AB: KI-getriebener Investitionsboom ist keine Dotcom-Pleite für Anleger
Der heutige Technologieboom wird durch echte Effizienzgewinne angetrieben, weshalb wir Vergleiche mit der Dotcom-Blase für unangebracht halten.26.04.2024 | 14:03 Uhr
Künstliche Intelligenz (KI) sorgt für viel Wirbel, und das aus gutem
Grund. Neue Formen des maschinellen Lernens haben das Potenzial, die
Produktivität zu steigern, und die vielen möglichen Anwendungen der
Künstlichen Intelligenz werden gerade erst entdeckt. Doch ist die
Begeisterung des Marktes für diese Technologie zu weit gegangen?
Zu Beginn der Internet-Ära investierten Telekommunikations- und
Kabelanbieter Milliarden in die Web-Infrastruktur, während die günstige
Finanzierung und die Anlegereuphorie die Kurse der Tech-Aktien in neue
Höhen trieben. Doch die Geschäftsmodelle, die zur Nutzung dieser
Infrastruktur erforderlich waren, waren noch nicht ausgereift, und die
Bewertungen der Tech-Aktien überstiegen die Fundamentaldaten der
Unternehmen. Schließlich wurde eine lange Reihe von Start-ups
überbewertet, das Kapital versiegte und die Blase platzte.
Manche fühlen sich beim heutigen Aufbau von KI-Servern an die Blütezeit
der Dotcoms erinnert, die für die Anleger nicht gut ausgegangen ist.
Immerhin werden bis Ende 2024 mehr als 100 Milliarden US-Dollar von
Unternehmen, Cloud-Firmen und Staaten in die KI-Infrastruktur investiert
werden.
Doch damit enden die Ähnlichkeiten.
KI-Infrastruktur wird durch Umsätze finanziert – nicht durch Spekulationen
Im Gegensatz zu vielen Unternehmen der Dotcom-Ära sind die Mega-Caps,
die hinter dem aktuellen Ausbau der Cloud-Infrastruktur stehen, bereits
profitabel. Mit Cloud-Infrastruktur werden beträchtliche Umsätze
erzielt, von Cloud-Anwendungs- und Infrastruktursoftware bis hin zu
Werbung in sozialen Medien. Das spiegelt sich in der
Cloud-Kapitalintensität (Investitionsausgaben als Prozentsatz der
Gesamteinnahmen) wider, die konstant geblieben ist, weil die aufgebaute
Infrastruktur bereits durch die Nachfrage unterstützt wird (Abbildung).
Anstatt das nächste große Produkt zu prognostizieren – eine fehlgeschlagene Taktik des Dotcom-Booms –, investieren die profitablen KI-Unternehmen von heute in erster Linie in die Cloud-Infrastruktur, um die Effizienz zu steigern. Tatsächlich ist das vielleicht die beste Art, Künstliche Intelligenz zu betrachten – als Effizienzsteigerung.
KI-Ausgaben haben weiteres Wachstumspotenzial
Der aktuelle Ausgabenboom konzentriert sich auf den Aufbau der
nächsten Ebene der digitalen Infrastruktur – bekannt als „Accelerated
Compute“ (beschleunigte Datenverarbeitung) –, wo Generative Künstliche
Intelligenz (GKI) nur eine von vielen Anwendungen ist. „Accelerated
Compute“ ist eine effizientere Form der Recheninfrastruktur, die sowohl
Künstliche Intelligenz als auch Nicht-KI-Arbeitslasten unterstützt – von
Empfehlungen für Social-Media-Inhalte über probabilistisches Targeting
bis hin zu Simulationen zur Medikamentenentwicklung. Die sich daraus
ergebenden Effizienzgewinne führen zu einer schnelleren Verbreitung von
Künstlicher Intelligenz als von vielen erwartet.
Die beschleunigte Datenverarbeitung stellt ein neues Paradigma dar, mit
dem sich Arbeitslasten bewältigen lassen, die zuvor unpraktisch waren.
Das Simulationsunternehmen ANSYS schätzt etwa, dass die Ausführung einer
High-End-Aerodynamiksimulation auf beschleunigten Rechnern die
Simulationszeit um das 33-Fache beschleunigen könnte.
Und es gibt noch viel weiteres Potenzial. Derzeit werden jährlich
zwischen 10 und 15 Millionen CPUs ausgeliefert, verglichen mit weniger
als einer Million beschleunigter Server. Wir schätzen, dass weniger als
25 % der weltweit installierten Rechenleistung beschleunigt ist (Abbildung), während es vor zwei Jahren noch fast null war.
Sind KI-Aktien überbewertet?
Die Chance auf einen Quantensprung in der Produktivität ist unserer
Meinung nach real. Die Einführung und Anwendung der Technologie wird
sich jedoch über Jahre hinziehen, und es wird einige Zeit dauern, bis
die Anleger die langfristigen geschäftlichen Nutznießer dieses dramatischen technologischen Paradigmenwechsels identifizieren können.
Wir sind an einem Wendepunkt angelangt, der Anfang der 1990er-Jahre
begann – eine Reise, die uns vom Schmalband über das Breitband zum
Mobilfunk und nun zur Generativen Künstlichen Intelligenz geführt hat.
Anstatt diese Phase der technologischen Entwicklung mit der Dotcom-Blase
zu vergleichen, halten wir es für sinnvoller, sie als eine Erweiterung
des Web 3.0 zu betrachten – ein wesentlich effizienteres,
dezentralisiertes Internet, das durch Peer-to-Peer-Netzwerke verbunden
ist und durch maschinelles Lernen angetrieben wird.
In diesem Zusammenhang sind wir der Meinung, dass ein gutes Maß an
Marktübertreibungen bereits im Jahr 2022 abgebaut wurde, als
Technologieaktien stark fielen. Obwohl sich die Technologieaktien von
diesem Schock teilweise erholt haben, glauben wir nicht, dass sie so
überbewertet sind, wie einige Anleger glauben – und sie sind sicherlich
nicht auf dem Niveau der Dotcom-Ära (Abbildung).
Erdbebenartige Technologiezyklen bringen unweigerlich Höhen und Tiefen
mit sich. Doch unabhängig von den Marktbedingungen sind wir der Meinung,
dass Unternehmen, die durch Künstliche Intelligenz einen
differenzierten Wettbewerbsvorteil aufbauen, das Potenzial haben, den
Anlegern ein langfristiges Gewinnwachstum zu bescheren.
Wir befinden uns heute in einem sehr frühen Stadium eines
transformativen digitalen Infrastruktur-Upgrade- und Produktzyklus. Die
Branchentrends deuten darauf hin, dass es sich nicht um eine weitere
Technologieblase handelt. Wir glauben, dass Aktienanleger mit einem
geduldigen und disziplinierten Ansatz Unternehmen mit nachhaltigen
KI-Geschäftsmodellen identifizieren können, die auf echter
Profitabilität und nicht auf falschen Versprechungen basieren.
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