Die jüngst veröffentlichte DIN 77223 unterstützt Finanzberater, ein Risikoprofil von Privatanlegern einfach und standardisiert zu erarbeiten. Die Norm gibt Privatpersonen so mehr Sicherheit bei Investitionsentscheidungen und schützt sie zugleich vor interessensgesteuerten Risikoprofilierungen.
23.06.2022 | 09:20 Uhr
Die DIN 77223 leistet einen wichtigen Beitrag, um das Risiko bei Investitionsvorhaben vorab besser abschätzen zu können und Anlagemodelle zu wählen, die zu den Erwartungen und finanziellen Möglichkeiten des Anlegers passen. Sie beschreibt einen Prozess, mit dem Berater die Risikobereitschaft von Privatanlegern mithilfe einer Wertentwicklungsmatrix systematisch mit der Risikostruktur ihres Vermögens abgleichen können. „Der Leitfaden hilft Finanzberatern und Kunden gleichermaßen, die Risikotragfähigkeit realistisch einzuschätzen“, erklärt Dr. Klaus Möller, Obmann des Normenausschusses und Vorstand der Defino Institut für Finanznorm AG. Das senkt die Gefahr, dass eine Investition am Ende nicht den gewünschten Erwartungen entspricht oder gar zu einer finanziellen Notlage führt.
Die Risikoklassifizierung enthält auch Immobilien
Eine Besonderheit ist, dass die Norm auch die Risikoklassifizierung von Immobilien enthält. Diese ist nach Auffassung des DIN-Arbeitsausschusses – der sich aus Maklern, Unternehmens- und Verbandsvertretern, Wissenschaftlern und Verbraucherschützern zusammensetzt – unabdingbar, um die Risikostruktur des vorhandenen Vermögens festzustellen und mit der Risikobereitschaft abzugleichen. „Ein solches Regelwerk gab es in Deutschland bislang nicht“, betont Dr. Möller. Die Norm ist nach der im Februar 2019 veröffentlichten DIN 77230 „Basis-Finanzanalyse für Privathaushalte" und der im September 2021 veröffentlichten DIN 77235 „Finanzanalyse von Unternehmen“ bereits die dritte DIN-Norm für die Finanzberatung.
In nur drei Schritten zum Risikoprofil des Anlegers
Inhaltlich schließt die DIN 77223 an die DIN 77230 „Basis-Finanzanalyse für Privathaushalte“ an, nimmt einzelne Teilbereiche – etwa die Ergebnisdarstellung – aber noch einmal konkreter in den Blick. Der methodische Ansatz umfasst dabei drei übergeordnete Prozessschritte: Datenaufnahme, Datenaufbereitung und abschließende Ergebnisdarstellung. Im ersten Schritt werden die notwendigen Daten zur Risikoprofilierung mittels Tabellen erhoben. Dazu zählen beispielsweise die finanzielle Situation des Anlegers, seine Kenntnisse und Erfahrungen mit einzelnen Vermögensanlagen, die generelle Risikobereitschaft sowie Anlagebetrag, -zweck, -dauer und Liquidierbarkeit der geplanten Investition. Im zweiten Schritt wird das Know-how des Anlegers unter Berücksichtigung der eigenen Risikotragfähigkeit und Risikoklasse seines Gesamtvermögens mit Formen der Entscheidungsfindung sowie einzelnen Vermögensanlagen abgeglichen. So erhalten Beraterinnen und Berater ein detailliertes Bild des Anlegers, das alle erforderlichen Parameter für die Risikoprofilierung abdeckt und als Grundlage für die anschließende Beratung dient. Ebenso lassen sich auch nur einzelne Module als DIN-konforme Bausteine nutzen und in bereits etablierte Prozesse integrieren. (jk)
Diesen Beitrag teilen: