Henderson: EM-Unternehmensanleihen – Ausblick 2017

Steve Drew, Leiter Emerging Market Credit, erläutert die beispiellosen Kapitalzuflüsse in die Anlageklasse in diesem Jahr und warum er glaubt, dass abgesehen von offensichtlichen politischen Entwicklungen 2017 ähnliche Themen wie in diesem Jahr die Märkte beeinflussen werden.

01.12.2016 | 10:50 Uhr

Welche Erkenntnisse haben Sie aus den Entwicklungen in diesem Jahr gewonnen?

In den Schwellenländern haben sich die Fundamentaldaten seit Jahresbeginn günstig entwickelt, nachdem in Brasilien die politischen Risiken mit dem Amtsenthebungsverfahren nachließen. 2016 hat gezeigt, dass die Richtung an den Schwellenmärkten ebenso stark von Ereignissen inner- wie außerhalb der Region bestimmt werden kann. Die starken Renditen zwischen Februar und September kamen überraschend und resultierten aus beispiellosen Maßnahmen der Zentralbanken. Die sich anschließende Suche nach höherer Rendite wiederum löste Kapitalzuflüsse in die Region in bislang noch nie dagewesener Höhe aus.

Welche zentralen Themen werden die Märkte, in die Sie investieren, 2017 vermutlich maßgeblich beeinflussen?

Noch lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, ob wir am Beginn eines „Taper-Tantrum-Szenarios“ ähnlich wie 2013 stehen. Zu damals werden viele Parallelen gezogen, aber bisher halten sich die Verkäufe an den Rentenmärkten in Grenzen. Richtig ist, dass seit der Wahl Trumps zum neuen US-Präsidenten viel Kapital aus Schwellenländeranleihen abgeflossen ist. Verglichen mit den Zuflüssen seit Jahresbeginn fällt das aber kaum ins Gewicht. Unter dem Strich haben EM-Hartwährungsanleihenfonds in diesem Jahr 39 Mrd. USD eingesammelt.

Neben den großen politischen Themen bleiben andere im Vergleich zu 2016 weitgehend unverändert. In den letzten beiden Jahren haben viele Unternehmen ihre Verbindlichkeiten umstrukturiert, sodass kaum noch Refinanzierungsbedarf besteht. Das dürfte das Nettoangebot an Unternehmensanleihen 2017 in Grenzen halten. Und auch bei den regionalen Themen wird vermutlich alles beim Alten bleiben. Auch weiterhin werden 95% der Neuemissionen, an denen chinesische Investment-Grade-Anleihen den Löwenanteil stellen, von Anlegern aus der Region gezeichnet.

Für 2017 rechnen wir nicht mit einem Anstieg der Ausfallquote, die in den Schwellenländern schon heute unter dem Niveau in den Industrieländern liegt. Der Anstieg in der ersten Jahreshälfte ging vor allem auf das Konto lateinamerikanischer Emittenten aus der Öl- und Gasbranche. Aber ähnlich wie bei US-Hochzinsanleihen aus dem Energiesektor haben wir auch hier das Schlimmste inzwischen überstanden.

Im nächsten Jahr erwarten wir erneut ein beachtliches Angebot an Staatsanleihen, insbesondere aus dem Mittleren Osten. Die Haushaltsdefizite dieser vom Öl  abhängigen Volkswirtschaften lassen sie anders als in der Vergangenheit zu regelmäßigen Emittenten an den Kapitalmärkten werden. Schuld ist der offenbar zwischen 40 und 50 USD pro Barrel gefangene Ölpreis.

Von welchen Positionen in Ihrem Fonds sind Sie am Übergang ins nächste Jahr besonders überzeugt?

Unsere überzeugendsten Positionen zu Beginn des neuen Jahres sind solche, die so wenig wie möglich mit der allgemeinen Marktrichtung korrelieren. Dazu gehören:
langfristige Wachstumsunternehmen wie IHS. Der nigerianische Funkmastbetreiber ist gut aufgestellt, um von der zunehmenden Durchdringung des Mobilnetzes zu profitieren und ist wenig empfindlich gegenüber Rohstoffpreis- oder Zinsänderungen;

die am wenigsten volatilen Anleihen von Qualitätsunternehmen wie z.B. Kurzläufer  von Petrobras; defensive IG-Unternehmensanleihen chinesischer Emittenten, die entweder über direkte staatliche Rückdeckung verfügen oder zum Scheitern zu groß sind; Staatsanleihen mit attraktivem Wertpotenzial.

Daneben bevorzugen wir nach wie vor Anleihen liquiderer Emittenten.

Was können Anleger von Ihrer Anlageklasse und Ihrem(n) Portfolio(s) erwarten?

Anleihen aus Schwellenländern dürften auch zukünftig eher von externen als lokalen Ereignissen beeinflusst werden. Derzeit zeichnet sich kein Land, Sektor oder Unternehmen ab, das oder der 2017 zu einem ähnlichen Problem werden könnte wie Brasilien in diesem Jahr. Andererseits stehen viele Ereignisse außerhalb der Region bevor, die unsere Einschätzung ins Wanken bringen könnten. Den Anfang macht die Sitzung der US-Notenbank im Dezember. Wir erwarten eine Zinsanhebung um 25 Basispunkte und ein Beibehalten der weiterhin zurückhaltenden Rhetorik, was auf ein bis zwei Anhebungen im nächsten Jahr hinauslaufen sollte. Die Zurückhaltung der Fed könnte den Weg für ein „Carry“-Jahr bei EM-Unternehmensanleihen ebnen, wenngleich auf beiden Seiten noch andere Risiken auftauchen könnten.

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