Alternative Credit oder Private Debt ist eine komplexe Anlageklasse, die seit einigen Jahren rasant wächst. NN Investment Partners hat die fünf brennendsten Fragen von institutionellen Anlegern zu dieser Anlageklasse gesammelt und beantwortet.
10.11.2017 | 11:40 Uhr
Es macht durchaus Sinn, sich vorrangig auf das konservativere Segment des Privatmarktes zu konzentrieren, auf die sichersten, erstrangigen Darlehen in der Kapitalstruktur. Sie sind häufig durch Vermögenswerte besichert. Ein wichtiger und vorteilhafter Aspekt bei der Risikokontrolle im Alternative-Credit-Bereich ist zudem, dass die Dokumentation für jeden Kredit individuell verhandelt wird. Es wird geprüft, welche Klauseln aufgenommen werden können, um die Verlustrisiken zu begrenzen. Die fortlaufende Überwachung dieser Klauseln während der Kreidtlaufzeit ist ein wichtiger Bestandteil einer Anlage in Kredite. Bei einem Verstoß kann man rechtzeitig in den Dialog mit dem Emittenten treten, um eine Lösung zu finden. In der Praxis führt diese Möglichkeit üblicherweise zu einem niedrigen Ausfallrisiko und im Fall der Fälle zu einer hohen Recovery Quote.
Insgesamt fällt daher das Risiko-Ertrags-Profil von Alternative Credit im Vergleich zu öffentlichen Anleihen positiv aus. Unser Team behält im Auge, was in den Untersegmenten auf der Angebotsseite geschieht. Außerdem legen wir besonderes Augenmerk auf die Entwicklungen, die unsere potenziellen Kunden betreffen. Wir stellen fest, dass verschiedene Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften gerne diversifiziertere Alternative-Credit-Portfolios aufbauen würden. Es ist daher als Asset Manager wichtig, in verschiedene Untersegmente im Alternative-Credit-Bereich zu investieren, um detaillierte Kenntnisse über die relative Attraktivität dieser Segmente zu verfügen.
Das implizite Rating der Alternative-Credit-Strategien, auf die NN Investment Partners sich konzentriert, ist häufig BBB oder höher. Deshalb haben sie ähnliche Kreditrisikoprofile wie Unternehmensanleihen mit Investment Grade oder Staatsanleihen. Diese liquiden Anlageklassen sind oft in dem Teil institutioneller Portfolios zu finden, der das Zinsrisiko absichert, dem Matching-Portfolio. Alternative Credit eignet sich somit gut für diesen Teil des Portfolios.
Es gibt aber natürlich auch Unterschiede zwischen Alternative Credit und liquiden Matching-Instrumenten, die für die erfolgreiche Umsetzung der gewünschten Zinssicherung relevant sind. Alternative Credit kann unregelmäßige Tilgungen haben. Demzufolge ist die Zinssensitivität anders als bei endfälligen Anleihen. Es ist daher wichtig, Alternative-Credit-Anlagen und liquide Instrumente im Matching-Portfolio aufeinander abzustimmen, um insgesamt die gewünschten Sicherungseigenschaften zu erhalten. Und noch ein weiterer Aspekt ist wichtig: Mit der Einführung der European Market Infrastructure Regulation (EMIR) verändern sich die Bestimmungen in Bezug auf den Einsatz von Derivaten in Portfolios. Die Kontrolle des Derivateportfolios und das Risikomanagement ist komplexer geworden. Festverzinsliche Alternative-Credit-Instrumente können Alternativen für Anleger bieten, die ihre Abhängigkeit von Zinsderivaten verringern möchten.
In jeder Investmentkategorie werden die Preise von zahlreichen Faktoren bestimmt, wie z. B. von der Komplexität, der Liquidität, den Risikofaktoren (Kredit, Kontrahent) sowie von Angebot und Nachfrage. Was die risikobereinigte Rendite angeht, lässt sich Alternative Credit am naheliegendsten mit Anleihen mit ähnlichem Kreditprofil und ähnlicher Laufzeit vergleichen. Bei Krediten ist es jedoch entscheidend, sich auf die Verlustrisiken zu konzentrieren: Wie ist die Kreditstruktur? Wie sind Sicherungen wie Hypotheken und Ausübungsrechte im Vertrag verankert? Kredite haben häufig eine komplexe Struktur und eine umfangreiche Dokumentation, was sich in einem Komplexitätsaufschlag widerspiegelt. Anleger erhalten zudem eine Illiquiditätsprämie. Der Spread basiert zudem auch auf Marktineffizienzen (wie leicht oder schwierig ist es, Käufer und Verkäufer zusammenzubringen) und der erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeit und Recovery Quoten der betreffenden Kredite. Der Renditeaufschlag von Alternative Credit liegt im Allgemeinen insgesamt zwischen 0,5 und 5 Prozent.
