Schroders: Warum in Restrukturierungsfälle investieren?

Aktienanleger suchen gerne nach Restrukturierungsfällen. Was steckt dahinter und wie passen solche Gelegenheiten in ein Portfolio?

26.10.2017 | 14:20 Uhr

Das Team für Europäische Aktien von Schroders sucht nach Aktien, die vom Markt nicht richtig bewertet sind. Dabei untersuchen wir, warum die Marktbewertung eines Unternehmens falsch sein könnte, und welche Faktoren das Potenzial haben, den Aktienkurs bis zu dem von uns geschätzten fairen Wert steigen zu lassen. Re- oder auch Umstrukturierung ist einer von mehreren Faktoren, die den Aktienkurs treiben können. Das aber wird vom breiteren Markt häufig übersehen oder nicht richtig verstanden.

Warum sind Umstrukturierungen wichtig?

Die Umstrukturierung wird bisweilen auch als „Selbsthilfe“ bezeichnet. Es ist etwas, was ein Unternehmen aus eigener Initiative heraus tun kann, um einen Mehrwert zu schaffen. Viele Aktien sehen sich allgemeinen Wirtschafts- und Branchentrends ausgesetzt, über die sie wenig Kontrolle haben. Eine Restrukturierung bietet Unternehmen die Möglichkeit, das Steuer selbst in die Hand zu nehmen und die Entwicklung ihrer Geschäfte zu optimieren. Unternehmen strukturieren sich oft im Konjunkturabschwung um, damit sie für bessere Rahmenbedingungen in der Zukunft bestmöglich positioniert sind.

Was verstehen wir unter Umstrukturierung?

Die Umstrukturierungen in Unternehmen können vielerlei Formen annehmen. Beispielsweise könnte ein Unternehmen ein anderes Unternehmen übernommen haben, das nun in den bestehenden Betrieb integriert werden muss. Oder vielleicht möchte das Unternehmen seine internen Abläufe neu ordnen, um Kosten zu senken, die Effizienz zu steigern und das Wachstum zu stärken.

Wir haben die wichtigsten Umstrukturierungsformen nachfolgend aufgelistet:

− Kostenrestrukturierung

− Fusionen und Übernahmen

− Veräußerungen

− Änderungen der Kapitalallokation

− Neue Organisationsstruktur

Wie funktioniert Umstrukturieren in der Praxis?

Ein Beispiel für ein Unternehmen, das kürzlich eine Umstrukturierung vorgenommen hat, ist der Aufzug- und Fahrtreppenhersteller Schindler. Wir wurden Ende 2014/Anfang 2015 auf den Titel aufmerksam.


In der Branche, die durch hohe Eintrittsbarrieren gekennzeichnet ist, identifizierten wir Schindler als erstklassiges Unternehmen mit einer soliden Bilanz. Seine Gewinnmargen blieben jedoch ständig hinter denen der Konkurrenz zurück. Wir erkannten, dass einige der Umstrukturierungsmaßnahmen des Unternehmens das Potenzial haben, diese Lücke zu schließen.

Neue Organisationsstruktur – Schindler war gerade dabei, zwei globale Geschäftsbereiche zu schaffen: New Installations & Supply Chain einerseits und Service Business andererseits. Dadurch sollten die Lieferkette optimiert, das interne Berichtswesen verbessert und die Effizienz im Unternehmen gesteigert werden.

Rationalisiertes Produktangebot – Ein Problem von Schindler bestand darin, dass die Produktpalette sehr breit war und das Unternehmen somit keine standardisierten Fertigungsprozesse einsetzen konnte. Das Angebot wurde jedoch erneuert und auf drei globale Produktlinien umgestellt. Das, so glaubten wir, könnte zu einer Effizienzsteigerung führen.

Investitionen zügeln – Es ist sicherlich so, dass Unternehmen in ihre Betriebe investieren müssen. Allerdings kann dies die Rentabilität kurzfristig belasten. Als wir den Titel ins Visier nahmen, hatte Schindler bereits vier von sechs neuen Produktionsstätten fertiggestellt. Diese Investition würde dann in den kommenden Jahren im Zuge der anlaufenden Produktion in den neuen Werken rentabel werden.

