Eine Umfrage unter privaten Investoren ergibt: Indexfonds erfüllen weder Ertragserwartungen noch entsprechen sie den Wertvorstellungen der Anleger.
06.10.2017 | 11:33 Uhr
Natixis Global Asset Management hat die Ergebnisse seiner globalen Umfrage unter Privatanlegern für das Jahr 2017 veröffentlicht. Im Februar und März 2017 sind in 26 Ländern Asiens, Europas, Amerikas und des Nahen Ostens insgesamt 8.300 Privatanleger (davon 400 aus Deutschland) befragt worden. Die Umfrage hat unter anderem folgende Ergebnisse geliefert:
- Mit passiven Index-Fonds könnten Investoren Gefahr laufen, ihre Anlageziele zu verfehlen. Deutsche Investoren geben an, dass sie eine Rendite von 10,5% über der Inflationsrate benötigen, um ihre Ziele zu erreichen. Allerdings rechnen viele Experten derzeit bei vielen Marktindizes mit Erträgen im niedrigen einstelligen Bereich.
- Der Einsatz von Index-Fonds könnte dem großen Interesse der Anleger an ESG-Investments widersprechen. 83% der deutschen Investoren wünschen sich, dass ihre Investments auch ihren persönlichen Wertvorstellungen entsprechen. Nur 46% sind jedoch der Meinung, dass Index-Fonds solche Unternehmen bei Investments auch berücksichtigen.
- Verkappte Index-Fonds belasten das Vertrauen in die Fondsindustrie. Zwar erwarten 72% der Anleger, dass Fondsmanager einen wirklich aktiven Investmentansatz umsetzen, aber fast genauso viele (75%) glauben, dass viele Manager Gebühren für aktives Management erheben, obwohl sie eigentlich nur einen Index abbilden.
- Was das Treffen von Anlageentscheidungen betrifft, so vertrauen mehr Anleger ihren Finanzberatern (85%) als engen Freunden oder Familienmitgliedern (71%), den Finanzmedien (49%) oder sozialen Medien (33%).
Mehr als zwei Drittel (68%) der weltweit befragten Anleger geben an, sich finanziell sicher und durch hohe Kursgewinne am Markt ausreichend ermutigt zu fühlen, um höhere Investmentrisiken einzugehen. Aber die Rekordhochs sowie die historische Marktruhe der letzten Jahre reichen nicht aus, ihre Verlustängste vollständig zu beruhigen. Die Anleger scheinen unter „Risiko“ vor allem den Verlust von Kapital und nicht das Verpassen von Anlagechancen zu verstehen.
Obwohl 76% der deutschen Investoren angeben, dem Sicherheitsaspekt einen höheren Stellenwert einzuräumen als der Performance (im Vergleich dazu sind es weltweit 77%), erwarten sie relativ hohe jährliche Erträge (im Durchschnitt eine reale Rendite von 10,5% über der Inflationsrate pro Jahr). In Zeiten, in denen viele Marktexperten auf lange Sicht mit Erträgen im niedrigen einstelligen Bereich rechnen, müssen die Investoren ihre Anlagestrategien also möglicherweise noch einmal überdenken und verstärkt auf wirklich aktiv agierende Manager setzen, die bestrebt sind, die Markt-Indizes mittels einer ausgezeichneten Einzeltitelselektion zu übertreffen. Darüber hinaus suchen deutsche Anleger vermehrt den Rat ihres persönlichen Finanzberaters.
Verunsicherte Anleger setzen auf vertrauensvolle Beratung
Knapp die Hälfte (41%) der deutschen Anleger sind davon überzeugt, dass die Dienstleistungen der Vermögensverwaltungsbranche ihr Geld wert sind. So erklären 85% der deutschen Investoren, dass sie ihrem persönlichen Finanzberater absolut vertrauen, was den Umgang mit komplexen finanziellen Aspekten betrifft (weltweit 88%).
Parallel dazu konzentrieren sich 67% der deutschen Anleger auf die kurzfristige Performance, ohne dabei ihre langfristigen Bedürfnisse im Blick zu behalten. Diese Skepsis lässt sich teilweise sogenannten Index-Fonds zuschreiben – also Produkten von Investmentgesellschaften, die zwar behaupten, ihre Fonds aktiv zu verwalten und dafür auch entsprechende Gebühren erheben, letztlich aber Portfolios anbieten, die lediglich Benchmarks abbilden. Fast 60% der deutschen Anleger geben an, zu erwarten, dass sich die Portfolios ihrer Investmentfonds maßgeblich von den jeweiligen Benchmarks unterscheiden. Allerdings vertreten 75% der Befragten die Auffassung, dass viele Manager zwar Gebühren für aktives Management erheben, aber eigentlich nur einen Index abbilden. Im Rahmen der Natixis-Umfragen aus dem letzten Jahr* hatten 57% der institutionellen Manager und 43% der Finanzberater weltweit die Existenz verkappter Index-Fonds als Grund dafür angeführt, dass sie überhaupt passive Strategien nutzen.
