Credit Suisse: Die Macht ist erwacht.

In ihrem CIO View kommentiert Frau Dr. Anja Hochberg, CIO Switzerland & Europe der Credit Suisse, die jüngste Zinsentscheidung der Federal Reserve und analysiert deren Auswirkungen auf die Märkte und die Anlageklassen weltweit.

18.12.2015 | 14:08 Uhr

Natürlich ist es reiner Zufall, dass die US-Notenbank mit ihrem Zinserhöhungspfad gerade zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der neue Star Wars-Film in unsere Kinos kommt. Genau wie im Film wird auch der Kampf der Fed mit den Märkten keine schnelle, sondern eine langwierige Angelegenheit. Von grösster Bedeutung ist zunächst einmal – und das insbesondere vor dem Hintergrund einer offensichtlich steigenden Kerninflation –, dass die Fed mit ihrem Zinsschritt letztlich Ernst gemacht hat. 
Obwohl einige der prognostizierten Inflationszahlen etwas geringer sind als im vorigen Meeting, signalisiert der Ausblick weitere, wenn auch moderate Zinserhöhungen. Angesichts der positiven Reaktion der Märkte bestand die Gefahr, dass die US-Notenbank hinter der Kurve zurückbleibt (d.h. dass die Märkte den Eindruck bekommen, dass die Fed die Inflationsgefahr unterschätzt). Dies äussert sich prinzipiell in einem erheblichen Glaubwürdigkeitsverlust, der die Steuerung der Märkte noch weiter erschwert hätte. 

Möglicherweise haben Sie zudem bemerkt, dass nicht nur die US-Notenbank erstmals die Zinsen erhöht hat, sondern auch die Europäische Zentralbank (EZB) und die Schweizerische Nationalbank (SNB) eine weniger moderate Haltung an den Tag legen. Tatsächlich könnten wir nun an dem Punkt angelangt sein, an dem das Pendel des Wachstums und der Inflation langsam wieder in eine «normalere» Richtung tendieren könnte. Solange die Zentralbanken alles unter Kontrolle haben, wäre dies für die Aktienmärkte und bestimmte riskantere Anleihenmärkte gewiss eine gute Nachricht.

Was also ist nun zu tun? Unser globales Anlagekomitee hat bei seiner Zusammenkunft unseren positiven Marktausblick für 2016 mit einer Bevorzugung von Aktien gegenüber Anleihen bekräftigt. Derzeit jedoch ist das allgemeine Marktrisiko noch immer hoch – selbst wenn es leicht zurückgeht. Dabei ist es von grösster Wichtigkeit, dass Öl endlich einen Boden findet.

Gemäss unserer technischen Analyse ist das wahrscheinlich. Der erneute Fall des Ölpreises in Kombination mit rückläufiger Marktliquidität hat zu einer umfassenden vorübergehenden Verkaufswelle von Hochzinsanleihen geführt. Wir stuften Letztere vor einem Monat aufgrund der sich verschlechternden Fundamentaldaten herab. Eine besondere Rolle spielten dabei die drastisch erhöhten Verschuldungsquoten dieser Unternehmen. Gleichwohl fiel die gegenwärtige Marktreaktion nach unserer Einschätzung zu intensiv aus. Wir erwarten eine gewisse Erholung an den Märkten. In Zukunft würden wir solche Phasen erneuter Stärke jedoch nutzen, um die Positionen zu verringern.
Während wir an unserer strategischen Aktienallokation festhalten, haben wir US-Aktien auf Underperform gestuft. Hierin spiegeln sich unsere bisherigen Erfahrungen und die unlängst starke Outperformance im Vorfeld der Fed-Sitzung wider. Im Aktienbereich sind wir am stärksten von der Eurozone überzeugt, in der wir den deutschen Markt klar bevorzugen. 

Italien schnitt erwartungsgemäss unterdurchschnittlich ab, und wir sehen keinen konkreten Katalysator, der dies ändern könnte. Auch den Schweizer Markt beurteilen wir weiterhin positiv. Wer investiert ist, sollte im Bereich Small und Mid Caps jedoch Gewinne mitnehmen. Das Thema hat in letzter Zeit äusserst gut abgeschnitten. Obwohl dort noch immer ein Bewertungsvorteil gegeben ist, könnte der wechselkurssensible Markt eine Verschnaufpause einlegen, bevor er sich wieder erholt. 
Im Zuge eines äusserst starken Bewertungssignals stuften wir auch den australischen Markt herauf. Gleiches gilt für Rohstoffe, die unseres Erachtens einen Boden finden dürften.

Der Marktkommentar als PDF-Dokument.

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