Digitale Rentenübersicht: Was die neue Infoplattform bringt, wie sie funktioniert

Die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge auf einen Blick verspricht Bundesarbeitsminister Hubertus Heil mit der seit Ende Juni 2023 frei geschalteten Plattform www.rentenuebersicht.de.

27.09.2023 | 07:15 Uhr von «Ulrich Lohrer»

Wie steht es um meine finanzielle Absicherung im Alter? Für viele Menschen ist es nicht leicht, angesichts von möglichen Ansprüchen aus gesetzlicher, privater und betrieblicher Vorsorge bei dieser Frage den Überblick zu behalten. Auch ihre Finanzberater sind aufgrund einer fehlenden Übersicht oft kaum in der Lage, exakte Empfehlungen für die erforderliche Sparrate und Anlagen abzugeben. Vor einiger Zeit versprach die Bundesregierung mit der digitalen Rentenübersicht ein Übersichttool über die Ansprüche der Rententräger bereitzustellen. „Wir wollen den Kenntnisstand der Bürgerinnen und Bürger über ihre eigene Altersvorsorge verbessern“, erklärte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). „Mit der digitalen Rentenübersicht kann künftig jeder auf einen Blick sehen, wie es um die eigene Absicherung im Alter steht.“

Bereits am 18. Februar 2021, noch unter der Bundesregierung Angela Merkel (CDU), trat das Rentenübersichtsgesetz in Kraft, aber erst seit dem 30. Juni dieses Jahres ist die Digitale Rentenübersicht frei geschaltet. Allerdings befindet sich das Online-Portal noch in einer Pilotphase, an dem aber Bürger teilnehmen und ein Feedback abgeben können. Im Dezember 2023 soll der Regelbetrieb beginnen. Wie vielseitig die Komponenten am Bruttoeinkommen der Senioren im Durchschnitt sind, zeigt beispielsweise der Alterssicherungsbericht (siehe Grafik Anteil von Komponenten am Bruttoeinkommen).

Anmeldung als hohe Zugangsbarriere

Die Nutzung des Online-Portals ist freiwillig, kostenfrei und von jedem gängigen Internetbrowser aus möglich. Allerdings ist zur Authentifizierung entweder ein freigeschalteter elektronischen Personalausweis oder eine eID­Karte für Bürger der EU und des EWR notwendig. Damit soll der Datenschutz und Datensicherheit gewährleistet werden. Zudem ist für die Zuordnung der Altersvorsorge-Ansprüche die steuerliche Identifikationsnummer notwendig. „Dies stellt für viele Menschen eine hohe Zugangsbarriere dar“, kritisiert Markus Latta, Fachteamleitung Finanzdienstleistung beim VerbraucherService Bayern im KDFB e. V. (VSB). Und er fordert: „Es sollten auch andere Authentifizierungsverfahren wie das Postident-Verfahren zugelassen werden.“

Die Authentifizierung mit dem elektronischen Personalausweis oder mit der eID-Karte für Bürgerinnen und Bürger der EU und des EWR erfolge, um den Datenschutz und die Datensicherheit zu gewährleisten, heißt es vom Träger des Portals, der Deutschen Rentenversicherung. „Die Zentrale Stelle für die Digitale Rentenübersicht prüft derzeit, ob noch andere Möglichkeiten einer sicheren Authentifizierung angeboten werden können“, so Dirk Manthey von der Deutschen Rentenversicherung.

Teilnehmende Altersvorsorge-Anbieter

Die Digitale Rentenübersicht umfasst Anwartschaften aus der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Altersvorsorge. Die Deutsche Rentenversicherung, Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, ist auch Betreiber des Portals. Die Bereitstellung individueller Informationen zu den Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Digitalen Rentenübersicht, wie sie bereits bei der Renteninformation ersichtlich, ist daher naheliegend. Zudem sollen Ansprüche aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes abrufbar sein. Mit der Teilnahme der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder Anstalt des öffentlichen Rechts (VBL) an der Digitalen Rentenübersicht ist dies auch weitgehend gewährleistet. Denn die VBL ist für die Beschäftigte des öffentlichen Dienstes und den Bundesländern – nur mit Ausnahme von Hamburg und dem Saarland – der Träger dieser Zusatzversorgung fast aller im öffentlichen Dienst beschäftigten Mitarbeiter. Auch die geförderte private Altersvorsorge – also die Verträge von Riester- und Rürup-Rente sowie private kapitalbildende Lebensversicherungen mit Auszahlungsbeginn ab dem 60. Lebensjahr sowie die Altersvorsorge-Verträge in Form von Fondssparplänen mit Auszahlungsbeginn ab dem 60. Lebensjahr sollten in der Digitalen Rentenübersicht abrufbar sein. Tatsächlich nehmen bislang in der Pilotphase nur ein marginaler Teil dieser privaten Anbieter an der Plattform teil, obwohl sie die relevanten Informationen ohnehin ihren meisten Kunden in den Standmitteilungen zusenden müssen. Versicherte, deren Lebensversicherung nicht in der digitalen Rentenübersicht vertreten sind, müssen die Standmitteilungen heranziehen, um ihre Vorsorgesituation und die Rentabilität ihrer Altersvorsorge zu prüfen. Unter den Lebensversicherungsgesellschaften nehmen aktuell nur die Württembergische Lebensversicherung, die Provinzial Leben Hannover, die Öffentliche Lebensversicherung Sachsen Anhalt, die Öffentliche Lebensversicherungsanstalt Oldenburg und die msg life teil. Den Marktführer, die Allianz Leben, sucht man in der Teilnehmerliste ebenso vergeblich wie große Lebensversicherungsgesellschaften

