Janus Henderson: Emerging Markets - Positionierung und Chancen

Glen Finegan, Leiter Emerging Market Equities, gibt Einblick in die neusten Entwicklungen der Strategie für Schwellenländeraktien. Dabei geht er neben dem Ausblick für die Anlageklasse auf die aktuelle Performance, die Anlageaktivitäten und Positionierung des Portfolios ein.

12.10.2017 | 17:30 Uhr

Wertentwicklung und Investitionstätigkeit im 3. Quartal 2017

Beflügelt durch gute Wirtschaftsdaten aus den meisten Schwellenländern stiegen die Kurse globaler EM-Aktien gemessen in Pfund Sterling. Zu den Märkten mit den höchsten Kursgewinnen gehörten Brasilien, Russland und Chile, während Taiwan, die Türkei und Indonesien die Schlusslichter bildeten. Zwar erzielte die Strategie positive Erträge, blieb aber hinter der Performance des Vergleichsindexes zurück.

Verstehen, was man im Portfolio hat

Zuletzt gab es diverse Entwicklungen in Sachen Kapitalallokation in der chinesischen Internetbranche, die wir mit Interesse verfolgt haben. 2015 kündigte die chinesische Regierung die Neuordnung großer und ineffizienter Staatsbetriebe (SOE) an. Dies beinhaltete auch Bestrebungen zur Einführung gemischter Eigentümerstrukturen mit dem Ziel, das Interesse strategischer Investoren für ausgewählte Staatsbetriebe zu wecken.

Unlängst nutzte die staatseigene Telekommunikationsgesellschaft China Unicom die neue gemischte Eigentümerstruktur, um bei strategischen Investoren 12 Milliarden US-Dollar einzusammeln. Laut China Unicom soll mit diesem Kapital das Telekommunikationsnetz der nächsten Generation finanziert werden. Viele der bekanntesten Internetfirmen des Landes und die Versicherung China Life stellen zusammen dieses Kapital zur Verfügung, während die chinesische Regierung die Kontrolle über China Unicom behält. Die Zukunft wird zeigen, ob sich dieses Investment für die strategischen Investoren tatsächlich auszahlt.

Zwar ist die gemischte Eigentümerstruktur eine interessante Entwicklung im Zuge des sich wandelnden chinesischen Wirtschaftsmodells. Wir fragen uns jedoch mit gewisser Sorge, welche Unternehmen als Nächstes als strategische Investoren angezapft werden. Ungeachtet der Antwort auf diese Frage sehen wir für die profitabelsten, am besten kapitalisierten und in der Theorie privaten chinesischen Firmen die Gefahr, dass sie verschuldeten Staatsbetrieben bei ihren umfangreichen Investitionsplänen unter die Arme greifen müssen. Dieses Risiko sollten Minderheitsaktionäre, die sich langfristig bei chinesischen Unternehmen engagieren wollen, bedenken.

In den meisten Regionen der Welt würden sie Alarm schlagen, würde ein nicht staatlich kontrolliertes Unternehmen Kapital aus nationalem und nicht wirtschaftlichem Interesse investieren. Einige würden dies möglicherweise sogar für eine Form der Enteignung halten. An chinesischen Internetgesellschaften beteiligte ausländische Minderheitsaktionäre befinden sich jedoch aufgrund ihrer Beteiligung an abstrakten und komplexen Zweckgesellschaften (VIE) in einer wenig komfortablen Lage.

Weil eine Beteiligung von Ausländern an einer Internetfirma gegen chinesisches Recht verstößt, erfolgt eine Anlage über den Umweg einer Beteiligung an gewöhnlich in einer Steueroase ansässigen Offshore-Holdinggesellschaften und nicht direkt über stimmberechtigte Aktien am chinesischen Aktienmarkt. Bei dieser zur Umgehung chinesischer Gesetze geschaffenen Struktur ist fraglich, wie gut die Rechte ausländischer Minderheitsaktionäre wirklich geschützt sind. So gab es bereits einige aufsehenerregende Fälle, in denen diese Struktur von chinesischen Eigentümern bewusst zum Nachteil ausländischer Anleger genutzt wurde.

