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Schroders: Was bedeutet eine Pattsituation für die Märkte?

Nach dem überraschenden Ergebnis der Parlamentswahlen in Großbritannien beleuchten die Schroders-Experten Azad Zangana, Alix Stewart und David Docherty die Folgen für die Wirtschaft und die Märkte.

12.06.2017 | 09:47 Uhr

(Foto: Azad Zangana, Volkswirt; David Docherty, Fondsmanager Britische Aktien; Alix Stewart, Fonds managerin Fixed Income)

Azad Zangana, Senior-Volkswirt Europa bei Schroders:
Aus Sicht der Wirtschaft: Von der Krönung zum Wettstreit und zur Kapitulation
„Das ist ein verheerendes Ergebnis für Großbritanniens konservative Partei, die sich Fragen über die Zukunft von Theresa May als Premierministerin stellen muss. Als größte Partei nach den Wahlen werden die Konservativen wahrscheinlich mit einer Minderheitsregierung an der Macht bleiben und sich auf die Zuversicht und die Stimmen freundlich gesinnter Oppositionsmitglieder im Parlament stützen. Das bedeutet eine weniger stabile Regierung, die selbst bei einfachen Gesetzesänderungen gezwungen sein wird, Zugeständnisse zu machen und einen Konsens herzustellen.”

Was das Wahlergebnis für die Wirtschaft bedeutet
„Was die Wirtschaft angeht, werden Privathaushalte und Unternehmen über die zunehmende politische Unsicherheit besorgt sein. Allerdings bedeuten die schwierigen Mehrheitsverhältnisse in Westminster auch, dass es weniger Änderungen in der Finanz- und Wirtschaftspolitik geben wird. Dennoch erwarten wir einen Rückgang der Haushaltsausgaben und Unternehmensinvestitionen, wodurch sich die derzeitige Wachstumsverlangsamung verschärfen wird.”

Auswirkungen auf das Pfund und die Geldpolitik der britischen Notenbank
„Das Pfund hat weniger stark abgewertet, als dies angesichts der Pattsituation im Parlament zu erwarten war. Allerdings wird der niedrigere Wechselkurs der britischen Währung die Inflation etwas stärker erhöhen als zuvor prognostiziert, was sich wiederum leicht negativ auf die Haushaltsausgaben auswirken wird.

Die britische Notenbank wird ihre Geldpolitik auf kurze Sicht wahrscheinlich nicht verändern, den Märkten aber versichern, dass sie bereit ist zu handeln, wenn es zu finanzieller Instabilität kommen sollte.

Mittelfristig besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine Minderheitsregierung der konservativen Partei sich möglicherweise nicht länger als ein Jahr halten können wird. Sie dürfte Probleme haben, Gesetze im Finanzbereich zu verabschieden.“

Wie geht es mit dem Brexit weiter?
„Was den Brexit betrifft, ist die Verhandlungsposition Großbritanniens ernsthaft beschädigt. Ohne ein starkes Mandat auf britischer Seite kann Europa die Forderungen Großbritanniens ignorieren. Selbst die Ankündigung, die Verhandlungen ggf. abzubrechen, erscheint jetzt als leere Drohung, für die es in der britischen Öffentlichkeit keine Unterstützung gibt.”

David Docherty, Fondsmanager für britische Aktien bei Schroders:
Aus Sicht der Aktienmärkte: Unternehmen, die Gewinne im Ausland erzielen, werden möglicherweise von der Pfund-Schwäche profitieren
„Selbst wenn es der konservativen Partei gelingt, eine Regierung zu bilden, ist Theresa Mays Autorität und ihre Fähigkeit, über den Brexit zu verhandeln, durch das Wahlergebnis erheblich geschwächt.”

Welche Unternehmen im FTSE dürften zu den Gewinnern und welche zu den Verlierern zählen? 
„Zunächst dürfte es bei britischen Aktien eine Flucht in sichere Papiere geben, da die Anleger robuste Unternehmen bevorzugen werden, die Gewinne im Ausland erwirtschaften.

Stark konjunkturabhängige, heimische Konsumgüterunternehmen wie Einzelhändler mit breitem Sortiment könnten unter einem schwächer werdenden Pfund zu leiden haben. Denn Wechselkursveränderungen wirken sich auf ihre Margen und die real verfügbaren Einkommen ihrer Kunden aus. Andere inländische Finanztitel wie Aktien von Banken, Wohnungsbau- und sonstigen Immobilienunternehmen könnten ebenfalls nachgeben.”

Brexit, Steuern und Wiederverstaatlichung?
„Längerfristig ist eine Erholung des Pfunds möglich, falls der Markt eine geringere Wahrscheinlichkeit wahrnimmt, dass es tatsächlich zum Brexit kommen wird. Auch das Wachstum könnte sich wieder besser entwickeln, weil sich die Oppositionsparteien für höhere öffentliche Ausgaben einsetzen.

Da die Labour-Partei jetzt der Macht nähergekommen ist, werden die Anleger zunächst versuchen abzuschätzen, wie sich die in ihrem Wahlprogramm vorgesehenen höheren Steuern und eine deutlich stärkere staatliche Intervention (einschließlich der Verstaatlichung von Betrieben) auf die Unternehmen auswirken werden.
Auch wenn diese politischen Ereignisse Anlass für hitzige Diskussionen sein werden, werden Anleger sie im Zusammenhang mit anderen Faktoren betrachten. Hierzu gehören die allgemeine Weltwirtschaftslage, das Bewertungsniveau britischer Aktien und Überlegungen zu einer Aktienauswahl nach der Bottom-up-Methode.”

Alix Stewart, Fondsmanager im Rentenbereich bei Schroders:
Aus Sicht der Rentenmärkte: Es wird eine Inflationszunahme erwartet
„Ein Risiko, das aus dem heutigen Wahlergebnis resultiert, ist, dass die Preise stärker steigen dürften, als zuvor erwartet worden war. Dies wird wahrscheinlich die Folge höherer Staatsausgaben in Verbindung mit einem schwächeren Pfund sein.“

Ausblick für Anleihen
„Der Ausblick für britische Staatsanleihen ist unsicherer geworden. Allerdings dürfte es zumindest anfänglich zu einer Verkaufswelle kommen, da die Anleger für diese Papiere höhere Renditen verlangen werden. Das liegt an der zu erwartenden Inflationszunahme sowie daran, dass höhere Staatsausgaben eine stärkere Mittelaufnahme an den Anleihemärkten erfordern.

Längerfristig sollten sich britische Staatsanleihen jedoch in den politischen Turbulenzen, die bereits im Vorfeld der Brexit-Verhandlungen ausgelöst worden sind, weiterhin gut behaupten.”

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