Grüne Anleihen sind derzeit wohl das bekannteste Instrument in Sachen Green Finance: Die Anleihen, deren Erlöse ausschließlich für nachhaltige Projekte eingesetzt werden sollen, haben zuletzt großen Zulauf erlebt.
05.10.2020 | 13:26 Uhr
Grüne Anleihen sind derzeit wohl das bekannteste Instrument in Sachen Green Finance: Die Anleihen, deren Erlöse ausschließlich für nachhaltige Projekte eingesetzt werden sollen, haben zuletzt großen Zulauf erlebt. Laut der Climate Bonds Initiative betrug das Emissionsvolumen 2019 weltweit bereits 257,5 Milliarden US-Dollar, für 2020 werden womöglich rund 350 Milliarden US-Dollar erwartet.
Deutschland hat Anfang September seine erste grüne Staatsanleihe platziert – die Nachfrage der Investoren war enorm. Mit einem Gesamtvolumen von 6,5 Milliarden Euro lag der Emissionserlös nahe der Obergrenze. Vor allem wegen ihres Konzepts als „Zwillingsanleihe“ fand die grüne Bundesanleihe weltweit viel Beachtung: Für jeden „Green Bond“ wird auch eine konventionelle Anleihe mit gleicher Laufzeit und gleichem Kuponzins emittiert. So haben Investoren jederzeit Preistransparenz und können sehen, wie teuer oder günstig die grüne Anleihe im Vergleich ist.
Deutschland ist damit später dran als seine Nachbarn. Frankreich, Belgien, Irland, die Niederlande oder Polen haben bereits grüne Zinspapiere am Markt. Doch der Ausbau erfolgt mit Nachdruck: Auf die September-Emission könnte im vierten Quartal 2020 eine zweite erfolgen, voraussichtlich mit einer Laufzeit von fünf Jahren. Mit diesen grünen Anleihen wird die Eurozone sechs Green Bonds mit Laufzeiten von 5 bis 20 Jahren und Ratings von AA bis AAA haben, mit einem ausstehenden Gesamtbetrag von fast 60 Milliarden Euro. Nicht zuletzt plant Deutschland, im Jahr 2020 grüne Anleihen im Wert von 8 bis 12 Milliarden Euro auszugeben, mit anderen Worten: Bis zu 20 Prozent der gesamten ausstehenden grünen Staatsanleihen der Eurozone.
„Green Bonds sind nicht länger ein Nischenmarkt. Die bisherigen Zahlen sind bereits durchaus signifikant“ , erklärt Hagen Schremmer, CEO von BNP Paribas Asset Management Deutschland. „Und dies noch bevor die Europäische Union Mitte September erklärte, für den Corona-Wiederaufbau grüne Bonds im Wert von 225 Milliarden Euro auszugeben.“ Wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ankündigte, sollen bei der anstehenden Mittelbeschaffung 30 Prozent der insgesamt 750 Milliarden Euro über grüne Anleihen eingenommen werden. „Das ist ein Wendepunkt für den expandierenden Markt“, so Schremmer weiter.
Warum Anleger jetzt in Green Bonds investieren sollten, erklärt Arnaud-Guilhem Lamy, Spezialist für Anleihen und Nachhaltiges Investieren (SRI) im Team von BNP Paribas Asset Management: „In finanzieller Hinsicht bieten grüne Anleihen genau die gleichen Merkmale wie klassische Anleihen – das heißt, der ökologische Mehrwert ist kostenlos. Dazu kommt: Der Markt insgesamt ist erwachsen geworden. Noch vor wenigen Jahren herrschte ein ausgeprägter Hang zu Anleihen der öffentlichen Hand. Heute decken grüne Anleihen ein breites Spektrum von Emittenten aus verschiedenen Sektoren und Ländern ab; sie bieten echte Diversifizierung.“
Ein Selbstläufer ist die Asset-Klasse aber nicht: Ein gesetzliches Regelwerk für grüne Anleihen gibt es noch nicht, nur die „Green Bond Principles“ als freiwillige Richtlinien. Prinzipiell kann jeder Anbieter Green Bonds ausgeben. Anleger müssen also genau prüfen, wo ihr Geld hinfließt und dem Anbieter vertrauen, dass er es dem vereinbarten Zweck zuführt. Die SRI-Experten von BNP Paribas Asset Management, die aktuell etwa 1,3 Milliarden Euro in Green Bonds verwalten, begegnen diesen Herausforderungen mit einem besonderen Investment-Ansatz, ihrem „Screening for Green“.
Um die Nachhaltigkeit einer Anleihe vor dem Kauf für ihren „Green Bond Fund“ zu prüfen, sind die Fondsmanager bei jedem Emittenten zum Gespräch vor Ort. Dazu kommen regelmäßige Treffen zur laufenden Beobachtung der gewünschten Effekte während der gesamten Laufzeit der Anleihe. Die Manager beschränken sich bei der Wahl ihrer Investments also nicht nur auf die Ex-ante-Bewertung im Vorfeld. Emittenten, die ein Jahr nach der Emission ihrer Anleihe noch keinen detaillierten Impact Report geliefert haben, werden auch aus dem Investment-Universum ausgeschlossen. Lamy: „Unserer Ansicht nach ist es wichtig, dass grüne Projekte aus Sektoren stammen, die intuitiv als ‚nicht nachhaltig‘ empfunden werden – wie etwa der Versorgungssektor oder die Automobilindustrie. Unternehmen, die solche Projekte in Angriff nehmen, handeln vorbildlich und können oft rasche Erfolge erzielen. Damit schaffen sie auch langfristig einen Mehrwert für Anleger. Darauf wollen wir hinwirken.“
Der junge Green Bond Fund hat seit der Auflegung 2017 über 688
Millionen Euro eingesammelt (Stand: September 2020) und hält überwiegend
Papiere öffentlicher Emittenten. Dazu kommen Unternehmensanleihen von
Versorgern, Finanzinstituten und Industriekonzernen, wie etwa Apple oder
Toyota. Der Fonds investiert weltweit mindestens 83,5 Prozent seines
Vermögens in Anleihen, die als „grün“ deklariert sind. Im Schnitt
bringen die derzeit 152 Positionen im Portfolio 0,21 Prozent
Effektivverzinsung (Yield to maturity, Stand: August 2020).
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