Unsere Strategie investiert daher nicht in solche VIE. Wir suchen vielmehr nach Anlagechancen bei Firmen, bei denen unsere Interessenlage mit der der Mehrheitsaktionäre übereinstimmt und die durch ihre fähigen, nachweislich integren Managementteams und seit Jahren starke Finanzkraft überzeugen. Wir favorisieren Unternehmen mit stabiler Eigentümerstruktur, gelegentlich auch solche im Familienbesitz, die ihr Vermögen in dieselben Eigenkapitalinstrumente investieren, die auch externen Anlegern zur Verfügung stehen. So können wir ziemlich sicher sein, dass wir gemeinsame Interessen verfolgen.

Portfolioaktivitäten

Wir finden nach wie vor angemessen bewertete Qualitätsunternehmen in Bereichen unseres Anlageuniversums, die die Hauptlast niedrigerer Rohstoffpreise und schwacher Konjunktur tragen mussten. Ein gutes Beispiel hierfür ist das jüngste Engagement bei Steinhoff Africa Retail (STAR). STAR ist gemessen am Umsatz der größte Non-Food-Einzelhändler Südafrikas und der führende Anbieter in diesem Geschäft in den Ländern südlich der Sahara. Das Unternehmen plant eine strategische Beteiligung an Shoprite, mit der es seine Verhandlungsposition stärken und so höhere Renditen für den Konzern erwirtschaften will. Seit Langem beeindrucken uns das gute Geschäftsmodell und die starke Wettbewerbsposition von Shoprite.

Wir haben zudem kleine Positionen auf einige nigerianische Aktien aufgebaut, weil wir mittlerweile mehr Vertrauen haben, dass der Devisenmarkt des Landes ordnungsgemäß zu den üblichen Marktbedingungen funktioniert. Die Bereitschaft der nigerianischen Zentralbank, den Wechselkurs des Naira anhand eines Terminkurses bestimmen zu lassen, stimmt uns zuversichtlich, was einen ungehinderten Marktzugang angeht. Auf unserer Beobachtungsliste befindet sich seit einiger Zeit eine Reihe nigerianischer Qualitätsunternehmen, die wir unlängst ins Portfolio genommen haben. Zwar ist das Engagement bei diesen Firmen noch relativ gering. Aber wir hoffen, diese Positionen im Lauf der Zeit ausbauen zu können.

Guinness Nigeria

Guinness Nigeria ist eine der größten Brauereien Nigerias und gehört mehrheitlich zum weltweit führenden Spirituosen- und Bierhersteller Diageo. Als reine Brauerei leidet Guinness Nigeria seit Jahren unter seinem eingeschränkten Produktmix und dem schärferen Wettbewerb. Hierauf reagierte man in den letzten beiden Jahren mit wesentlichen strategischen Änderungen und der Ernennung von Peter Ndewgades zum neuen Geschäftsführer. Die wichtigste Veränderung betrifft den Erwerb der Rechte zum Import, Vertrieb und Verkauf von internationalen Premium-Spirituosenmarken des Mutterkonzerns Diageo.

Dies ist ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung von Guinness Nigeria, von dem die Minderheitsaktionäre langfristig profitieren werden. Der Spirituosenmarkt wächst schneller als der Biermarkt und bietet höhere Margen. Mit der Zeit dürfte Guinness Nigeria dadurch seine Wettbewerbsstellung ausbauen, und defensivere Cashflows sollten eine höhere Bewertung begünstigen.

