Credit Suisse: Herausforderung Robo-Berater

"Statt zeitintensiver, persönlicher Gespräche offerieren automatisierte Vermögensmanager einen Prozess zur individuellen Erstellung von Risikoprofilen, um eine optimale Vermögensaufteilung für die Portfolios der Anleger festzulegen", erläutert Patrick Kolb, Portfoliomanager bei Credit Suisse.

01.09.2015 | 11:56 Uhr

Der technologische Fortschritt verändert unsere Gesellschaft und unser geschäftliches Umfeld. Gemäß Gartner Inc., einem Research- und Beratungsunternehmen im Bereich der Informationstechnologie, werden wir alle innerhalb der kommenden zwei Jahre ein Teil der „Digitalwirtschaft“ sein. Laut diesem Institut wird bis 2025 jeder dritte Arbeitsplatz an Software, Roboter, Drohnen oder intelligente Maschinen verlagert werden. Thomas Frey, Senior Futurist beim US-amerikanischen DaVinci Institute, identifizierte kürzlich über 100 gefährdete Berufsbilder, die durch fahrerlose Autos, fliegende Drohnen, 3D-Drucker, Big Data, künstliche Intelligenz und Roboter beeinträchtigt werden.

Unter Berücksichtigung der genannten technologischen Trends möchten wir die Vermögensverwaltungsbranche näher betrachten. Laut MyPrivateBanking Research, einer in der Schweiz ansässigen Finanz-Research-Firma, stellen auf Algorithmen basierende Websites mit Online-Vermögensverwaltung (auch bekannt als automatisierte Vermögensverwaltung oder „Robo-Advisors“) eine echte Bedrohung für die Geschäftsmodelle konventioneller (menschlicher) Vermögensverwalter dar.

In diesem Bericht definieren wir in einem ersten Schritt den Begriff „automatisierte Vermögensverwaltung“. Danach betrachten wir die Chancen und Herausforderungen unter besonderer Berücksichtigung der IT-Sicherheit und beenden diesen Artikel mit einer kurzen Zusammenfassung.

Automatisierte Vermögensverwalter: Was ist das?

Automatisierte Tools zum Vermögensmanagement können als eine Kategorie von Finanzberatern beschrieben werden, die Online-Portfoliomanagement mit minimaler menschlicher Beteiligung anbieten. Mit anderen Worten: Es handelt sich um IT-Plattformen, die auf Algorithmen basierend, automatisierte Anlagelösungen für ihre Kunden schaffen. Statt zeitintensiver, persönlicher Gespräche offerieren sie benutzerfreundliche Schnittstellen und einen Prozess zur individuellen Erstellung von Risikoprofilen, um eine optimale Vermögensaufteilung für die Portfolios der Anleger festzulegen. Die meisten dieser Berater beschränken sich nur auf Portfoliomanagement. Sie gehen nicht auf verwandte Themen der Finanzplanung wie Immobilien oder Kapitalflussmanagement ein. Die IT-Plattform (ebenso wie ein menschlicher Berater) befragt die Kunden, wer sie sind und worauf sie sparen, um ihre finanzielle und persönliche Situation zu beurteilen. Darauf basierend erstellt der Algorithmus gemäß Lehrbuch maßgeschneiderte Empfehlungen, die zum Aufbau eines optimalen Portfolios verwendet werden (z. B. stabilere Anleihen für Personen kurz vor dem Ruhestand oder volatilere Aktien für einen jüngeren Anleger). Ist der Kunde mit dem Vorschlag einverstanden, so weist das System die ihm anvertrauten Kundengelder jenen Fonds zu, die den Zielen des Kunden am besten entsprechen und gewichtet die Vermögen bei Marktbewegungen resp. Ein- und Auszahlungen neu. Ein im Economist veröffentlichter Artikel zeigt, dass fast alle automatisierten Vermögensverwalter dem Kunden ein Portfolio aus Indexprodukten anbieten, die kostengünstig große Anleihen- oder Aktienindizes nachbilden. Laut der Financial Times betragen die Gesamtkosten 0,5 % des Volumens oder weniger. Sie liegen unter den für Standardberatung und Vermögensverwaltung für Privatkunden üblichen 1,5 % bis 2 % (vgl. Abb. 2). Eine von der Beratungsfirma A.T. Kearney durchgeführte Studie zeigt, dass die Beliebtheit sprunghaft ansteigen wird: Im Dezember 2014 wurden die von Robo-Beratern verwalteten Vermögen auf USD 19 Milliarden geschätzt; es wird jedoch ein Anstieg um 68 % pro Jahr auf rund USD 2,2 Billionen bis 2020 erwartet. Rund die Hälfte dieses Betrags dürfte aus Mitteln stammen, die bereits angelegt sind, der Rest hingegen aus noch nicht angelegten Vermögenswerten.

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