetzungen für weiteres Wachstum am Aktienmarkt bedeutet.

Ein goldener Mittelweg beim Wachstum

Ein weltwirtschaftliches Wachstum, das weder zu hoch noch zu niedrig ist, führt in der Regel zu einem verlängerten Konjunkturaufschwung, da einerseits Umsätze und Erträge der Unternehmen steigen. Andererseits bedeuten die geringen inflationären Belastungen, dass die Zinsen – und somit die Kosten der Kreditaufnahme – niedrig gehalten werden können, was die Nachfrage anregt. Die Folge: Das Risiko einer Überhitzung ist gering und Rezessionsgefahren können vermieden werden. Dies kommt besonders den Aktienmärkten zugute, wobei wir allerdings nicht erwarten, dass die Kurse in vergleichbarer Geschwindigkeit wie vergangenes Jahr ansteigen. Denn die Beschleunigung des weltweiten Wachstums hat ihren Höhepunkt erreicht und die Makrodaten deuten nicht länger auf positive Überraschungen hin.

Hinzu kommt: Indikatoren, die das Vertrauen in die wirtschaftliche Entwicklung messen, gehen in Europa, den USA und China allmählich zurück – aber ausgehend von hohem Niveau. Und sie weisen weiterhin auf Wachstum hin, nicht auf einen Rückgang.

Zurückgehende Aktienrenditen in Sicht

Dennoch spricht ein maßvolleres Wachstum für weniger stark steigende Unternehmensgewinne, was das Potenzial für weitere Kurszuwächse bei Aktien begrenzt. Deshalb haben wir unsere Übergewichtung von Aktien zuletzt von „erheblich“ auf „gemäßigt“ reduziert.

Global haben Aktien haben in den vergangenen zwölf Monaten eine sehr überzeugende Rendite von 20,2 Prozent (gemessen in Euro) erzielt. Aber bezogen auf die kommenden zwölf Monate erwarten wir geringere Zuwächse im Bereich von fünf bis acht Prozent. Gleichwohl ist dies immer noch eine reizvolle Rendite im Vergleich zu den niedrigen Erträgen von Anleihen. Und solange das „Goldlöckchen“-Szenario anhält, kann es sich für Anleger als teuer erweisen, an der Seitenlinie zu warten.

Die Herausforderung besteht allerdings darin, dass wir nicht wissen, wann „Goldlöckchen“ sich demEnde zuneigt. Denn erstens ist die Prognose der Wendepunkte im Konjunkturzyklus sehr schwierig und zweitens ist der derzeitige Aufschwung sehr weit von dem entfernt, womit wir im Allgemeinen vertraut sind – insbesondere weil wir im Hinblick auf die Geldpolitik in unbekannten Gewässern navigieren: Denn die Notenbanken haben in den vergangenen Jahren die Wirtschaft durch massive Anleihekäufe gestützt. Die Zinsen blieben somit niedrig und der Markt wurde mit Liquidität geflutet.

Was kommt, wenn „Goldlöckchen“ geht?

Wenn das „Goldlöckchen“-Umfeld endet, erwartet uns eine höhere Volatilität auf dem Aktienmarkt als im vergangenen Jahr. Dabei ist es unerheblich, ob sich die Bedingungen dadurch verändern, dass die Inflation zunimmt oder das Wachstum unerwartet sinkt. Beides wird die Euphorie der Aktien-Investoren erheblich belasten und könnte eine Rotation der Allokationen über Regionen und Sektoren hinweg auslösen.

Daher halten wir es für wichtig, dass Aktien-Anleger bei ihrer Titelauswahl auf die richtige Streuung achten. So können sie ein Bollwerk errichten, das sie vor unnötig heftigen Kursverlusten in bestimmten Regionen oder Sektoren schützt.

Bei Anleihen ist die Lage dagegen weniger klar: Sollte das „Goldlöckchen“-Szenario aufgrund steigender Inflation zu Ende gehen, würden die Renditen negativ getroffen, da die Verzinsung der Anleihen steigen und die Kurse fallen müssten. Sollte das „Goldlöckchen“-Umfeld jedoch aufgrund abnehmenden Wachstums vorbeigehen, wäre die Wirkung entgegengesetzt. Die Anleihenotierungen könnten steigen, das Renditepotenzial würde aber durch die bereits sehr niedrigen Zinsniveaus der Papiere begrenzt. Es gibt ein Limit, wie weit die Renditen vom gegenwärtigen Stand abweichen könnten – und daher auch ein denkbares Maß, innerhalb dessen die Kurse steigen könnten.

Doch so oder so: Keines dieser Szenarien ändert etwas daran, dass Investoren denjenigen Anteil anAnleihen in ihrem Portfolio bewahren sollten, den ihre Anlagestrategie vorgibt.

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