Kostensenkungen – Schindler gab 2015 sein Kostensparprogramm „Fast Forward“ bekannt, das ebenfalls zum Ziel hatte, die operative Effizienz im gesamten Unternehmen zu anzuheben.

Starke Bilanz – Schindler verfügte über eine sehr solide Bilanz mit einem Netto-Barbestand. In der Vergangenheit wurden diese Barmittel für den Rückkauf eigener Aktien verwendet. Diese Option besteht auch weiterhin, zusätzlich zu einer Sonderdividende, die das Unternehmen ankündigen könnte.

Lebenszyklus eines Restrukturierungsengagements

An dieser Stelle sei noch angemerkt, dass wir unser Engagement in einer Aktie nicht unbedingt während des gesamten Umstrukturierungsprozesses aufrechterhalten.

In vielen Fällen reagiert der Aktienkurs entsprechend, sobald klar ist, welchen Weg die Umstrukturierung einschlägt.

Wenn die Aktien den von uns geschätzten fairen Wert erreichen, ist es sinnvoll, sie zu verkaufen und mit ihrem Erlös eine neue Anlagechance wahrzunehmen.

Sind Engagements in restrukturierende Unternehmen dasselbe wie das Investieren in Erholungstitel?

„Recovery“-Anleger konzentrieren sich häufig auf Unternehmen, die sich in einer Umstrukturierung befinden, doch gibt es wichtige Unterschiede. Insbesondere geht es bei Recovery-Engagements darum, Unternehmen zu finden, deren Aktienkurs auf ein niedriges Niveau gesunken ist, wo aber die Aussicht besteht, dass die Aktien zu ihrem historischen Bewertungsniveau zurückfinden.

Wir hingegen suchen nach Umstrukturierungen, die über diesen Ansatz hinaus gehen. Unser Fokus richtet sich demnach auf Unternehmen, die so weit umstrukturieren, dass ihre historische Bewertung keine Rolle mehr spielt. Anders ausgedrückt: Wir suchen nach Umstrukturierungen, die einen deutlichen Bewertungsanstieg nach sich ziehen können – einen Preis, den der Markt auch für das Unternehmen zu zahlen bereit ist.

Aus diesem Grund halten wir nicht einfach nach Titeln Ausschau, die im eigenen historischen Vergleich oder gemessen am breiteren Markt unterbewertet sind. Ein Unternehmen, das auf dem Papier teuer erscheinen mag, kann für uns immer noch interessant sein. Wir müssen nur einen Katalysator in der Restrukturierung finden, der den Aktienkurs höher treiben sollte.

Wie lässt sich das Umstrukturierungsthema in ein Portfolio integrieren?

Restrukturierungsengagements bergen zweifellos ein gewisses Risiko. Es ist für ein Unternehmen schon schwierig genug, die richtige Strategie zur Umstrukturierung und Rentabilitätsverbesserung zu finden – geschweige denn diese Strategie wirksam umzusetzen.

Im Team für Europäische Aktien investieren wir nur dann in einen vielversprechenden Restrukturierungstitel, wenn wir davon überzeugt sind, dass die Geschäftsleitung die Umstrukturierung auch durchsetzen kann. Wir haben das Glück, die Unterstützung eines erfahrenen Teams von Analysten nutzen zu können, die allesamt Experten in ihrem jeweiligen Sektor sind und die besten Anlagegelegenheiten identifizieren.

Die Chance einer Restrukturierung einfach nur erkannt zu haben genügt indes nicht, um uns von einem Engagement zu überzeugen. Unser Ausgangspunkt für eine Anlage ist die Bewertung sowie unsere Einschätzung, inwieweit es sich um einen fehlbewerteten Titel handelt. Sofern die Chance auf Umstrukturierung und eine nachfolgend verbesserte Rentabilität bereits im Aktienkurs eingepreist ist, gibt es keinen Grund für uns zu investieren.

Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders oder anderen Marktteilnehmern ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar.

Der Beitrag wurde am 10.10.17 auch auf schroders.com veröffentlicht.

Diesen Beitrag teilen: