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Zitat der Woche von AXA IM: Deflation - drohen Europa japanische Verhältnisse?

„Die Anleiherenditen der europäischen Kernländer sind im vergangenen Jahr auf unter 2 Prozent gefallen und die Inflationsrate ist rückläufig. Das Wachstum ist schwach, die Haushaltspolitik restriktiv und die Geldpolitik zu straff."

15.04.2013 | 11:19 Uhr

„Zugleich ist die Währung zu stark und die Wirtschaft durch starre Strukturen gekennzeichnet. Deflation ist eine reale Gefahr für Europa. Könnte Europa eine vergleichbar milde Deflation erleben wie Japan?“, diese Frage stellt Chris Iggo, CIO Fixed Income bei AXA Investment Managers

„Die Situation in Europa unterscheidet sich insofern von der japanischen, als dass der europäische Anleihenmarkt stark fragmentiert ist. Innerhalb dieses Währungsraums gibt es nur wenige Länder, die dem japanischen Modell mit hohem inländischen Sparvermögen und starkem sozialen Zusammenhalt nahekommen. Das gilt möglicherweise nur für Deutschland und vielleicht Italien. Für Länder wie Spanien, die von Außenfinanzierung abhängen, ist Deflation keine wirkliche Alternative. Ein Merkmal der Eurokrise ist die Rückführung von Investments aus anderen Ländern der Eurozone. Das ist eine Gefahr für jene Schuldnerländer, deren Mittel nicht reichen, um ihre eigenen Haushaltsdefizite zu finanzieren. Daher waren die schwächsten Kandidaten auf dem Höhepunkt der Krise auf ausländische Rettungspakete angewiesen. Die übrigen Wackelkandidaten halten sich seitdem mithilfe einer Kombination aus strikter Ausgabenkontrolle und der Aussicht auf weitere Rettungsaktionen bzw. einen geldpolitischen Kurswechsel der EZB gerade mal über Wasser.

Die Märkte wissen sehr wohl, wie nötig Risikozuschläge auf europäische Staatsanleihen sind. Setzt Deflation ein, ohne dass diese Prämien gleichzeitig sinken, wird sich die Schuldendynamik verschärfen. Spanien zahlt 3 bis 4 Prozent Zinsen auf seine Schulden. Das ist mehr als die aktuelle Teuerungsrate. Mit einer weiteren Schrumpfung der Wirtschaftsleistung des Landes würde auch die Inflation zurückgehen. Italiens Inflationsrate liegt bei 1,8 Prozent und ist weiter rückläufig. Die Anleiherenditen des Landes liegen demgegenüber bei 3 bis 4 Prozent. Die Kombination aus verfehlten Haushaltszielen und Aufwärtskorrekturen der Schuldenstandsprognosen würde die Situation nur verschärfen.

Deflation lässt sich nur dann nutzen, wenn das inländische Sparvermögen groß und anpassungsfähig genug ist, um den Staatshaushalt zu finanzieren. Zugleich muss der Regierung dazu ausreichend Zeit zur Verfügung stehen. Dabei darf man allerdings nicht vergessen, dass Deflation kein Rezept für Haushaltsstabilität ist, denn die realen Schuldenkosten steigen weiter. Japan hat schließlich erkannt, dass es so nicht ewig weitergehen kann. Doch nur wenige europäische Länder haben genug Zeit, um sich aus eigener Kraft aus ihrem haushaltspolitischen Schlamassel zu befreien. Japan setzt jetzt auf eine massive Reflation. Die Bank of Japan soll in etwa das 1,6-Fache der in den kommenden Jahren voraussichtlich begebenen japanischen Staatsanleihen aufkaufen. Das Land will Inflation in Höhe von 2 Prozent generieren. Für Anleger mit nominal niedrigverzinslichen Anleihen ist das katastrophal, denn die voraussichtlichen Realrenditen werden einbrechen. Der Markt hat darauf bereits mit einem Abverkauf japanischer Staatsanleihen reagiert; potenzielle Investoren in japanische Werte wechseln an andere Anleihemärkte. Sofern die Inflationsaussichten steigen, werden auch die Renditen auf japanische Staatsanleihen steigen. Spricht die Realwirtschaft darauf an, dann wird auch der Unternehmenssektor wieder Kredite aufnehmen und die Credit-Spreads werden sich ausweiten. Kurz: Inflation nutzt dem Schuldner, nicht dem Gläubiger.“

 

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