Anleihen aus südeuropäischen Ländern können im September auf neue Unterstützung hoffen. Denn Hinweise darauf mehren sich, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Zusammensetzung ihres großen Anleihekaufprogramms ändern wird. Lars Tranberg Rasmussen, Senior Analyst von Danske Invest, erläutert die Hintergründe.
22.08.2016 | 10:57 Uhr
Eine Änderung des Anleihekaufprogramms kann vor allem eine Hilfe für Staatsanleihen aus den sogenannten Peripheriemärkten der Europäischen Union (EU) sein. Jenen südeuropäischen Ländern also, die eine hohe Verschuldung aufweisen und deren Anleihen im Verhältnis zu deutschen Zinspapieren mit einem Zinsaufschlag gehandelt werden.
„Wir erwarten, dass die EZB auf ihrer nächsten geldpolitischen Sitzung die Verlängerung des aktuellen Kaufprogramms für Anleihen, das ursprünglich im März 2017 auslaufen sollte, bekannt geben wird. Dennso wie bisher kann nicht weiter verfahren werden. Daher muss die EZB ihre Kaufpolitik dringend ändern“, stellt Rasmussen fest. Noch ist allerdings unklar, wie die Pläne für die Zukunft aussehen. Der Experte von Danske Invest erwartet, dass die EZB die Peripheriemärkte auf eine andere Art unterstützen wird.
Zurzeit folgt das Programm folgendem Verteilungsschlüssel: Die Höhe des Bruttoinlandsprodukts (BIP) eines Staates bestimmt, wie viele Anleihen in dem jeweiligen Land aufgekauft werden. Da Deutschland wirtschaftlich gesehen größtes EU-Mitglied ist, wurden in der Vergangenheit vor allem deutsche Anleihen erworben. Gleichzeitig kann die EZB jedoch nur bis zu 33 Prozent einer emittierten Anleihen-Serie erwerben. Zudem darf die Zentralbank keine Anleihen abnehmen, deren Zinssatz unter minus 0,4 Prozent liegt – was dem derzeitigen EZB-Einlagenzinssatz entspricht.
Negative Zinsen erhöhen das Risiko
Da deutsche Staatsanleihen bei einer siebenjährigen Laufzeit aktuell zu einem Zinssatz gehandeltwerden, der niedriger als minus 0,4 Prozent ist, muss die EZB verstärkt längere Laufzeiten beim Erwerb deutscher Papiere akzeptieren. Dadurch erhöht sich das Kaufrisiko der Anleihen.
Zur Änderung des Schlüssels für das Kaufprogramm stehen der Notenbank nach Ansicht von Rasmussen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung: „Die EZB sollte davon absehen, sich ausschließlich nach dem BIP zu richten. Sie könnte stattdessen die 33 Prozent-Grenze in jeder Bond-Reihe ausweiten und den Kauf von Anleihen mit einem noch niedrigeren Zinssatz als minus 0,4 Prozent zulassen. Auch ein ganz anderer Weg ist möglich: So könnte beispielsweise die Höhe der Verschuldung in den Euro-Ländern bestimmen, wie viele Anleihen in den verschiedenen Staaten gekauft werden.“ Der dänische Investment-Experte erwartet, dass sich das Ergebnis aus diesen verschiedenen Parametern zusammensetzen wird.
Hilfe für die Peripheriemärkte
Passt die EZB ihre Käufe der Verschuldung an, wird dies zu einem verstärkten Fokus auf französische und italienische Staatsanleihen führen, ist sich Rasmussen sicher. Dadurch würden die Renditen für diese Papiere fallen.
„Sollte die EZB verstärkt Anleihen aus den Peripherieländern erwerben und auch weiterhin Flexibilität bei ihrem Kaufprogramm zeigen, würde dies für eine positive Haltung gegenüber den Anleihen anderer südeuropäischer Länder sorgen. Zudem kann diese Maßnahme dazu führen, dass weitere Zinssenkungen für portugiesische und spanische Staatsanleihen vorgenommen werden“, analysiert der Experte.
Mit den daraus entstehenden billigeren Krediten könnte das Wachstum in Südeuropa beschleunigt werden. „Genau diese Wirkung erhofft sich die EZB durch die Unterstützung der südeuropäischen Märkte“, ist Rasmussen überzeugt. „Als privater Investor kann man die Richtung, die die EZB vorgibt,verfolgen und sich in den Windschatten der Zentralbank-Maßnahmen legen.“
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