ING: Thailand - Das Wachstum kehrt zurück

Die Wachstumsdynamik der thailändischen Wirtschaft ist bereits wieder positiv. Das Risiko von Kapitalabflüssen und einer Währungskorrektur ist niedriger als in Indonesien.

25.09.2014 | 12:00 Uhr

Seit der globalen Finanzkrise von 2008 ist die Wirtschaftsleistung Thailands im Durchschnitt nur um 2,5 Prozent gewachsen. Das lag nicht nur an der rückläufigen Dynamik des Welthandels, sondern vor allem an politischer Polarisierung und sozialen Unruhen. Infolge der politischen Eskalation fiel die Zuversicht der Wirtschaft auf historische Tiefststände. Davon sind insbesondere die Anlageinvestitionen betroffen, die seit dem Sommer 2013 negativ sind. Einzig der enorm gestiegenen Verschuldung der Privathaushalte ist es zu verdanken, dass das BIP-Wachstum in den vergangenen Jahren insgesamt im positiven Bereich verharrte.

Mit dem Militärputsch im Mai endeten auch die Proteste in den Straßen von Bangkok, die das normale Wirtschaftsleben über ein Jahr lang gelähmt hatten. Die Junta setzte die Verfassung außer Kraft, rief das Kriegsrecht aus, verbot politische Versammlungen und brachte die Medien unter ihre Kontrolle. Durch seine kompromisslose Haltung schuf das Militär ein Umfeld, in dem sich das Geschäftsklima rasch erholen konnte. Mit neuen Wahlen ist frühestens in Q4 2015 zu rechnen, doch die neue Führung wird wahrscheinlich alles daransetzen, neue Unruhen und Proteste zu vermeiden. Im Ergebnis hat Thailands Wirtschaftselite damit ausreichend Zuversicht, um erneut zu investieren.

Sowohl Regierungs- als auch Wirtschaftsvertreter, mit denen wir bei unserem Aufenthalt zusammentrafen, gehen davon aus, dass sich das Wachstum in Thailand wieder auf dem Niveau von vor 2008, also bei 4,5 bis 5,0 Prozent, normalisieren wird. Wir sind indes weniger optimistisch. Für das erste Halbjahr ist eine Zuwachsrate von vier Prozent durchaus vorstellbar. Da zahlreiche Investitionen, insbesondere im Infrastrukturbereich, aufgeschoben wurden, gibt es hier in den kommenden Quartalen Spielraum für einen deutlichen Wachstumsschub. In jedem Fall ist dies ein klarer Zuwachs gegenüber dem Null-Wachstum in der ersten Jahreshälfte und unserer Ansicht nach der Hauptgrund für die momentane Attraktivität des thailändischen Aktienmarktes. Doch eine Zuwachsrate von vier Prozent wird sich über das erste Halbjahr 2015 hinaus wohl kaum aufrechterhalten lassen.

Das eigentliche Problem ist, dass Thailands Wachstumspotenzial in den letzten Jahren auf etwa drei Prozent gesunken ist. Das hat unserer Einschätzung nach drei Gründe: die hohe Abhängigkeit von Exporten, der dramatische Anstieg der Verschuldung der Privathaushalte und die sich ausweitende Kluft zwischen der wohlhabenden Stadt- und der armen Landbevölkerung. Auf die Exporte entfallen 80 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung, doch die Aussichten für das weltweite Wachstum und insbesondere das Wachstum an den Emerging Markets sind nicht mehr so rosig wie vor 2008. Insofern könnten sich die Zuwächse bei den thailändischen Exporten in den nächsten Jahren im niedrigen einstelligen Bereich einpendeln. Der Exportsektor ist für Beschäftigung, Investitionen und Konsum von entscheidender Bedeutung; es ist daher unwahrscheinlich, dass Thailand an die Wachstumstrends von vor 2008 anknüpfen kann.

Ferner ist Thailand nach China und Malaysia die aufstrebende Volkswirtschaft, bei der die Verschuldung seit 2008 am stärksten gestiegen ist. In den vergangenen sechs Jahren ist die Inlandsverschuldung im Verhältnis zum BIP um insgesamt 40 Prozentpunkte auf fast 170 Prozent gestiegen (siehe Grafik unten). Dieser Anstieg entfällt größtenteils auf die Privathaushalte, bei denen insbesondere risikoreiche Privatkundenkredite und Autofinanzierungskredite zugelegt haben.

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