Die Weltwirtschaft ist auf Erholungskurs, allerdings sehr unterschiedlich nach Regionen und Sektoren. China liegt bei der Erholung vorne, Europa folgt, die USA liegen zurück und in manchen Emerging Markets rollte gerade noch die erste große Pandemie-Welle.
24.09.2020 | 11:27 Uhr
„Wir gehen trotzdem davon aus, dass die USA mit ihrer sehr flexiblen Wirtschaft am besten aus der Pandemie kommen“, sagt Carsten Gerlinger, Vice President von Moventum AM. „Da wir auf Sicht der nächsten zwölf Monate einen etwas schwächeren Dollar erwarten, sichern wir unsere Übergewichtung im Dollarraum aber voll ab.“
Die US-Wirtschaft ist deutlich flexibler und zeichnet sich durch hohe Innovationskraft und eine unbestrittene Technologieführerschaft aus. „Die Outperformance des US-Aktienmarktes in den vergangenen Jahren kam nicht ohne Grund zustande“, so Gerlinger. „Wir erachten den US-Aktienmarkt trotz höherer Bewertung mittel- und längerfristig daher unverändert attraktiver als den Rest der Welt.“ Infolgedessen bleibt die Übergewichtung des US-Marktes in den Moventum-Portfolios erhalten. Zuletzt war der US-Aktienmarkt nur von wenigen Technologie-Unternehmen getragen. Ohne diese Unternehmen läge der S&P500-Index Mitte ein ganzes Stück tiefer.
„Wir sehen Growth weiterhin vor Value“, so Gerlinger. Growth profitiert vom niedrigen Zinsniveau, zyklische Werte profitieren zwar auch von einer wirtschaftlichen Erholung, doch sind die Gewinnschätzungen gerade in diesem Segment noch zu hoch. Pharma, vor allem Medikamentenhersteller, sind weniger attraktiv. Unabhängig vom Ausgang der US-Wahl wird der Druck auf die Medikamentenpreise zunehmen. Besser sollten Biotech-Aktien laufen. „Bei diesen Unternehmen findet der Großteil der Innovationen statt und es kommt regelmäßig zu Übernahmen mit attraktiven Prämien durch die großen Pharma- und Biotechplayer“, sagt Gerlinger.
Rund um die Präsidentschaftswahlen am 3. November 2020 könnte es dabei zu einer erhöhten Volatilität kommen. Langfristig wird der Wahlausgang für die Entwicklung an den US-Märkten jedoch ohne Auswirkungen bleiben. Beide Kandidaten stehen für hohe Neuausgaben, Protektionismus gegenüber China, wenn auch Biden in einer anderen „Tonlage“, und beide wollen die US-Wirtschaft kräftig ankurbeln. Die von der US-Regierung und US-Notenbank beschlossenen fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen werden der US-Wirtschaft in den kommenden Monaten einen deutlichen Rückhalt geben.
„Den Anteil Europas erhöhen wir, allerdings nutzen wir dazu die Gewichtung aus dem Sektor REITs, die wir auf null fahren“, so Gerlinger. Auch Europa leidet immer noch stark unter der Covid-19-Pandemie, regional aber sehr differenziert. Volkwirtschaften wie die deutsche sind auf einem erfreulichen wirtschaftlichen Erholungskurs. Ein Erreichen des Vorkrisenniveaus ist aber noch nicht in Sicht. Die politische Einigkeit innerhalb der europäischen Union in den beschlossenen fiskalpolitischen Maßnahmen ist insgesamt aber positiv zu werten.
Die Industrie und damit auch die Aktienindizes in Europa sind zyklischer ausgerichtet. Es gab in den vergangenen Wochen immer wieder kleine Zwischenrallyes zyklischer Werte. „Wir erwarten hier keine grundlegende Wende, weg von Growth, hin zu Value, dennoch können die zyklischen Branchen von der angelaufenen wirtschaftlichen Erholung profitieren“, so Gerlinger. „Aus diesem Grunde engagieren wir uns im Segment der Small Caps in Deutschland. Nichtsdestotrotz halten wir insgesamt, trotz der günstigeren Bewertung, an unserer Europa-Untergewichtung fest. Gerade den Bankensektor halten wir nach wie vor für unattraktiv. Die höheren Rückstellungen in den Bankbilanzen lassen nichts Gutes erahnen“, sagt Gerlinger. Viele bisher auch schon schwache Unternehmen würden früher oder später in die Insolvenz gehen. „Wie in den USA favorisieren wir aber auch in Europa das Growth-Segment.“
Der japanische Aktienmarkt bleibt unattraktiv. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie sind in Japan nicht zu übersehen. Dazu kommen noch die bestehenden, hausgemachten Probleme. Die Emerging Markets dagegen haben sich in den vergangenen Wochen vergleichsweise gut geschlagen. „Unser Engagement in Asien hat sich sehr gut entwickelt. Es scheinen viele negative Faktoren eingepreist zu sein“, so Gerlinger. In Südamerika hat Covid-19 voll eingeschlagen und wütet unvermindert weiter. Die wirtschaftlichen Folgen werden dort negativer sein als in Asien. Insgesamt sind die Emerging Markets attraktiv bewertet und profitieren von der Abschwächung des US-Dollars. „Wir erachten die Emerging Markets aktuell als neutral, sehen in Asien bessere Chancen als in Südamerika“, so Gerlinger.
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