Ein sehr erfreuliches erstes Quartal an den Börsen liegt hinter uns. Viele Indizes haben seit Jahresanfang neue Rekordstände erreicht.
03.04.2024 | 07:40 Uhr
1. Superwahljahr 2024: Bislang ohne große Wirkung auf die Börsen
2. Profis setzen immer noch auf Tech-Werte – Wie lange geht das noch gut?
3. Zinswende hat noch nicht begonnen – zumindest in den USA und der Euro-Zone
4. Fazit: Trotz hoher Niveaus ist die Basis an den Börsen stabil
Im Januar ist das neue Börsenjahr freundlich gestartet – jedoch ohne Euphorie. Erneut standen die großen US-Techtitel (Stichwort „Magnificent 7“) im Börsenfokus. Die geringe Marktbreite mit der Konzentration auf wenige große Tech-Konzerne hat sich speziell in den USA fortgesetzt. Vor allem die Aussicht auf sinkende Zinsen konnte die Kurse weiter antreiben. Etliche Indizes erreichten im Januar neue Allzeithochs – so der S&P 500 oder der NASDAQ 100.
Die Kursrallye an den großen Börsen setzte sich im Februar fort. Im Ergebnis gab es viele neue Rekordstände – ob an der Wall Street oder auch beim DAX. Besonders überraschend war das Allzeithoch in Japan beim Nikkei 225. Der bisherige Rekordwert stammte immerhin aus dem Jahr 1989.
Der Februar stand unter dem Motto der „Fear of missing out“ (FOMO), also der Furcht, etwas an den Börsen zu verpassen − und daher jetzt noch einzusteigen (Wikipedia: Fear of missing out). Das hat die Kurse weiter steigen lassen, vor allem wieder bei den hochkapitalisierten Werten, die zuletzt schon deutlich stark gestiegen waren. Nervosität ist aber da. Das hat die Marktreaktion in den USA auf die Inflationsdaten im Februar gezeigt. Da ging es nach überraschend hohen Inflationszahlen an einem Tag im S&P 500 um immerhin 1,4 Prozent nach unten.
Der März brachte die weitere Fortsetzung der ohnehin schon positiven Börsentendenz. Viele Indizes erreichten weitere Rekordstände. Im Fahrwasser der Börsen stiegen auch der Bitcoin- und der Goldpreis auf neue Höhen. Obwohl die US-Notenbank bei der Sitzung im März keine Zinssenkung beschloss, reicht doch die Fantasie auf die bevorstehende Zinswende aus, um die Börsen weiter anzutreiben.
Bei der März-Umfrage der Bank of America
unter den globalen Fondsmanagern erreichte der Optimismus bezogen auf
die weitere Entwicklung der Konjunktur und der Unternehmensgewinne den
höchsten Stand seit zwei Jahren. Fast schon überraschend wird eine
weiterhin hohe Inflation als größtes Risiko an den Kapitalmärkten
eingeschätzt.
Bis jetzt sind schon einige große Wahlen in diesem Jahr gelaufen – wie in Taiwan, Indonesien oder auch in Russland. Nun ist Russland vielleicht kein gutes Beispiel für eine Wahl, da dort die Wahlberechtigten eben nur pro forma zwischen verschiedenen Kandidaten auswählen konnten. Dennoch zeigt das Ergebnis mit einem Wahlsieg Putins und einer Zustimmung von 86 Prozent, dass der russische Präsident einer weiteren sicheren Amtszeit entgegen geht. Sollte er diese Amtszeit als Präsident beenden, wäre er dann länger im Amt als Stalin, nämlich 31 Jahre. Wer also auf ein schnelles Ende der Putin-Herrschaft gehofft hatte, wurde einmal mehr enttäuscht.
Die Wahl in Indonesien war ebenfalls spannend. Hier gewann der Ex-General Subianto. Seine durchaus fragwürdige Vergangenheit in der Zeit der Suharto-Diktatur konnte der Politiker durch eine äußerst erfolgreiche TikTok Kampagne beiseite schieben. Mit immerhin rund 200 Millionen Wahlberechtigten ist Indonesien das größte muslimische Land und hat zudem eine sehr junge Bevölkerung (Wie TikTok und Co. die Wahl entscheiden).
Und natürlich geht auch jetzt schon der Blick in die USA – auch wenn der offizielle Wahlkampf noch gar nicht begonnen hat. Donald Trump wird wohl als Kandidat der Republikaner gegen Amtsinhaber Joe Biden antreten. In den allermeisten Umfragen liegt Trump vorn. Doch gerade die US-Wahlprognosen lagen in den vergangenen Jahren immer wieder daneben. Bis zum 5. November ist noch viel möglich. Da wird es auch spannend sein, wie die US-Notenbank weiter im Jahresverlauf agiert.
