Griechenland erneut im Fokus: Besteht die griechische Regierung auf ihrem Sonderweg? Gute Konjuktur in der Eurozone.
20.04.2015 | 09:07 Uhr
Ein Blick in die Währungsgeschichte zeigt, dass Geldsysteme oft in einer engen Verbindung mit dem Staat entstanden sind, um eine adäquate Staatsfinanzierung zu gewährleisten. So kam es beispielweise nach dem Abzug der Römer aus Großbritannien zu einem kompletten Kollaps des Währungssystems und über drei Jahrhunderte wurde in Großbritannien fast kein Geld mehr verwendet. Erst eine starke Zentralregierung war die Voraussetzung für ein neues Geldsystem. Die Bevölkerung musste ihre Gold- und Silbervorräte zu einer Münzanstalt bringen, um dort Münzen prägen zu lassen. Die Münzen waren notwendig, um die Steuern bezahlen zu können. Die nahezu alleinige Akzeptanz des Geldes zur Tilgung der Steuerschuld bildete dessen Anker, in der Folge wurde Geld nach und nach auch für private Transaktionen verwendet. Interessanterweise war das Geldsystem im Mittelalter durch einen permanenten und signifikanten Mangel an Münzen mit kleinen und sehr großen Nennwerten gekennzeichnet. Erst die Einführung des auf Mindestreserven basierenden Bankensystems sorgte für ausreichend zur Verfügung stehendes Geld.
Griechenland könnte vor diesem Hintergrund eine zweite Währung erfolgreich einführen, wenn der griechische Staat die neue Währung für Steuerzahlungen akzeptiert. Der Euro könnte dabei gesetzliches Zahlungsmittel bleiben, wenn der Kurs zwischen dem Euro und der neuen griechischen Währung täglich schwankt. Wahrscheinlich wird die griechische Regierung bald zwangsweise die Pensionen und die Gehälter der Staatsbeamten in einer neuen Währung bezahlen müssen, da ihr bald das Geld ausgehen könnte. Schon in Argentinien emittierten in Krisenzeiten Landkreise, Städte etc. ihre eigene Währung. Ob es soweit kommt, hängt von der griechischen Regierung ab. Jetzt sollte die griechische Regierung verstanden haben, dass sie mit keinerlei Unterstützung für ihren Sonderweg rechnen kann. Entweder ist sie in der kommenden Woche im Vorfeld des Treffens der Eurogruppe (Freitag) zu signifikanten Zugeständnissen bereit oder es drohen früher oder später der Zahlungsausfall gegenüber den externen Gläubigern und die zwangsweise Einführung einer Parallelwährung. Dabei müsste Griechenland den Euro-Währungsraum nicht notwendigerweise verlassen, die griechischen Banken hätten jedoch keinen Zugang mehr zu EZB-Liquidität. Daher wären wahrscheinlich Kapitalverkehrskontrollen bis zur Etablierung einer Parallelwährung notwendig. Es bleibt zu hoffen, dass die griechische Regierung endlich einlenkt und Schlimmeres für die griechische Bevölkerung verhindert.
Eurozone: gute Konjunktur
Über das Ausmaß der Ansteckungseffekte der griechischen Tragödie auf andere europäische Länder kann nur spekuliert werden. Aufgrund des EZB-Wertpapierkaufprogramms und des europäischen Rettungsschirms gibt es jedoch berechtigte Hoffnung, dass mögliche Ansteckungseffekte nur sehr gering ausfallen könnten. Zumal die europäische Wirtschaft weiter an Dynamik gewinnt und daher tendenziell widerstandsfähiger wird.
So zeigt die deutliche Belebung der Automobilumsätze seit September 2013, dass die Geldpolitik der EZB immer stärker wirkt. Autos und Wohnimmobilien sind langlebige Wirtschaftsgüter und daher sehr zinssensitiv. Beginnen die Autoumsätze in einem Niedrigzinsumfeld zu steigen, ist das ein Zeichen dafür, dass eine expansive Geldpolitik zunehmend in der Wirtschaft ankommt.
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