Die Umfrage offenbart auch einige anhaltende Fehleinschätzungen im Hinblick auf Index-Investments. So gehen 58% der deutschen Investoren fälschlicherweise davon aus, dass Index-Fonds weniger riskant sind (weltweit sind es 62%). Gleichzeitig glauben 59% (63% weltweit), dass diese Produkte dazu beitragen, Verluste zu minimieren, obwohl Index-Fonds sowohl die positiven als auch die negativen Entwicklungen der Märkte, die sie abbilden, nachvollziehen und kein eigenes Risikomanagement betreiben. Dementsprechend geben 75% der Institutionen* weltweit an, dass Anleger bei passiven Investments ein „falsches Sicherheitsgefühl haben“. Was den Vergleich der Vorzüge aktiver und passiver Investments betrifft, so erklären 86% der institutionellen Investoren, dass aktive Investments besser geeignet sind, um Alpha zu generieren, risikobereinigte Erträge zu erzielen (64%), Anlagechancen an den Schwellenländermärkten zu nutzen (76%) sowie ESG-Investments umzusetzen (75%). Parallel dazu wird passives Investmentmanagement vor allem als Instrument zur Reduzierung der Managementgebühren betrachtet.
In diesen unterschiedlichen Wahrnehmungen spiegeln sich auch die Herausforderungen wider, mit denen die Privatanleger zurzeit konfrontiert werden. Die gute Nachricht ist aber, dass die Anleger letztlich die Unterstützung von Finanzberatern in Anspruch nehmen. So erklären 85% der deutschen Investoren, dass sie ihrem persönlichen Finanzberater absolut vertrauen, was den Umgang mit komplexen finanziellen Aspekten betrifft (weltweit 88%). 44% der Befragten sind der Meinung, dass professionelle Beratung notwendig ist, um die Risiken auf Portfolioebene sowie die steuerliche Behandlung von Anlagen besser zu verstehen. Darüber hinaus sind die meisten deutschen Anleger gegenüber ihrem Finanzberater loyal, und 56% möchten ohne ihren vertrauten Ansprechpartner gar nicht aktiv werden und würden ihrem Berater sogar zu einem anderen Unternehmen folgen.
„Die Anleger erhalten zwar eine kontinuierliche ‚Flut‘ von Informationen, aber im Rahmen unserer Untersuchung haben sie uns ganz eindeutig zu verstehen gegeben, dass sie Beratung benötigen, durch passive Investments verunsichert sind und sich Transparenz sowie einen Gegenwert für ihr Geld wünschen“, so Jörg Knaf, Managing Director für Deutschland, Österreich und die Schweiz bei Natixis Global Asset Management. „Privatanleger neigen dazu, Index-Fonds im Hinblick auf den Faktor Risikokontrolle positive Eigenschaften zuzuschreiben, die nicht immer zutreffen. Im Gegensatz dazu kann aktives Management dazu beitragen, auf lange Sicht die Risikosteuerung zu optimieren und Alpha zu generieren.“
Die Nachfrage nach ESG-Investments steigt zwar, ist aber mit Index-Investments möglicherweise nicht kompatibel
Die Umfrage zeigt ferner, dass die Nachfrage nach Investments, die auch ökologische und soziale Aspekte sowie Fragen der Corporate Governance (ESG-Faktoren) berücksichtigt, sowohl seitens der deutschen Investoren als auch bei den Anlegern weltweit kräftig steigt. So geben die deutschen Anleger an, dass sich ihre persönlichen Wertvorstellungen auch in ihren Investments widerspiegeln sollten (83% gegenüber 78% weltweit). Gleichzeitig möchten sich 79% der deutschen Anleger nicht in Unternehmen engagieren, die gegen ihre ethischen Grundprinzipien verstoßen.