Grundsätzlich sollten Investoren bei Wahlen im Hinblick auf die Kapitalmärkte zwei Dinge beachten:
1. Die kurzfristigen Folgen von Wahlen werden oft überschätzt
2. Die langfristigen Folgen von Wahlen werden oft unterschätzt – gerade derzeit
So haben Wahlen selten direkte massive Auswirkungen auf die Kapitalmärkte – selbst bei Regierungswechseln. Das sieht man immer wieder auch an der deutschen Börse am Montag nach einer Bundestagswahl. Es passiert recht wenig in Frankfurt – auch wenn ein neuer Regierungschef ins Berliner Kanzleramt einzieht.
Bei den langfristigen Auswirkungen von Wahlen greift jedoch oft eine gewisse Sorglosigkeit um sich. Doch genau hier heißt es jetzt aufzupassen. Beispiel USA: Dort könnte es nach der Wahl wieder zu ungewöhnlichen Reaktionen kommen. So könnte Donald Trump im Falle einer Niederlage das Wahlergebnis einfach nicht anerkennen – eine Reaktion, die bis vor wenigen Jahren noch undenkbar war. Jetzt scheint ein solches Vorgehen von Trump aber als realistisch.
Im Falle eines Wahlsiegs von Trump sind auch massive juristische Auseinandersetzungen zu erwarten. So hat Trump schon jetzt angekündigt, gegen die Kritiker und Ankläger vorzugehen, die derzeit gegen Trump aktiv sind. Mit einem von Trump bestimmten Obersten Gerichtshof hätte er dann sogar gute Chancen, solche Verfahren erfolgreich abschließen zu können. Sollte es dazu kommen hätten sich die Vereinigten Statten aber weit vom „Land of the free“ verabschiedet, was doch mit viel Pathos in der Nationalhymne besungen wird.
2023 war das Jahr des KI-Booms – der 2024 einfach weitergeht. Die größte Aufmerksamkeit bekommt weiterhin Nvidia. Der Börsenwert hat zuletzt die Marke von zwei Billionen Dollar überschritten. In der Spitze kletterte die Aktie im ersten Quartal um rund 100 Prozent.
Damit erreicht der wichtige Lieferant von KI-Chips sehr anspruchsvolle Bewertungsniveaus. So hat Nvidia im Laufe des Quartals beim Börsenwert den kompletten US-Energiesektor, wie er im S&P 500 Index gelistet ist, überholt. Gleichzeitig ist aber die Ertragskraft der Energieunternehmen um ein Vielfaches höher. Das zeigt der Blick auf den Free Cashflow. Im Ende Oktober 2023 beendeten Geschäftsjahr hat Nvidia rund acht Milliarden Dollar Free Cashflow erzielt. Die zu dem Zeitpunkt ähnlich bewerteten US-Energieunternehmen brachten es immerhin auf einen Free Cashflow von 135 Milliarden Dollar zum Stichtag 31.12.2023.
Der Vergleich zeigt den klaren Unterschied bei der Ertragskraft auf. Doch eins ist auch klar: Übertreibungen bei einzelnen Aktien können sehr lange weitergehen, zumal die Nvidia-Aktie aktuell eine der beliebtesten Werte überhaupt ist.
Bleibt noch der Blick auf die Entwicklung der Zinsen. Bis jetzt sind die Notenbanken noch nicht aktiv geworden bei den Zinssenkungen – zumindest in den USA und der Euro-Zone. Gleichzeitig sind auch die Erwartungen an die kommenden Zinssenkungen zuletzt deutlich zurückgekommen. Noch Ende Januar wurden bis zu sechs Zinsschritte der Fed erwartet. Davon sind jetzt nach aktuellen Daten nur noch maximal vier übriggeblieben.
Das erste Quartal hat überraschend optimistische Kapitalmärkte gebracht. Ob viele Indizes, Bitcoin oder Gold: all diese verschiedenen Anlageklassen haben in den ersten drei Monaten des Jahres neue Rekorde erreicht. Die vielen vorhandenen Risiken – ob konjunkturell oder geopolitisch – spielen aktuell an den Kapitalmärkten nur eine untergeordnete Rolle. Die Aussicht auf schon bald sinkende Zinsen in den USA hat die Märkte zuletzt schon angetrieben. Es sieht so aus, als ob dies als Treibstoff auch für das zweite Quartal dienen könnte. Doch ob es wirklich so kommt, werden wir dann erst in der nächsten Quartalsbilanz Anfang Juli wissen.
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