Welche Aktienfonds-Vergleichsgruppen haben sich im ersten Halbjahr 2024 am besten entwickelt? Mit Hilfe der Investmentsoftware FVBS hat TiAM Fundresearch die Antwort auf diese Frage gefunden.
09.07.2024 | 07:00 Uhr von «Jörn Kränicke»
Auch wenn die Türkei im Viertelfinale der Fußball-EM an den Niederlanden gescheitert sind, ist die Börse in Istanbul der strahlende Gewinner 1. Halbjahr 2024. Die Peergroup der Türkei-Fonds legte im 48,61 Prozent zu. Da konnte keine andere Peergroup auch nur annähernd herankommen. Angesichts der politischen Querelen und deinem Verfall der Währung ist dies erstaunlich. Aber es gibt schon ein erstes kleines Hoffnungszeichen. Erstmals seit vielen Monaten sank im Juni die Inflation auf 71,6 Prozent. Im Mai lag der Wert bei über 75 Prozent. Bis Ende des Jahrs soll die Geldentwertung laut der türkischen Zentralbank auf etwa 38 Prozent zurückgehen. Sollte der Rückgang tendenziell anhalten, könnte die türkische Notenbank auch mal wieder die Zinsen senken. Sie sind seit der Wiederwahl Erdogans im vergangenen Jahr von 8,5 auf sage und schreibe 50 Prozent gestiegen.
Viel ausländisches Geld ist an den Bosporus geflossen
Nach Angaben der Sutor Bank haben viele ausländische Investoren in türkische Aktien investiert, da diese in Fremdwährung relativ günstig sind. Außerdem hat der türkische Staat einige Stützungsmaßnahmen ergriffen, die die Aktienkurse stabil gehalten haben. Ein weiterer Grund für den Börsenboom ist die Tatsache, dass viele türkische Unternehmen zu den Gewinnern des Krieges in der Ukraine gehören. Der Export boomt, weil die Währung stark abgewertet hat. Und die Türkei ist wegen der westlichen Sanktionen zu einem der wichtigsten Lieferanten für Russland geworden. Zudem nutzen viele Türken die Börse, um ihr Geld vor der Inflation zu schützen.
Indien ist ein Dauerbrenner
Weit abgeschlagen mit knapp 19 Prozent Zuwachs 2024 folgen Aktienfonds Indien. Der dortige Aktienmarkt hat jedoch auch davon profitieret, dass viele kaum noch in China investiert hatten. Im Gegensatz zur Türkei ist Indien jedoch ein Dauerbrenner unter den Aktienmärkten und auch die dortige Wirtschaft ist die wachstumsstärkste unter den Emerging Markets. Prognostiziert werden Wachstumsraten von rund 6,5 Prozent. Zudem sollen bis 2026 rund 534 Milliarden US-Dollar sollen laut Bloomberg in die Infrastruktur investiert werden. Auch ausländische Unternehmen investieren massiv in Indien. Das verwundert auch nicht, wenn man bedenkt, dass das Wachstum auch der jungen Bevölkerung zugeschrieben werden kann. Bis 2030 soll es etwa 360 Millionen Verbraucher unter 30 Jahren geben.
Indien wird bei MSCI immer höher gewichtet
Der gute Lauf indischer Aktien hat dazu geführt, dass Indiens Börse inzwischen eine höhere Marktkapitalisierung als Hongkong aufweist. Weiteres Argument, dass für Indien spricht: Die Gewichtung in den MSCI Schwellenländerindizes ist Ende Mai bereits auf 19 Prozent gestiegen und soll im Laufe des 2. Halbjahres 2024 auf über 20 Prozent klettern. Trotz dieser guten Aussichten scheiden sich die Geister an Indiens Aktienmarkt. So mancher globaler Emerging Markets Manager findet den Markt mit einem KGV von 24 einfach zu teuer. Andere wiederum investieren aufgrund der gut geführten Unternehmen und prächtigen Wachstumsaussichten. Die Diskussion darüber, ob Indien zu teuer ist, gibt es bereits seit vielen Jahren. Ja, der Markt ist teuer und volatil. Denn konnten Anleger mit einem langen Atem über 15 oder 20 Jahre mehr als elf Prozent pro Jahr verdienen. Das ist wahrlich ein überzeugendes Argument.
Osteuropa ist wieder da
Den dritten Platz belegen Osteuropa-Fonds. Sie profitierten von der oftmals recht hohen Gewichtung türkischer Aktien in den Fonds. Allerdings haben auch viele kleine osteuropäische Aktienmärkte wie Serbien, Kroatien, Slowenien, Rumänien oder Bulgarien das erste Halbjahr 2024 sehr erfreulich beendet. Anleger sollten vielleicht wieder den Blick Richtung Osten wenden. Denn dort herrscht noch viel mehr Aufbruchsstimmung im Gegensatz zu Deutschland, Frankreich oder Italien. Auch wandern immer mehr Firmen Richtung Osten ab. Dieser neue Boom dürfte dem Wachstum der osteuropäischen Volkswirtschaften auf die Sprünge helfen. Noch sind Osteuropa-Fonds ein Geheimtipp.