Nestlé Nigeria

Nestlé Nigeria produziert, vermarktet und vertreibt landesweit Markenlebensmittel. Die Qualität des Unternehmens ergibt sich aus seinem inflationsgeschützten Verbrauchsgüterportfolio und dem branchenführenden Vertriebssystem. Hieraus resultieren trotz der jüngsten Konjunkturschwäche stark gestiegene Kapitalrenditen. Wir sind vom langfristig guten Nachfrageausblick für die Produkte von Nestlé Nigeria und davon überzeugt, dass das aktuelle Management die gute Wettbewerbsposition erfolgreich behaupten kann.

Nigerian Breweries

Nigerian Breweries ist gemessen am Umsatz die größte Brauerei des Landes, Mehrheitsaktionär ist Heineken. Nigerian Breweries braut und vertreibt ein breites Spektrum bekannter Biere, darunter die im Land beliebteste Biersorte Star Lager. Aufgrund der beherrschenden Marktstellung und starken Preissetzungsmacht ist die Eigenkapitalrendite sehr hoch und es dauert nicht lang, bis sich neue Investitionen amortisieren. Nach unseren Analysen verfügt Nigerian Breweries über erhebliches, langfristiges Wachstumspotenzial, das in der Bewertung noch nicht berücksichtigt ist.

Anlagestrategie

Das Portfolio investiert verstärkt in börsennotierte Unternehmen aus Brasilien, Chile und Südafrika, die besonders unter dem Rohstoffpreisverfall gelitten haben. Der damit einhergehende Konjunkturschock zog schwächere Währungen und attraktivere Bewertungen nach sich. Er könnte die Regierungen aber auch zwingen, die staatlichen Führungsstrukturen zu verbessern. So hat die aufstrebende Mittelschicht Südafrikas vom regierenden ANC im letzten Jahr unmissverständlich gefordert, stärker gegen Korruption in den eigenen Reihen vorzugehen und mehr für bessere Lebensbedingungen zu tun. Dass in Brasilien korrupte Politiker inzwischen zur Verantwortung gezogen werden, erhöht die Glaubwürdigkeit seiner Institutionen. Und das ist etwas, woran es in vielen anderen Teilen der Welt mangelt.Auf Portfolioebene ist derzeit eine Tendenz weg von chinesischen Aktien zu beobachten. Wie oben beschrieben, hat dies mit der großen Zahl staatlicher Betriebe und der zunehmenden Einflussnahme des Staates auf in der Theorie private Unternehmen zu tun. Denn wir bezweifeln, dass deren Interessen mit denen ihrer Minderheitsaktionäre übereinstimmen. Unter dem Strich schätzen wir die Chancen für absolute Rendite anstrebende, langfristig orientierte Anleger in China für eher begrenzt ein.

Aussichten

Die Begeisterung für Schwellenländeraktien wächst unaufhörlich und spiegelt sich in starken Kapitalzuflüssen in die Anlageklasse und in steigenden Kursen wider. Unser Ziel bleibt es langfristig jedoch, akzeptable absolute Renditen zu erzielen. Wir halten es daher nach wie vor für entscheidend, keine Kompromisse bei der Qualität zu machen, eine langfristige Perspektive einzunehmen und an unserer strikten Bewertungsdisziplin festzuhalten.

Als langfristig orientierte Anleger schätzen wir die Aussichten für Schwellenländeraktien weiterhin positiv ein. Nicht zuletzt wegen der Möglichkeit, über eine Anlage an den Aktienmärkten von strukturellen Trends wie wachsender Bevölkerung und steigendem Lebensstandard in Teilen der aufstrebenden Länder zu profitieren. 

Anmerkung: Die Aktienbeispiele dienen ausschließlich der besseren Veranschaulichung und geben keinen Hinweis auf die vergangene oder künftige Performance oder die Erfolgsaussichten einer speziellen Anlagestrategie. Die Bezugnahme auf einzelne Wertpapiere stellt weder ein Angebot oder eine Aufforderung zu Ausgabe, Verkauf, Zeichnung oder Erwerb des Wertpapiers dar, noch ist sie Teil eines solchen Angebots oder einer solchen Aufforderung.

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