AB: Ein erster Blick auf die Folgen von Strafzöllen und Handelskrieg
Nach den ersten Salven des Handelskriegs werden die Spannungen wohl noch einige Zeit anhalten.14.02.2025 | 10:34 Uhr
Am ersten Februarwochenende kündigte die Trump-Regierung an, dass sie
einen 25-prozentigen Zoll auf Importwaren aus Kanada und Mexiko sowie
einen 10-prozentigen Zoll auf Waren aus China erheben werde. Das ist ein
klares Signal dafür, dass ein neuer Handelskrieg begonnen hat. Wir
können zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genau wissen, was als Nächstes
passieren wird (es geht munter hin und her), aber unserer Ansicht nach
werden die Handelsspannungen anhalten.
Kanada, Mexiko und China sind die größten Handelspartner der USA.
Zusammen decken sie rund 40 Prozent aller US-Importe ab: Waren im Wert
von über einer Billion Dollar pro Jahr. Die Zölle werden von den
Unternehmen und Privatpersonen bezahlt, die Waren importieren. Die
kürzlich angekündigten Maßnahmen wirken wie eine Steuer auf diese Waren.
Welche Auswirkungen werden die neuen Zölle auf die US-Wirtschaft haben?
Wie jede Steuer wird auch die jüngste Zollsalve das Wachstum
wahrscheinlich bremsen, indem sie den Verbrauchern Geld aus der Tasche
zieht. Zölle sind jedoch schwieriger zu bewerten als typische
Steuermaßnahmen. Für die meisten importierten Waren zahlen Unternehmen
die Steuern an der Grenze; die Haushalte zahlen sie nicht direkt.
Die Frage ist dann, ob diese höheren Kosten für Unternehmen durch höhere
Preise an die Verbraucher weitergegeben werden – und wenn ja, wie stark
sie sich auswirken werden. Während des Handelskriegs 2018 führten fast
alle höheren Zölle letztendlich zu höheren Verbraucherpreisen, und wir
erwarten, dass dies auch diesmal der Fall sein wird. Die Haushalte
werden also mit höheren Preisen für importierte Waren konfrontiert sein.
Aus unserer Sicht werden Zölle die Preise erhöhen, sind aber aus
politischer Sicht nicht wirklich „inflationär“. Wenn die Federal Reserve
ihre Geldpolitik festlegt, konzentriert sie sich auf anhaltenden
Preisdruck – nicht auf einmalige Anpassungen des Preisniveaus. Zölle
ähneln eher der einmaligen Variante.
Anders ausgedrückt: Die Fed kann die Preisauswirkungen von Zöllen nicht
durch Zinsänderungen ändern. Daher halten wir es für unwahrscheinlich,
dass die Handelspolitik den Kurs der Notenbank maßgeblich beeinflussen
wird. Wir glauben, dass die Fed eher das Gleichgewicht zwischen
langsamerem Wachstum und höheren Preisen abwägen wird, als präventiv auf
Veränderungen im globalen Handelsmuster zu reagieren.
Lieferketten, Gegensalven und unruhige Märkte
Die Folgen werden wahrscheinlich über die direkten Auswirkungen der
Zölle hinausgehen. Selbst wenn die höheren Importkosten an die
Verbraucher weitergegeben werden, könnten die US-Unternehmen dennoch
gezwungen sein, ihre Lieferketten umzustrukturieren – ein potenziell
kostspieliger und belastender Prozess.
Es besteht zudem eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass andere Länder
entsprechende Zölle auf US-Waren erheben; Kanada hat seine Absicht
bereits angedeutet. Diese Gegenmaßnahmen würden US-Exporteuren Kosten
aufbürden. Und wenn man die Erfahrungen von 2018 zugrunde legt, dürften
die Finanzmärkte nicht erfreut sein. Wir erwarten eine Stärkung des
US-Dollars, wie sie seit der Bekanntgabe der Zölle als eindeutiges
Ergebnis der Präsidentschaftswahlen bereits begonnen hat. Während der
Trend an den Aktienmärkten nicht so eindeutig ist, erwarten wir
zumindest eine höhere Volatilität, da das Hin und Her des Handelskriegs
in den kommenden Monaten anhält.
Handelskrieg: Kosten für die USA leichter zu verkraften
Alles in allem halten wir die Kosten des Handelskriegs aus US-Sicht
für verkraftbar. Die US-Wirtschaft geht in einer starken, stabilen
Position in diese Phase erhöhter Unsicherheit. Wachstum, Arbeitsmarkt
und Inflation sind in den letzten Monaten allesamt stabil geblieben und
die allgemeine wirtschaftliche Lage ist ausgeglichen. Das sollte die USA
auch dann widerstandsfähig machen, wenn sich die politischen
Rahmenbedingungen ändern.
Außerdem sind die USA keine besonders handelssensible Volkswirtschaft.
Diese Sensibilität wird häufig anhand der Handelsoffenheit gemessen: die
Summe der Importe und Exporte geteilt durch das Bruttoinlandsprodukt.
Die USA, deren Handelsoffenheit mit 27 % (Abbildung) relativ
niedrig ist, scheinen weniger wahrscheinlich unter den schlimmen Folgen
eines Handelskriegs zu leiden als andere Länder, in denen der
Außenhandel einen viel höheren Anteil an der Gesamtwirtschaft hat.
Was als nächstes passiert, ist unklar. Die Bandbreite möglicher Konsequenzen ist sehr groß. Zölle könnten in Umfang und Dauer begrenzt sein, oder sie könnten in den kommenden Wochen und Monaten schnell und dramatisch eskalieren. Die einzige Gewissheit, die bisher hinsichtlich des politischen Umfelds in diesem Jahr bestand, war die Unsicherheit, und das wird wohl auch in absehbarer Zukunft so bleiben.
Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Recherchen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar und spiegeln nicht notwendigerweise die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider. Die Einschätzungen können sich im Laufe der Zeit ändern.
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