Metzler: EZB-Sitzung - keine Überraschungen zu erwarten

Chefvolkswirt Edgar Walk rechnet damit, dass die EZB auf ihrer Sitzung am nächsten Donnerstag die Markterwartungen weitestgehend erfüllen wird. Zudem erwartet er, dass die Industrieproduktion in der Eurozone im Januar den überraschenden Rückgang im Dezember mehr als wettmachen konnte. Dagegen ist er für Großbritanniens Konjunkturaussichten pessimistischer gestimmt.

04.03.2016 | 16:30 Uhr

Die Europäische Zentralbank (EZB; Donnerstag) dürfte Lehren aus der missglückten Kommunikation im Vorfeld ihrer Sitzung im vergangenen Dezember gezogen haben, die sicherlich zu den damals völlig überzogenen Erwartungen beigetragen hatte, und diesmal die Markterwartungen weitestgehend erfüllen. So scheinen die meisten Finanzmarktteilnehmer damit zu rechnen, dass die EZB den Einlagesatz für Banken auf -0,5 % senken und ihr Wertpapierkaufprogramm um weitere sechs Monate verlängern wird. Auch könnten die langfristigen Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO = Targeted Longer-Term Refinancing Operations) prolongiert werden.

Gleichzeitig dürfte die EZB ein neues System gestaffelter Zinsen einführen, um die aus den negativen Zinsen resultierende Last für die Banken zu verringern. So werden die Banken sehr wahrscheinlich einen Großteil ihrer Überschussliquidität in Zukunft zu Nullzinsen bei der EZB „parken“ können und nur einen geringeren Anteil ihrer Überschussliquidität zu den Negativzinsen von -0,5 % anlegen müssen. Das neue System hätte zwar keinen Einfluss auf die Kapitalmarktzinsen, würde jedoch die Rentabilität der Banken verbessern.

Starke Konjunkturdaten aus der Eurozone 

Im Dezember ging die Industrieproduktion in der Eurozone überraschend zurück, obwohl nahezu alle Frühindikatoren einen starken Anstieg signalisiert hatten. 

Entweder werden die vergangenen Daten noch substanziell korrigiert, oder die Industrieproduktion hat im Januar einen so großen Sprung gemacht, dass sie die überraschende Schwäche der Vormonate mehr als kompensieren konnte. Ein starker Anstieg der Industrieproduktion im Januar in Deutschland (Dienstag), in Frankreich (Donnerstag) und Italien (Freitag) erscheint uns derzeit als wahrscheinlicher. Auch die deutschen Auftragseingänge (Montag) dürften moderat gestiegen sein. Dies vorausgesetzt, sollten die Konjunkturängste in der Eurozone wieder etwas nachlassen.     

Dämpfer in Großbritannien zu erwarten 

Auch die Industrieproduktion in Großbritannien (Mittwoch) dürfte im Januar gestiegen sein, aber in den kommenden Monaten wieder zur Schwäche neigen: Denn wir gehen davon aus, dass die gestiegenen Brexit-Risiken auch die Entscheidungsträger in den Unternehmen zunehmend verunsichern werden. 

Autor: Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management

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