Schroders: China überdurchschnittlich, aber einseitig?

Das Wachstum des chinesischen Bruttoinlandsproduktes entwickelte sich im zweiten Quartal stärker als erwartet – doch scheint das Fundament lediglich aus staatlichen Impulsen zu bestehen.

18.07.2016 | 13:22 Uhr

Chinas Bruttoinlandsprodukt für das zweite Quartal liegt im Vorjahresvergleich unverändert bei 6,7 %. Gegenüber dem ersten Quartal konnte es jedoch von 1,2 auf 1,8 % zulegen.

Betrachtet man die Wachstumsmotoren differenzierter, so zeigt sich: Das „alte“ China mit seinen Sektoren Rohstoffe, produzierendes Gewerbe und Industrie liegt deutlich vorne. Der Dienstleistungssektor zeigt sich dagegen leicht schwächer. Dies steht ganz offensichtlich der Tatsache entgegen, dass China sich dem Vernehmen nach in Richtung eines neuen Wachstumsmodells entwickelt. Und nun scheinen Stabilität und Wachstum eigentlich nötige Wirtschaftsreformen auszuhebeln.

Letztes Jahr um diese Zeit sahen wir – und das sollte man nicht vergessen – deutliche Beiträge aus dem Dienstleistungssektor. Vor allem war das auf den Boom am Aktienmarkt zurückzuführen, sodass gewisse Rücksetzer fast unvermeidlich scheinen. Auch zählt die Tatsache, dass die Wachstumsraten im Dienstleistungsbereich vielfach das produzierende Gewerbe und andere Sektoren übertreffen.

Ein Blick auf die häufiger erhobenen Daten, die zusammen mit dem Bruttoinlandsprodukt veröffentlicht wurden, zeigt, wo das Wachstum seine Wurzeln hat: Aus unserer Sicht handelt es sich um Ausgaben für Infrastruktur, also Straßenbau, Strom- und Telekommunikationsnetze, kombiniert mit einem gestiegenen Volumen bei Immobilien.
Bringt man die losen Enden zusammen, so scheinen Infrastrukturausgaben die Industrieproduktion zu beflügeln, während der Immobilienbereich sich positiv auf die Einzelhandelsumsätze auswirkt, die im Juni wieder etwas zulegen konnten.

Dabei ist jedoch zu unterstreichen, dass Immobilien im Vorjahresvergleich deutlich zurückgegangen sind (von 6,5 auf 3,6 %); auch das verarbeitende Gewerbe muss leichte Einbußen verzeichnen, was sich möglicherweise auf deutlich reduzierte Kapazitätsreserven zurückführen lässt. Insgesamt spiegelt sich hier auch der spürbar verringerte Investitionshunger des privaten Sektors wider, dessen Zuwachs mittlerweile bei 0 % liegt (Ende 2015 waren es noch 10 %).

Unter dem Strich ergeben sich also Herausforderungen und Risiken für das dritte Quartal.

Die Wirtschaft scheint mehr und mehr von staatliche Impulsen abhängig, um das Wachstum aufrechtzuerhalten. Zwar scheint auch die Schuldenquote so aufgestellt, um dies einige Zeit lang leisten zu können. Doch da sich offensichtlich der Immobiliensektor abkühlt, werden wohl immer höhere Beträge notwendig, um das Wachstum am Laufen zu halten. Zudem wird man zusätzliches Kapital aus dem immer stärker risikobehafteten Finanzsektor benötigen, um die Wachstumsraten auf einem konstanten Niveau zu halten.

Noch scheinen wir nicht vor einer harten Landung zu stehen – auf einen einzigen Wachstumsmotor zu setzen, führt aus unserer Sicht allerdings zu einem risikoreicheren Ausblick für die chinesische Wirtschaft.

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