Finanzberater unter Druck
84 Billionen US-Dollar werden in den nächsten 20 Jahren von einer Generation an die nächste weitergegeben werden. In diesem Transfer von Vermögen ihre Kundenbeziehungen zu behalten, sehen die 2.700 weltweit von Natixis IM befragten Finanzberater als die größte Herausforderung für ihr Geschäft.18.10.2024 | 13:00 Uhr
Fast die Hälfte (46 Prozent) gibt an, dass dies eine existenzielle Bedrohung für ihr Unternehmen darstellt, 43 Prozent machen sich Sorgen, ob sie die Betreuung der Vermögenswerte von den Ehepartnern oder Erben der nächsten Generation behalten werden, und tatsächlich gibt ein Drittel (33 Prozent) der Berater an, dass sie durch den Generationenwechsel Mandate in erheblichem Umfang verloren haben.
Kundenbindung und Akquise haben höchste Priorität
Daher räumen die Vermögensverwalter und -berater der Kundenbindung und Akquise höchste Priorität ein. Insgesamt berichten sie, dass sie in 72 Prozent der Fälle, in denen ein Ehepartner erbt, die Kundenbeziehung aufrechterhalten können. Wenn jedoch die Kinder des Kunden erben, gelingt dies nur in der Hälfte der Fälle (50 Prozent).
Beratung über die Geldanlage hinaus notwendig
Vor allem in Europa sehen die dort befragten1.050 Berater deshalb die Notwendigkeit, Zusatzleistungen anzubieten, die über die Allokation des Portfolios hinausgehen. Über die Hälfte von ihnen gibt an, dass Angebote wie Karriereplanung, der Zugang zu Netzwerken, die Planung von Nachlässen oder die Strukturierung von Treuhandvermögen für die Kundenbindung wichtig sind.
Jüngere sollten stärker in den Fokus genommen werden
Allerdings gelingt es 88 Prozent der Finanzberater in Europa trotzdem nicht, sich auf die Altersgruppe der 18- bis 34-Jährigen zu fokussieren; stattdessen geben 40 Prozent an, sich bei der Akquisition neuer Kunden auf die über 50-Jährigen zu konzentrieren.
Unrealistische Renditeerwartungen
Die Berater warnen auch davor, dass sich die Anleger nach einem längeren Anstieg der Aktienkurse ihrer unrealistischen Erwartungen bewusst sein sollten (29 Prozent). Bei einer anderen Befragung im Jahr 2023 gaben Privatanleger nämlich an, dass sie langfristig eine Rendite von 12,8 Prozent über der Inflation erwarten. Die Berater hingegen sehen in der aktuellen Umfrage eine Rendite von 8,3 Prozent über der Inflation als realistischer an. Daraus ergibt sich eine Erwartungslücke von 54 Prozent zwischen den beiden Werten.
Die Fesseln des Bargelds sprengen
Eine der größten Herausforderungen für Anleger auf dem heutigen Markt ist ihr mangelndes Wissen über Anleihen, Zinsen und festverzinsliche Anlagen. Unsere Umfrage unter Privatanlegern im Jahr 2023 ergab, dass nur zwei Prozent der Befragten wussten, was dies für Anleihen bedeutet, während das zukünftige Ertragspotenzial stieg. Dieses mangelnde Wissen und die attraktiven Zinsen für Bargeld machten es schwierig, Kunden wieder in Anleihen zu investieren.
Von den 2.700 befragten Beratern gaben 89 Prozent an, dass sie vor der Herausforderung standen, den Anteil der festverzinslichen Anlagen in den Kundenportfolios zu erhöhen. Ganz oben auf der Liste steht die Unsicherheit über die Zinspolitik. Diese Stimmung könnte sich ändern, da die Zielinflation zu Zinssenkungen geführt hat und man davon ausgeht, dass weitere folgen werden.
Wenig Wissen über Anleihen
Die Zinssenkungen könnten auch die zweitgrößte Herausforderung für die Berater darstellen: Da die Zinssätze auf einem 15-Jahres-Hoch liegen, ist es nach Ansicht der Berater schwierig, den Kunden die Vorteile von Bargeld zu verdeutlichen (43 %). Weitere 39 Prozent geben an, dass es auch schwierig war, den Kunden die Vorteile einer höheren Allokation von festverzinslichen Wertpapieren im Allgemeinen zu vermitteln. Erschwerend kommt hinzu, dass 39 Prozent der Berater das Wissen ihrer Kunden über festverzinsliche Anlagen bemängeln.
Zu wenig Risikobereitschaft
Zusätzlich zu den Wissenslücken geben 37 Prozent der Berater an, dass eine der größten Herausforderungen darin besteht, dass die Kunden andere Produkte wie Geldmärkte und Einlagenzertifikate gegenüber Anleihen bevorzugen, während 36 Prozent der Meinung sind, dass die Kunden angesichts von Bargeldrenditen, die sich auf einem 15-Jahres-Hoch befinden, nicht die nötige Risikobereitschaft haben.
Private Assets als Wachstumsbereich
Obwohl drei von zehn Beratern Private Assets als einen der wichtigsten Wachstumsbereiche für ihr Unternehmen betrachten und angesichts der gestiegenen Nachfrage von Investoren mehr als die Hälfte (56 Prozent) planen, nicht gelistete Vermögenswerte innerhalb der nächsten fünf Jahre in ihre Portfolios aufzunehmen, geben zwei Drittel der Berater (65 Prozent) an, dass die größte Herausforderung darin besteht, ein Portfolio aus Privatvermögen in großem Umfang aufzubauen. Zusätzlich zu diesem Hindernis ist es offensichtlich, dass mehr Aufklärung für Investoren erforderlich ist, da sieben von zehn (72 Prozent) angeben, dass Kunden die mit illiquiden Instrumenten verbundene Haltedauer nicht verstehen.
Die Zukunft des Geschäfts sichern
Finanzberater haben ehrgeizige Wachstumsziele für die nächsten drei Jahre und stehen unter Druck, neue Kunden zu gewinnen und Vermögenswerte zu sichern. Dabei setzen sie auf effiziente Lösungen, um Herausforderungen wie den „Great Wealth Transfer“ zu meistern, indem sie sich auf die Bindung von Erben und Neukundenakquise konzentrieren. Die Hauptaufgabe ist, nicht nur die Anlagen in einem sich wandelnden Marktumfeld zu verwalten, sondern auch die Kunden durch diese Veränderungen zu begleiten. Erfolgreiche Berater passen sich kontinuierlich an und sensibilisieren Kunden für neue Risiken und Erwartungen.
Einblicke in die Erwartungen der Berater
Die 2.700 befragten Finanzexperten in 20 Ländern geben darin Einblicke in ihre Wachstumsstrategien. Trotz der langfristigen demografischen Herausforderungen und kurzfristigen wirtschaftlichen Risiken bleiben sie optimistisch, was ihre eigene Geschäftsentwicklung angeht: Sie rechnen mit einem durchschnittlichen Wachstum von 11,5 Prozent auf Jahresbasis und einem annualisierten Wachstum von 12,4 Prozent in den nächsten drei Jahren.