Doch der Wunsch, Investments zu tätigen, die ihren persönlichen Überzeugungen stärker Rechnung tragen, könnte sich für Anleger, die ausschließlich auf traditionelle passive Index-Fonds setzen, nur schwer realisieren lassen, da in vielen gängigen Indizes hunderte von Unternehmen enthalten sind – und zwar unabhängig von deren jeweiliger Geschäftspolitik. Lediglich 46% der Investoren sind der Meinung, dass Index-Fonds Firmen berücksichtigen, die ihre persönlichen Wertvorstellungen berücksichtigen.
„Viele Investoren sind mittlerweile nicht mehr damit zufrieden, gute Ergebnisse zu erzielen, sondern möchten gleichzeitig auch Gutes tun“, so Jörg Knaf. „Da die Ziele der Kunden für ihre Geldanlage mittlerweile also zunehmend über die Zahlen auf ihrem Kontoauszug hinausgehen, müssen professionelle Finanzberater bei Kundenportfolios einen ganzheitlichen Ansatz umsetzen, der den Wunsch der Kunden nach Rendite ebenso berücksichtigt wie Risikoaspekte, Kosten und grundsätzliche Kriterien.“
Die Investoren suchen zwar nach Anlagealternativen, benötigen dabei aber Hilfe
Angesichts komplexer und volatiler Märkte äußern die Anleger weltweit ein immer größeres Bedürfnis, das Risikomanagement in ihre Investments zu integrieren sowie neue Anlagestrategien zu entwickeln. So wären drei Viertel (75%) der deutschen Investoren bereit, anstelle des traditionellen Anlagenmixes aus Aktien und Anleihen auch in alternative Anlageformen zu investieren (weltweit 70%). Darüber hinaus halten es 52% der Befragten für erforderlich, zum Zwecke der Risikoreduzierung auch alternative Investments zu berücksichtigen. Allerdings haben erst 62% der Befragten in Deutschland mit ihrem Finanzberater über alternative Investments gesprochen (weltweit 66%). Über die Hälfte der deutschen Anleger hält alternative Investments zudem für riskanter (55%) und komplizierter (45%).
Dies könnte auf eine gewisse Verunsicherung im Zusammenhang mit diesen Produkten zurückzuführen sein. Dazu trägt auch der Umstand bei, dass diese Anlagealternativen innerhalb der Branche nicht klar genug erklärt werden.
„Obwohl den Anlegern bewusst ist, dass sie ihren Anlagehorizont erweitern müssen, um sowohl das Risiko breiter zu streuen als auch um höhere Erträge zu generieren, benötigen sie Unterstützung, um sich von ihrem kurzfristigen Fokus frei zu machen und alle verfügbaren Anlagestrategien sowie deren Rolle auf Portfolioebene wirklich zu verstehen“, führt Jörg Knaf aus.
„Wir müssen den Anlegern in Zusammenarbeit mit den Finanzberatern dabei helfen, neue Möglichkeiten zu finden, ihre Ziele innerhalb ihrer vorab festgelegten Risikoparameter zu erreichen. Aktiv gemanagte Investments in alternative Anlageformen sowie ESG-Investments können sich dabei als hilfreich erweisen. Für viele Anleger sind alternative Investments das fehlende Bindeglied, um auf Portfolioebene eine wirkliche Risikostreuung zu erreichen. Schließlich können diese Produkte dazu beitragen, Erträge zu erwirtschaften, die keine Korrelation zur Tendenz der Aktienmärkte aufweisen“, ergänzt Jörg Knaf.
*Die Natixis-Umfrage unter institutionellen Investoren für das Jahr 2016 wurde im März 2017 veröffentlicht. Im Zuge dieser Umfrage waren im Oktober und im November 2016 weltweit 500 institutionelle Investoren befragt worden.
Methodik
Die Umfrage unter Privatanlegern weltweit wurde von Natixis Global Asset Management mit Unterstützung von CoreData Research, einer britischen Finanzforschungsfirma, durchgeführt. Diese Umfrage beschäftigt sich insbesondere mit dem Verhalten der Anleger im Hinblick auf die Aspekte Portfoliostrukturierung, Risiko, Ruhestand, Finanzberatung und Sparen sowie der allgemeinen Stimmungslage im Hinblick auf Investments. Die Umfrage wurde im Februar und im März 2017 durchgeführt. Dabei wurden zwar insgesamt 8.300 Privatanleger befragt, dieser Bericht konzentriert sich aber insbesondere auf die 400 Teilnehmer aus Deutschland. Jeder der 400 befragten Privatanleger besitzt ein verfügbares Anlagevermögen von mindestens 100.000 USD (oder dem gemäß Kaufkraftparität entsprechenden Gegenwert).
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