wie die R + V, Generali, Debeka oder die Zürich Deutscher Herold. Nicht viel besser sieht es beim Teilnehmerkreis der betrieblichen Altersversorgung (bAV) aus, die in Deutschland in fünf Durchführungswege – Direktversicherung, Direktzusage, Unterstützungskasse, Pensionskassen und Pensionsfonds – angeboten werden. Lediglich die betriebliche Altersvorsorge von Bosch in verschiedenen Instanzen sowie die Philips Pensionskasse sind als bAV-Träger aktuell in der Digitalen Rentenübersicht vertreten. Unter den Fondsgesellschaften ist sogar nur die Union Investment Privatfonds dabei. „Aufgrund der fehlenden Daten der nicht teilnehmenden Anbieter von Altersvorsorgeprodukten erhalten aktuell nur wenige Bürger über das digitale Rentenkonto einen aussagekräftigen Überblick ihrer Vorsorgesituation“, kritisiert Latta. „Sämtliche Anbieter von Altersvorsorgeverträgen sollten verpflichtet werden, ihre Daten auf Anfrage zur Verfügung zu stellen“, so der Finanzexperte der Verbraucherorganisation VSB. Schließlich sollten auch Vorsorgeverträge von ausländischen Anbietern berücksichtigt werden, berücksichtigt werden, da diese ebenfalls auf dem deutschen Markt vertreten seien.

Weitere Anbieter im Anbindungsprozess

„Derzeit entscheiden die verschiedenen Vorsorgeeinrichtungen noch selbst, ob sie (freiwillig) an der Digitalen Rentenübersicht teilnehmen“, erklärt Manthey das noch sehr übersichtliche Angebot. Allerdings ist eine Erweiterung des Anbieterkreises bereits absehbar. „Eine Vielzahl von Anbietern von Altersvorsorge-Produkten befindet sich bereits im Anbindungsprozess. Nach erfolgreichen Verbindungstests werden diese sukzessive in das Live-System eingespielt und stehen den Nutzenden des Portals dann zur Verfügung“, erläutert der Experte der Deutschen Rentenversicherung. Im Übrigen sei die Möglichkeit, Altersvorsorgeeinrichtungen, die ihren Kundinnen und Kunden regelmäßig Standmitteilungen zur Verfügung stellen müssen, zur Teilnahme zu verpflichten, im Rentenübersichtsgesetz bereits angelegt. „An einer
entsprechenden Verordnung wird aktuell gearbeitet“, so Manthey.

Ganze Berufsfelder können Vorsorgeansprüche nicht abrufen

Beamten und Angehörige berufständischen Versorgungswerke wie Ärzte, Apotheker, Architekten, Notare, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Zahnärzte suchen allerdings in der digitalen Rentenversicherung vergeblich ihre Rentenansprüche. „Aktuell bildet das Online-Portal noch nicht alle Formen der Altersvorsorge
ab. Dies betrifft beispielsweise die Altersversorgung der Beamtinnen und Beamten und Ansprüche bei den berufsständischen Versorgungswerken“, bestätigt Dirk Manthey von der Deutschen Rentenversicherung. „Dort erworbene Ansprüche werden zunächst nicht in der Digitalen Rentenübersicht dargestellt, diesen Institutionen ist aber selbstverständlich die freiwillige Anbindung möglich.“

Für Einordnung der Daten professionelle Finanzberater hilfreich

Auch wer seine Ansprüche seiner Altersvorsorgeträger in der digitalen Rentenübersicht abfragen kann, erhält damit noch nicht die für ihn verfügbare Alterseinkommen. Denn Steuern und Sozialabgaben sind in der Rentenübersicht nicht berücksichtigt. Je nach Rentenart und persönliche Situation werden diese jedoch sehr unterschiedlich besteuert und beispielsweise mit Beiträgen für die gesetzliche Krankenversicherung belastet. Die gesetzliche Regelung sieht zudem allein die Einbeziehung von Renten und Zahlungen vor, die eindeutig der Altersvorsorge dienen oder typischerweise dafür genutzt werden. „Im Ruhestand fließen vielen Bundesbürgern allerdings auch andere Einkommen wie aus Kapital- oder Immobilienvermögen zu. Diese sollten die Nutzer wenigstens durch individuelle Eingabe berücksichtigen können“, kritisiert Markus Latta von der Verbraucherorganisation VSB. Die Daten aus der digitalen Rentenübersicht bedürfen daher oft

einer Ergänzung aus anderen Vermögensquellen sowie die Berücksichtigung der jeweiligen Steuer- und Abgabesituation, die sich für viele Menschen oft nur mithilfe professioneller Finanzberater berechnen lässt. Eine persönliche Beratung bietet die Zentrale Stelle für die Digitale Rentenübersicht aber nicht an.

Wer sich hinsichtlich Ihrer Altersvorsorge beraten lassen will, kann aber immerhin die Daten des Online-Portals exportieren und für ein Beratungsgespräch mit Verbraucher-Beratungsstelle oder etwa mit einem Honorarberater nutzen. Trotz der Zugangsbarrieren ist das Interesse an dem Portal seit der Freischaltung Ende Juni 2023 enorm. „Aktuell haben sich rund 95000 Nutzende im Portal der Digitalen Rentenübersicht registriert“, so Manthey. Ein großes Interesse erhöht den Druck, dass die noch nicht vertretenen Anbieter an der Digitalen Rentenübersicht ebenfalls teilnehmen.

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