Metzler AM: Längster Bullenmarkt in der US-Wirtschaftsgeschichte kommt langsam zum Ende
Neigt sich der längste Bullenmarkt in der Wirtschaftsgeschichte der USA seinem Ende zu? Im Jahresausblick für 2020 umreißt Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management, mehrere Szenarien für die Aktienmärkte.17.12.2019 | 14:59 Uhr
In
Summe spreche vieles für eine mittelfristige Seitwärtstendenz und gegen
einen großen Crash. Risiken seien ein überhitzter Arbeitsmarkt in den
USA oder ein politischer Schock. Da mittelfristig kaum noch
Kurspotenzial an den Börsen weltweit zu erwarten sei, dürfte die
Dividende zum entscheidenden Ertragsbringer werden. Zudem sieht Walk
Chancen, dass der Euro seine Unterbewertung gegenüber dem US-Dollar in
diesem Jahr aufholt.
Ein
stabiles Wachstum der Weltwirtschaft gekoppelt mit üppiger
Zentralbankliquidität dürfte noch zu Jahresanfang 2020 Kurschancen an
den internationalen Aktienmärkten eröffnen. Die sehr hohe Bewertung von
US-Aktien bedeutet jedoch, dass auf mittlere Sicht kaum noch
Kurspotenzial an den US-Börsen besteht, da erst die Gewinne wieder zu
den Kursen aufschließen müssten. Die Aktienmärkte im Rest der Welt
werden sich davon nicht abkoppeln können, bieten aber für Anleger immer
noch attraktive Dividendenrenditen.
Weltwirtschaft: Konjunktur in der Grauzone
Das
Jahr 2019 war im Gegensatz zu dem Kursfeuerwerk an den Finanzmärkten in
wirtschaftlicher Hinsicht eine große Enttäuschung: Noch im Juni 2018
wurde laut Bloomberg-Konsensus mit einem Wachstum der Weltwirtschaft
2019 von 3,7 % gerechnet; im Dezember betrug die Wachstumsprognose nur
noch 3,0 %. Dafür sind laut mehreren Analysen hauptsächlich der globale
Handelskonflikt und die damit verbundene merklich gestiegene
Unsicherheit verantwortlich. Für den Konjunkturausblick 2020 ist demnach
die weitere Entwicklung im Handelskonflikt eine entscheidende Größe,
zumal die Weltwirtschaft mit einem derzeitigen Wachstum von 3,0 % eine
Grauzone zwischen Aufschwung und Abschwung erreicht hat, wie unser
globaler Konjunkturindikator bestätigt.
Globaler Konjunkturzyklus in der Grauzone
Exemplarische Darstellung ab 12/2012
Quellen: Thomson Reuters Datastream, Metzler; Stand: November 2019
Somit ist auf den ersten Blick im kommenden Jahr das Abgleiten in einen globalen Abschwung ebenso wahrscheinlich wie die Rückkehr zu einem Aufschwung. Grundsätzlich rechnen wir damit, dass US-Präsident Donald Trump im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr den Handelskonflikt eher deeskalieren wird, um das Risiko einer US-Rezession zu verringern. Die derzeit hohe Unsicherheit könnte dann in der Tendenz sinken, und die Unternehmensinvestitionen könnten wieder anspringen. Insbesondere Europa und die Schwellenländer ohne China dürften davon mit einer moderaten Wachstumsbelebung profitieren, da sie bisher am meisten unter dem Handelskonflikt gelitten haben. In den USA und China dürfte sich das Wachstum dagegen abschwächen: In den USA fällt 2020 der Rückenwind der Steuersenkung von 2018 weg, und in China dürfte sich die strukturelle Wachstumsverlangsamung fortsetzen. Insgesamt rechnen wir mit einem stabilen Wachstum der Weltwirtschaft von 2,9 % für das Jahr 2020 – sehen aber durchaus Chancen für eine moderate Wachstumsbelebung im Jahresverlauf, die die Basis für eine Wachstumsbeschleunigung im Jahr 2021 legen könnte.
Den gesamten "Economics" Jahresausblick 2020 können Sie sich hier im PDF-Format herunterladen.