Und noch ein Wort zu Liquidität von Anleihen: Sie hat sich aufgrund regulatorischer Maßnahmen verändert. Wegen einer zunehmend strengeren Regulierung dürfen Banken nicht mehr so viele Anleihen in ihren Büchern haben. Zugleich bündeln sich die Bestände bei Buy-and-Hold-Investoren und Zentralbanken. Eigentlich sollten Anleger auch für den öffentlichen Anleihenmarkt einen Illiquiditätsaufschlag verlangen. In den jüngsten Krisen erwies sich die Handelbarkeit von Staats- und Unternehmensanleihen als problematisch – gerade dann, als Liquidität am meisten benötigt wurde.
Der Illiquiditätsgrad verschiedener Alternative-Credit-Anlagen ist sehr unterschiedlich. In normal funktionierenden Märkten gibt es einen intakten Sekundärmarkt für Leveraged Loans, häufig auch Senior Secured Bank Loans genannt, während es für andere Kreditarten wie z. B. Commercial Real Estate Loans viel schwieriger sein kann, einen Käufer zu finden. In der Vergangenheit haben wir jedoch gesehen, dass die Liquidität auch in den liquideren Alternative-Credit-Kategorien wie Leveraged Loans schnell austrocknen kann. Deshalb empfehlen wir einen Buy-and-Hold-Ansatz. Investoren sollten bei Alternative Credit davon ausgehen, dass das Investment nicht verkauft werden kann. Daher ist es wichtig, dass Anleger die möglichen Konsequenzen für ihre Bilanzen sorgfältig abwägen. Wie viel Liquidität wird üblicherweise benötigt? Wie viel ist verfügbar? Und wie stellt sich die Situation in turbulenten Marktphasen dar?
Sich auf tilgende Alternative-Credit-Untersegmente zu konzentrieren – die es bei Krediten häufig gibt – kann ein gutes Mittel zur Eindämmung der Liquiditätsrisiken sein. Der Cashbetrag, den eine solche Anlage pro Jahr generiert, kann 4-8 Prozent des Gesamtinvestments betragen. Darüber hinaus gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, Liquidität zu generieren, z. B. durch eine Anlage in kurzfristige, selbst liquidierende Werte.
Der Zeitpunkt ist grundsätzlich gut, Anleger sollten jedoch selektiver vorgehen als früher und einige zusätzliche Risiken berücksichtigen. Die Marktchancen sind nicht so homogen wie noch vor knapp zehn Jahren, als eine allgemeine Kreditlücke herrschte. Der heutige Markt ist anders: Die Qualität der Vermögenswerte ist sehr unterschiedlich und Anleger müssen einen großen Aufwand betreiben, um die Transparenz, die Preisstellung (ist sie fair oder durch Überschussliquidität aufgebläht) und Kontrahentenrisiken zu bewerten. Insgesamt bieten die privaten Märkte jedoch einen Aufschlag gegenüber dem öffentlichen Markt, der so bald nicht verschwinden wird – einerseits, weil die Kreditknappheit der Banken in vielen Bereichen (kleine und mittlere Unternehmen, langfristiges Kreditgeschäft) noch nicht behoben wurde und andererseits, weil die Kompensation für eine höhere Komplexität und eine niedrigere Liquidität bestehen bleiben wird.
Außerdem ist eine Anlage in Alternative Credit eine längerfristige Entscheidung, z. B. als Teil der strategischen Asset Allokation. Eine allmähliche vorübergehende Verlagerung in andere Anlageklassen kann durch die Reinvestition der Kupons und Rückzahlungen erreicht werden. Darüber hinaus dauert der Aufbau eines Alternative-Credit-Portfolios relativ lange. Der Abschluss eines Kredits kann Wochen oder Monate dauern, und das Netzwerk des Vermögensverwalters muss für die Identifikation von Anlagechancen angezapft werden. Das dauert länger als der Aufbau eines Anleihenportfolios.
Abschließend noch ein Beispiel, um die Frage zu beantworten, ob nun der richtige Zeitpunkt ist, oder man zu spät oder zu früh dran ist, im in Alternative Credit zu investieren: Nehmen wir Hypothekenkredite, ein Segment, das viele holländische institutionelle Investoren in den letzten Jahren für sich entdeckt haben. Auch wenn sich die Spreads seit der Immobilienkrise verengt haben, sind sie immer noch attraktiv. Auf Basis der risikobereinigten Rendite erscheint es für eine Anlage nicht zu spät.
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