Schroders: Neurofinanzen – Im Kopf des Anlegers

Auf der jährlichen Schroders-Investorenkonferenz in Budapest klärte „Neurofinancier“ Dr. Richard Peterson die Teilnehmer im Rahmen eines Vortrags darüber auf, wie uns die scheinbare Rationalität unseres Verstandes in die Irre führen kann.

13.10.2015 | 13:53 Uhr

Unser Gehirn nimmt gern Abkürzungen. Und das kann laut dem Verhaltensökonom und Psychiater Dr. Richard Peterson ernste Folgen für den Erfolg oder Misserfolg beim Investieren haben. Dr. Peterson ist CEO der Firma Marketpsych, die Vermögensverwalter mit Big Data auf Psychologiebasis versorgt.

Einige der unterbewussten Abkürzungen unseres Gehirn können sich für Anlageentscheidungen als besonders tückisch erweisen. Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Menschen sehr viel weniger rational sind als in der herkömmlichen Wirtschaftstheorie allgemein angenommen. Die gute Nachricht dabei sei allerdings, so Dr. Peterson, dass ein großer Teil dieser Irrationalität systematisch ist. Und da sie wiederholt auftritt, kann sie vorausgesagt und möglicherweise sogar verhindert werden.

Am Beispiel des sogenannten emotionalen Primings erläuterte Dr. Peterson, wie wir den Abkürzungen unseres Gehirns zum Opfer fallen können. So kann sich emotionales Priming wesentlich auf unsere Risikobereitschaft auswirken. Und vor allem dürften wir uns dieses Umstands wahrscheinlich kaum bewusst sein.

Investitionsexperiment

ImRahmen eines Investitionsexperiments 2007 wurden einer Gruppe von Probanden Bilder von Menschen mit einem glücklichen, verängstigten oder zornigen Gesichtsausdruck vorgelegt. Es zeigte sich, dass die Risikotoleranz bei den Probanden, die das glückliche Gesicht zu sehen bekamen, anschließend um sage und schreibe 30 % höher war als bei den anderen. Vor allem aber stritten die Teilnehmer am Experiment ab, dass die Gesichter, die man ihnen gezeigt hatte, ihr Urteil in irgendeiner Weise beeinflusst hätten.

Das Problem dabei ist: Der präfrontale Cortex, der unser Urteilsvermögen und die ausführenden Funktionen regiert, hat sich auf unserem tiefer sitzenden limbischen System entwickelt, das wiederum die emotionalen Reaktionen steuert. Das kann dazu führen, dass unser Gehirn Rationalität praktisch außer Kraft setzen kann. Daraus ergeben sich einige interessante Muster, die Dr. Peterson durch die Thomson Reuters MarketPsych Indizes verfolgt. Statistisch sei der September der „zornigste“ Monat des Jahres, der Dezember hingegen der optimistischste.

Da wir bei unserer Entscheidungsfindung erwiesenermaßen dazu neigen, uns vom Umfeld beeinflussen zu lassen, ist daraus zu folgern, dass bestimmte emotionale Eigenschaften oft den besseren Anleger ausmachen. Emotionale Stabilität und Offenheit sind hervorragende Beispiele für Charakterzüge, die sich nachweislich positiv auf die Renditen auswirken.

Verteidigung des logischen Denkens

Die Frage ist: Kann ein Anleger, gerüstet mit diesem Wissen, emotionale Voreingenommenheiten überwinden? Die Antwort eines der erfolgreichsten Anleger der Welt lautet: ja. Laut Warren Buffett muss der Intellekt nichts mit der Leistung zu tun haben. Stattdessen sei emotionale Disziplin entscheidend.
„Solange man einen IQ von über 25 hat, gibt es keinen Zusammenhang zwischen Investitionserfolg und Verstand“, lautet eines der Zitate, die man Warren Buffett zuschreibt. „Alles, was man bei normaler Intelligenz braucht, ist das Temperament, die Triebe zu kontrollieren, die andere beim Investieren in Schwierigkeiten bringen.“
Stehen Anleger vor einer Entscheidung, so sind sie versucht, mehr Informationen einzuholen. Ziel, so Dr. Peterson, sollte es aber sein, bessere Informationen zu bekommen. Anleger sollten Informationen oder Menschen, die nichts Wertvolles beizusteuern haben, herausfiltern. Er empfiehlt zwei Schritte, wenn Investitionsentscheidungen anstehen. Dabei müssen Anleger zunächst einmal Stress bewältigen, ehe sie tätig werden. Bei Sorgen mit Blick auf die Märkte sollten Anleger die aktuelle Ursache dafür im Zusammenhang mit den größeren Markteinflüssen untersuchen. Danach sei es am besten, den angstauslösenden Reiz zu mindern, ehe man zur Tat schreitet.

Das Erkennen unserer Irrationalität ist dann in letzter Instanz der wichtigste Schritt, um sie zu überwinden. Die richtige Aktie oder Anleihe oder den richtigen Fonds für ein ausgewogenes Portfolio auszuwählen, ist nach wie vor eine enorme Herausforderung. Doch wenn wir erst erkannt haben, dass unser Verstand potenziell schädlichen emotionalen Mustern ausgesetzt ist, können wir logischere Reaktionen besser verteidigen.

Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stammen von Dr. Richard Peterson und stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar.

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