Kann der große Wurf gelingen? - EU: Fiskalunion, Eurobonds & Bankenunion auf der Agenda
22.06.2012 | 16:27 Uhr
In den vergangenen zwei Jahren verliefen EU-Gipfel immer nach demselben Muster: große Hoffnungen im Vorfeld – und Enttäuschungen als eine Folge der nur halbherzigen Maßnahmen danach. Wir sehen ein gewisses Risiko, dass sich dieses Muster auch beim kommenden EU-Gipfel (Donnerstag) fortsetzen wird. Im aktuellen Umfeld ist jedoch der Druck auf die Politik deutlich stärker als bei den vergangenen EU-Gipfeln. Die anhaltende Kapitalflucht in den Ländern an der Peripherie der Eurozone droht die Europäische Währungsunion früher oder später zu sprengen.
Deutschland scheint bisher die Strategie verfolgt zu haben, alle – von den anderen Euro-Mitgliedsländern vorgeschlagenen – Hilfen zu blockieren, um die von Turbulenzen betroffenen Staaten unter den Rettungsschirm zu zwingen. Länder unter dem Rettungsschirm erhalten eine günstige Finanzierung ihrer Staatsfinanzen, stehen jedoch unter der ständigen Kontrolle der Troika aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission und können nur noch eingeschränkt souverän über ihre Fiskalpolitik entscheiden.
Die bisherigen Vorschläge zur Lösung der Staatsschuldenkrise beinhalteten eine günstigere Finanzierung für die Staaten an der Peripherie der Eurozone, jedoch ohne gleichzeitige Aufgabe der Souveränität, was aus deutscher Sicht unakzeptabel ist. Nach Aussagen mehrerer deutscher Politiker wird Deutschland nur die Emission von Eurobonds im Rahmen einer Fiskalunion akzeptieren, das heißt, wenn jeder Euro-Mitgliedsstaat einen Teil seiner Souveränität über die Haushaltspolitik abgibt. EZB-Präsident Draghi äußerte sich zuletzt sehr optimistisch, dass es den verantwortlichen Politikern gelingen wird, sich auf dem EU-Gipfel auf einen Fahrplan für eine Fiskalunion, Eurobonds sowie eine Bankenunion zu einigen. Den Fahrplan umzusetzen würde zwar sehr wahrscheinlich mehrere Jahre dauern, könnte jedoch schon jetzt die hohe Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Europäischen Währungsunion reduzieren, da ein Weg in die Zukunft vorgezeichnet wäre. Darüber hinaus würde ein glaubwürdiger Fahrplan es der EZB erleichtern, umfangreiche Liquiditätsschritte einzuleiten und damit der Politik die notwendige Zeit zu verschaffen, um den Fahrplan auch umsetzen zu können.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit dürften die Politiker auf dem EU-Gipfel auch ein Wachstumspaket von 100 Mrd. EUR schnüren. Das Paket dürfte Projektbonds, EU-Strukturhilfen und Kredite der Europäischen Investitionsbank (EIB) umfassen. Dazu dürfte gleichzeitig das Kapital der EIB um 10 Mrd. EUR erhöht werden. Die Notwendigkeit für konjunkturstimulierende Programme wurde durch die zuletzt sehr schwachen Wirtschaftsdaten untermauert. Auch der Economic Sentiment Indicator (Donnerstag) dürfte mit einem Rückgang im Juni die Wachstumsprobleme in der Eurozone verdeutlichen. Ein Grund für die Wirtschaftsprobleme in der Eurozone liegt in der Kreditklemme in vielen Euro-Mitgliedsländern. Vor diesem Hintergrund dürften die Geldmengen- und Kreditdaten im Mai (Freitag) im Vergleich zum Vormonat schwächer ausgefallen sein.
USA: Wachstumsausblick mit Fragezeichen
Die zuletzt enttäuschenden Konjunkturdaten aus den USA befeuerten wieder die Ängste der Investoren, der gerade erst wieder angesprungene Konjunkturmotor könnte wieder ins Stottern geraten. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die US-Konjunkturdaten nach wie vor durch die saisonale Bereinigung verzerrt sind. Im ersten Quartal überzeichneten die Daten aufgrund des milden Winters die Wachstumsdynamik. Im zweiten Quartal wird sich ein statistischer Rückpralleffekt mit einer Unterzeichnung bemerkbar machen. Insgesamt gehen wir weiterhin davon aus, dass die Wirtschaft in den USA stabil um 1,5 % bis 2 % wachsen wird. Auch die Daten in der kommenden Woche – Neubauverkäufe (Montag), Verbrauchervertrauen (Dienstag) und Auftragseingänge (Mittwoch) – dürften ein gemischtes Bild der US-Konjunktur zeigen.
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