Techwerte treiben so manche Peergroup
Geschlagen von diesem Trio wurden die US-lastigen Assetklassen Medien und Kommunikation sowie Technologie. Sie legten um 17,76 beziehungsweise 17,5 Prozent zu. Wer diese Peergroup angetrieben hat, ist hinlänglich bekannt. Es waren Alphabet, Meta oder NVIDIA. Vielen dieser Titel fehlt inzwischen etwas Dampf. Dies könnte durchaus mit den US-Wahlen im Herbst zusammenhängen.
15 Assetklassen performten zweistellig
Bis Rang 15 (Asien-Pazifik/ex Japan) konnten die Peergroups zweistellig zulegen. Blick man weiter abwärts in die Tabelle findet man Frankreich mit einer Performance von gerade einmal 0,2 Prozent. Das Ergebnis der Wahlen vom Sonntag lässt nun auch nicht die Fondsmanager jubeln.
Schuldenquote in Frankreich dürfte weiter steigen
Björn Jesch, CIO bei der DWS in Frankfurt, kommentiert das Ergebnis folgendermaßen: „Obwohl die Märkte Unsicherheit nicht mögen, haben sie normalerweise kein großes Problem mit einer Machtteilung in einem Industrieland, da dies zumindest übermäßige Ausgabenprogramme weniger wahrscheinlich macht. Gleichzeitig wird Frankreich in diesem Jahr ein Haushaltsdefizit von über fünf Prozent aufweisen und die Europäische Kommission hat am 19. Juni ein Defizit- Verfahren (EDP) gegen Frankreich eingeleitet. S&P hatte seine Bewertung für Frankreichs Staatsanleihen bereits im Mai herabgestuft. Da die Schuldenquote trotz optimistischer Wachstumsprognosen voraussichtlich weiter steigen wird, werden die Märkte sicherlich genauer darauf achten, wie eine neue Regierung in der EDP-Frage mit der Europäischen Kommission kooperieren wird.“
Brasilien ist das Schlusslicht
Absolutes Schlusslicht mit einem Verlust von knapp 15 Prozent waren Brasilien-Fonds. Eine sich verschlechternde Haushaltslage in Verbindung mit externen Unsicherheiten hat dazu geführt, dass der Aktienmarkt sehr schlecht performte. Dies ist auf eine erhöhte Risikowahrnehmung Brasiliens durch die Anleger zurückzuführen, insbesondere infolge der Unsicherheit über die Wirtschafts- und Währungspolitik.
Übersicht der Assetklassen
Kurzname | Perf. lfd. Jahr | Perf. 1 Jahr | Perf. 2 Jahre kum. | Perf. 3 Jahre kum. | Perf. 5 Jahre kum. |
---|---|---|---|---|---|
AF Türkei | 48,61% | 82,95% | 191,48% | 221,14% | 185,14% |
AF Indien | 18,88% | 32,49% | 46,40% | 49,97% | 83,59% |
AF Osteuropa | 18,53% | 34,62% | 33,17% | -25,10% | -16,73% |
AF Medien + Kommunikation | 17,76% | 30,87% | 42,15% | 9,20% | 50,63% |
AF Technologie | 17,50% | 27,94% | 53,15% | 12,53% | 108,23% |
AF USA | 15,32% | 23,05% | 38,60% | 28,03% | 84,83% |
AF Nordamerika | 14,11% | 21,20% | 35,41% | 23,26% | 76,85% |
AF Asien-Pazifik/Einzelländer | 13,95% | 18,61% | 19,57% | 16,47% | 72,78% |
AF Gold | 13,37% | 18,62% | 22,83% | 8,59% | 47,52% |
AF Japan | 12,62% | 16,82% | 35,86% | 24,08% | 58,69% |
AF Finanzwerte | 11,66% | 23,38% | 38,26% | 23,33% | 54,96% |
AF Spanien | 11,50% | 20,32% | 42,85% | 31,36% | 36,40% |
AF Europa ex UK | 10,74% | 14,79% | 36,19% | 18,06% | 64,06% |
AF International | 10,46% | 15,33% | 26,84% | 15,23% | 54,49% |
