Pictet AM: Realrendite-Warnung für riskantere festverzinsliche Anlagen

Anleihen

Die Entwicklung der realen Anleiherenditen und der Breakeven-Zinssätze bei inflationsgeschützten Anleihen gibt Hinweise darauf hin, in welche Richtung sich der übrige Anleihemarkt bewegen wird. Das ist gerade jetzt sehr wichtig.

19.09.2022 | 08:36 Uhr

Die Realrenditen sollte man immer im Auge behalten. Doch gerade jetzt tun Anleiheinvestoren gut daran, ihre Entwicklung besonders genau zu beobachten. Denn ein Umfeld steigender US-Realrenditen und fallender Breakeven-Zinssätze bei indexgebundenen US-Staatsanleihen lässt darauf schliessen, dass sich die riskanteren Anleihe- und Währungsmärkte auf Probleme einstellen müssen.

Unser Modell der US-Realrenditen im Vergleich zu den indexgebundenen Breakeven-Zinssätzen deutet darauf hin, dass sich die Märkte auf eine noch stärkere Aufwertung des US-Dollars, Schwäche bei Schwellenländeranleihen und -währungen und Rückgange bei Hochzinsanleihen gefasst machen müssen; dagegen dürften Investment-Grade-Anleihen und US-Staatsanleihen in ihrer Spanne bleiben.

Grob gesagt skizziert das Modell vier verschiedene Marktszenarien, je nachdem, ob die Realrenditen und Breakeven-Zinssätze fallen oder steigen – Näheres dazu finden Sie in diesem Artikel. Jedes dieser Szenarien hat unterschiedliche Auswirkungen auf festverzinsliche Anlagen und Währungen (siehe Abb. 1).

Abb. 1 – Realrendite-Szenarien

Real yields regimes chart DE.png
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Quelle: Bloomberg, Pictet Asset Management; Monatsrenditen der Anlageklassen im Zeitraum 31.12.1999–31.08.2022. US-Dollar-Rendite gemäss Dollar Spot Index. Renditen von Schwellenländeranleihen gemäss folgenden Bloomberg Barclays Indizes: US Treasury Index, US Corporate Index, US Corporate High Yield Index, Pan-European Corporate Index, Pan-European High Yield Index. Renditen von Schwellenländeranleihen und -währungen gemäss: JPMorgan EMBI Total Return Index, JP Morgan CEMBI Broad Diversified Composite Index, MSCI Emerging Markets Currency Index.

Beispielsweise neigt der US-Dollar in Zeiten fallender Realrenditen und steigender Breakeven-Zinssätze – wie im letzten Jahr zwischen September und November aufgrund steigender Inflationserwartungen in Verbindung mit einer aufgestauten Nachfrage und Angebotsschocks – dazu abzuwerten, während riskantere Anleihen und Schuldtitel tendenziell zulegen. Und eine Phase steigender Realrenditen und steigender Breakeven-Zinssätze – wie nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine, der die US-Notenbank dazu veranlasste, ihr Narrativ der „vorübergehenden Inflation“ aufzugeben und mit der Zinsanhebung zu beginnen – führt in der Regel zu einem Anstieg des US-Dollars, aber zu Rückgängen bei Staatsanleihen und Investment-Grade-Anleihen.

In normalen Zeiten können sich die Übergänge zwischen länger anhaltenden Szenarien langsamer vollziehen. Im vergangenen Jahr haben wir jedoch dramatische Veränderungen im makroökonomischen und geldpolitischen Narrativ erlebt – mal war die Geldpolitik der Zentralbanken restriktiv, dann wieder expansiv, ein ständiges Hin und Her. In diesem Zeitraum hat sich die obere Grenze der US Federal Funds Target Rate vor dem Hintergrund der Verbraucherpreisinflation, die mit 9,1% ihren höchsten Stand seit 1981 erreichte, zu 2,5% verschoben. Infolgedessen haben wir seit August 2021 mehrere Szenarien unseres Modells durchlaufen (siehe Abb. 2).

Abb. 2 – Regimewechsel Realrendite-Szenarien im Vergleich zu US-10J-Breakeven und US-10J-Realrendite, %

Real yields timeline chart DE.png
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Quelle: Bloomberg, Pictet Asset Management. Daten vom 30.06.2021 bis 01.09.2022.

Und dann die jüngste Kehrtwende. Im August dieses Jahres erklärte die Fed, dass sie befürchte, die Inflation werde nicht so schnell zurückgehen wie erwartet, und dass man nicht die gleichen Fehler machen wolle wie in den 1970er-Jahren – damals wurden die Massnahmen der US-Notenbank zur Bekämpfung der Inflation wiederholt zu früh eingestellt. Jerome Powells Rede in Jackson Hole fiel entsprechend geldpolitisch restriktiv aus. Er machte deutlich, dass sich die Fed hauptsächlich darauf konzentriere, die Inflation wieder zurück auf 2% zu bringen. Das bedeute jedoch, dass das Wachstum längere Zeit unter dem Trend liegen werde und sich die Arbeitsmarktbedingungen verschlechtern werden, was „schmerzhaft“ sei. Die Rückkehr zu einem neutralen Zinssatz reiche nicht aus. Stattdessen müsse einige Zeit ein restriktiver geldpolitischer Kurs verfolgt werden.

Das führt uns in ein Szenario steigender Realrenditen und fallender Breakeven-Zinssätze (Szenario 3 in Abb. 1).

Investoren, die auf einen schnellen Kurswechsel hoffen, sollten die Entwicklung genau verfolgen. Die jüngste Geschichte hat gezeigt, dass die Fed bei einer Abkühlung des Wachstums schnell von der geldpolitischen Straffung abkehrt. Aktuell – solange die Inflation keine Anstalten macht, innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens zum Inflationsziel zurückzukehren – scheint es jedoch, als würde die Fed die Augen vor den steigenden Arbeitslosigkeits- und Rezessionsrisiken verschliessen.


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