Schroders: Sehen wir gerade einen Wachwechsel am Markt?

Fondsmanager Robin McDonald wirft einen Blick auf das Investitionsumfeld nach den kräftigen Verwerfungen, die es in diesem Jahr bereits gegeben hat.

19.04.2016 | 12:05 Uhr

Bulle oder Bär – das ist jetzt die Frage

Die marktführenden Titel profitierten 2015 die meiste Zeit von einem positiven Klima, ähnlich wie im Sommer 2007. Hingegen waren die Nachzügler – größtenteils im Rohstoff- und Finanzsektor – mit ähnlich anhaltend sinkenden Kursen wie Anfang 2009 konfrontiert.

Das brachte den Markt in eine gefährliche Schieflage und bereitete nach unserer Ansicht die Grundlage für eine kräftige Wende. Diese hat sich im bisherigen Verlauf des Jahres größtenteils auch eingestellt.

Aktien, die in den vergangenen Jahren am Markt ganz oben standen, brachen außergewöhnlich stark ein. Dagegen erlebten viele der bisher schwachen Titel ein wahres Kursfeuerwerk.

So ist beispielsweise der Index Nasdaq Biotechnology, der im Laufe der vergangenen fünf Jahre um 330% gestiegen war, seit Jahresanfang um 25% gefallen. Hingegen ist der Philadelphia Gold and Silver Shares Index wieder um rund 50% nach oben geklettert — nachdem dieser Index für Edelmetallunternehmen in fünf Jahren 80% verloren hatte.

Will man die Frage „Bulle oder Bär?“ auf Grundlage der Aktienbewegungen seit Anfang 2016 beantworten, kann man sagen: beide.

Was bedeutet das für Anleger?

Für viele aktive Fondsmanager könnte eine anhaltende Marktrotation erhebliche Folgen haben. Bevorzugen Portfolios die früheren Marktführer, dürfte über längere Zeit eine relativ schwache Wertentwicklung ins Haus stehen.

Im Laufe der vergangenen Jahre haben die Maßnahmen der Zentralbanken ein sehr marktförderliches Umfeld gestützt. Das hat bei Aktien zu den höchsten risikobereinigten Renditen seit einem halben Jahrhundert geführt.

Während sich die USA zaghaft an der Straffung ihrer Geldpolitik versuchen, greift eine Reihe anderer Volkswirtschaften im Versuch, das Wachstum zu stimulieren, zu unorthodoxen Maßnahmen wie der Einführung von Negativzinsen. Wir sind daher der Ansicht, dass uns nun eine anhaltende Phase von niedrigeren Renditen und kräftigerer Schwankung bevorsteht.

Die globale Wirtschaft wächst zwar weiter, allerdings geht es nur bescheiden aufwärts. Daher scheint es, als ob die Vorteile dieser unorthodoxen Politik ihre Kosten überwiegen. Doch ihre Grenzen werden deutlicher zutage kommen, wenn sich die Konjunktur abschwächt.

Wo bieten sich die besten Möglichkeiten?

Die größte Chance, die wir heute an den Märkten sehen, ist die einer Mittelwertrückkehr von den historischen Extremkursen, sowohl oben (Anleihen, Dollar) wie auch unten (wertorientierte Aktien und Vermögenswerte mit höherem Beta).

Anlagen, die bisher von einem Umfeld mit anhaltend niedrigen Preisniveaus profitierten, scheinen auf den ersten Blick ein geringes Risiko darzustellen, doch das sehen wir keineswegs so. Wir halten sie für preislich überzogen, überkauft und anfällig gegenüber einer Reihe möglicher Szenarien.
Unsere aktuelle Strategie besteht darin, Aktien, die ansonsten relativ schwach sind und ein Schattendasein fristen, mit genügend Barmitteln so im Gleichgewicht zu halten, dass wir bei einer Rallye mehr profitieren als bei einem Kursrückgang.

Das ist im Kern, was wir im Laufe der Zeit erreichen möchten. Und was sich hoffentlich als lohnende Strategie erweisen wird — in einem Jahr, das nach unseren Erwartungen sehr schwankungsreich verlaufen wird.

Autor: Robin McDonald, Fondsmanager bei Schroders

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