AF Asien-Pazifik/ex Japan | 10,25% | 10,50% | 6,81% | -7,64% | 23,49% |
AF Emerging Markets | 9,85% | 12,53% | 12,53% | -6,68% | 20,92% |
AF Singapur | 9,40% | 10,32% | 14,73% | 5,23% | 3,14% |
AF Skandinavien | 9,34% | 18,16% | 21,12% | 5,16% | 60,56% |
AF Benelux | 9,18% | 12,96% | 23,63% | 13,96% | 48,91% |
AF Asien-Pazifik | 8,95% | 10,13% | 9,54% | -3,81% | 27,28% |
AF Italien | 8,72% | 15,46% | 47,72% | 26,49% | 60,59% |
AF Ökologie/Nachhaltigkeit | 8,69% | 11,79% | 23,20% | 10,04% | 57,58% |
AF Großbritannien | 8,31% | 11,94% | 18,85% | 13,20% | 26,89% |
AF Europa | 7,67% | 11,44% | 27,64% | 13,43% | 41,26% |
AF Euroland | 7,57% | 10,94% | 33,15% | 15,85% | 42,06% |
AF Konsum | 7,54% | 8,51% | 19,44% | -8,94% | 35,83% |
AF Pharma + Gesundheit | 7,28% | 5,80% | 8,75% | -3,98% | 35,57% |
AF Nordamerika/Nebenwerte | 6,26% | 11,36% | 24,36% | 7,60% | 54,95% |
AF Russland | 5,96% | 3,87% | -40,25% | -98,81% | -98,78% |
AF Biotechnologie | 5,89% | 13,79% | 20,31% | -2,06% | 31,47% |
AF Mittlerer Osten/Afrika | 5,89% | 12,33% | 16,76% | 26,03% | 43,67% |
AF Umwelttechnologie | 5,73% | 6,19% | 17,43% | 5,05% | 55,72% |
AF USA/Nebenwerte | 5,57% | 10,31% | 21,63% | 6,74% | 48,80% |
AF Luxus/Lifestyle | 5,56% | 5,42% | 24,56% | 6,90% | 54,63% |
AF Österreich | 5,56% | 10,92% | 20,14% | 4,81% | 26,35% |
AF Deutschland | 5,51% | 8,41% | 25,94% | 0,52% | 26,87% |
AF Branchen + Themen/Sonstige | 5,33% | 8,43% | 14,68% | 5,83% | 41,04% |
AF International/Nebenwerte | 5,05% | 9,85% | 19,89% | 3,60% | 46,89% |
AF Schweiz | 4,83% | 8,24% | 18,77% | 10,06% | 45,32% |
AF Australien | 4,46% | 12,67% | 19,70% | 18,34% | 51,02% |
AF Energie | 4,43% | 2,65% | 12,42% | 17,56% | 58,38% |
AF Europa/Nebenwerte | 4,41% | 7,69% | 15,24% | -6,28% | 31,09% |
AF Japan/Nebenwerte | 4,10% | 8,67% | 16,44% | -1,07% | 25,44% |
AF Nahrung | 4,05% | 2,35% | 5,14% | -8,73% | 11,42% |
AF Rohstoffe | 3,61% | 7,11% | 10,28% | 13,80% | 55,48% |
AF Korea | 3,36% | 7,32% | 17,12% | -16,02% | 31,41% |
AF Hong Kong + China | 3,31% | -6,86% | -28,09% | -42,19% | -12,71% |
AF Emerging Markets/Einzelländer | 3,18% | -0,16% | -15,23% | -11,99% | 0,25% |
AF Euroland/Nebenwerte | 1,32% | 6,40% | 18,82% | -0,92% | 25,68% |
AF Frankreich | 0,20% | 1,28% | 22,92% | 9,34% | 28,72% |
AF Schweiz/Nebenwerte | -0,21% | 1,78% | 14,12% | -4,29% | 37,87% |
AF Agrar | -0,64% | -4,94% | -10,45% | -13,21% | 11,60% |
AF Immobilien + Reits/USA | -0,79% | 5,19% | -4,73% | -2,05% | 11,86% |
AF Immobilien + Reits/Welt | -1,49% | 4,93% | -4,58% | -8,36% | 3,16% |
AF Immobilien + Reits/Europa | -1,95% | 20,44% | 0,82% | -17,42% | -3,74% |
AF Deutschland/Nebenwerte | -2,35% | -2,51% | 3,22% | -21,10% | 11,25% |
AF Thailand | -4,84% | -8,39% | -15,09% | -11,40% | -26,12% |
AF Immobilien + Reits/Asien | -4,96% | -3,47% | -15,53% | -21,39% | -19,78% |
AF Lateinamerika | -14,15% | -6,36% | 17,83% | 4,22% | 2,36% |
AF Brasilien | -18,11% | -11,84% | 5,84% | -13,03% | -10,84% |
Stand: 30.6.2024 |
Quelle FVBS professional
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