Die niedrigen Zinsen sorgen bei Lebensversicherungen für erheblichen Renditeschwund. Deshalb plant die Bundesregierung, die Provisionen von Finanzvermittlern zu kürzen. Eine aktuelle Studie stellt die Wirkung eines solchen Gesetzes infrage.
29.10.2019 | 07:30 Uhr
Die Zinsen befinden sich seit Jahren auf einem Rekordtief. Bundesanleihen sind mittlerweile sogar negativ verzinst. Das hat für Sparer, die Lebens- und private Rentenversicherungen abschließen, natürlich Konsequenzen: Mit den Zinsen schwinden die Renditen. Deshalb will die Bundesregierung die Abschlussprovisionen bei Lebens- und Rentenversicherungen kürzen. Die Idee dahinter: Der geplante Provisionsdeckel soll die Renditeminderungen durch niedrige Zinsen kompensieren.
Würde die Idee wie geplant umgesetzt werden, wäre es ein erstaunlicher Eingriff des Gesetzgebers. Die Gestaltungsfreiheit von Verträgen dauerhaft einzuschränken, um eine volatile Marktentwicklung abzufangen: Dafür gibt es in der Geschichte der Bundesrepublik kein Vorbild, das langfristig nutzbringend gewesen wäre. Und auch der Nutzen dieser Idee ist umstritten. So zeigt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA), dass die Wirkung des Provisionsdeckels auf die Rentenhöhe und Rendite von Versicherungsverträgen offensichtlich deutlich überschätzt wird.
Im DIA-Dossier „Provisionskürzung zur Kompensation des Niedrigzinses – zielführend und angebracht?“ werden Modellrechnungen für unterschiedliche Rentenversicherungsprodukte (Sofortrente, Neue klassische Rente, Indexgebundene Rente) marktrepräsentativer Anbieter durchgeführt. So wird die die Rentenhöhe bei unterschiedlichen Provisionssätzen vergleichen.
Berechnet wurde in der Studie zum einen die Rentenhöhe einmal für einen Provisionssatz von 40 Promille. Das entspricht einer Erhebung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zufolge in etwa dem derzeitigen Stand. Der BaFin-Erhebung zufolge leisteten die Versicherungsunternehmen für das Neugeschäft 2017 vertriebswegeübergreifend Abschlussprovisionen von durchschnittlich 37,74 Promille.
In einer zweiten Berechnung ermittelten die Autoren die Renten bei einer Provision von 25 Promille. Diese Höhe soll für den von der Bundesregierung geplanten Provisionsdeckel gelten.
Die Ergebnisse des Vergleichs sind ernüchternd. Je nach Produkt liegt die Differenz der monatlichen Renten laut DIA-Untersuchung zwischen 4,86 Euro und 7,25 Euro. Der Renditeeffekt liegt zwischen 0,09 Prozent und 0,16 Prozent.
Die Autoren des Dossiers machen noch auf einen weiteren Faktor aufmerksam, der den geplanten Provisionsdeckel ins Leere laufen lässt. Nach Intention des Entwurfes des „Gesetzes zur Deckelung der Abschlussprovisionen von Lebensversicherungen und von Restschuldversicherungen“ sollen Vermittler für ihre Dienstleistung über 25 Promille hinaus eine zusätzliche Vergütung erhalten, wenn ihre Beratung die erforderliche Qualität aufweist.
Daher haben die Experten auch ausgewertet, ob die Kennziffern für eine solche Aufstockung sprechen. Da weder Stornoquote noch Beschwerdequote Anlass dafür liefern, in großer Breite die Güte der Beratung zu beanstanden, gehen sie davon aus, dass die überwiegende Mehrzahl der Vermittler Anspruch auf die zusätzliche Vergütung hätte. Somit würde sich am Niveau der Abschlussprovision im Vergleich zum gegenwärtigen Stand nichts ändern.
Fazit: Der Referentenentwurf zu Deckelung von Abschlussprovisionen hat zwei Schwachstellen: Die geplante Kürzung wirkt sich kaum auf die Renditen aus. Und die Möglichkeit der zusätzlichen Vergütung für eine qualitativ gute Beratung öffnet die Tür zu einer Provisionsaufstockung. Unter dem Strich verfehlt der Entwurf komplett sein Ziel.
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