Über Jahre hatten Anleger Qualitätsaktien aus Europa den Vorzug gegeben – koste es, was es wolle –, und Alternativen die kalte Schulter gezeigt. Seit 2007 hatten Wachstumstitel, auch Growth-Aktien genannt, die Nase vorn, denn wegen des anhaltenden Niedrigzinsumfelds warfen andere Vermögensanlagen wie Tagesgeld und Anleihen immer weniger Rendite ab.
03.04.2017 | 15:33 Uhr
Das wiederum erhöhte den Reiz von Titeln, die solide, verlässliche Erträge versprachen, allen voran die FANG-Aktien Facebook, Amazon, Netflix und Google. Diese anhaltende Tendenz zu Wachstumswerten ließ die Schere zwischen Growth- und Value-Aktien, auch als Substanzwerte bezeichnet, weit aufgehen.
Aber in der zweiten Hälfte des letzten Jahres wurde plötzlich und hörbar ein anderer Ton angeschlagen. Viele Aktien von Qualitätswachstumsunternehmen, die aus unserer Sicht schon zu Beginn des letzten Jahres völlig überteuert waren, verloren an Boden. Zykliker wie Energie- und Finanzwerte dagegen erlebten ein Comeback. Dafür gibt es zahlreiche Gründe, im Wesentlichen aber die folgenden drei: der Druck auf amtierende Politiker, angesichts des zunehmenden Populismus die Sparzügel zu lockern, die Aussicht auf eine langfristige fiskalische Stimulierung und die strukturell bedingte Schwäche an den Anleihemärkten, ausgelöst durch einseitige Positionierung und begleitet von der Möglichkeit wieder steigender Zinsen und einer Rückkehr der Inflation.
Wo können Anleger derzeit Wertpotenzial finden?
Viele hatten erwartet, dass sich die Rotation aus Growth- in Value-Werte auch 2017 fortsetzen würde. Aber in Europa sorgten Erstere mit ihrer Outperformance in diesem Jahr (Stand: 22. März) für eine Überraschung. War das Wiedererwachen der Value-Aktien also nur ein kurzes, heftiges Strohfeuer oder doch Vorbote einer längerfristigen Neuausrichtung? Dass der reflationäre Druck anhält, ist jedenfalls keine ausgemachte Sache. Dass der reflationäre Druck anhält, ist jedenfalls keine ausgemachte Sache. Und bislang wird der inflationäre Einfluss höherer Ölpreise nicht von höheren Löhnen begleitet, die langfristig den Preisauftrieb anfachen.Dass der reflationäre Druck anhält, ist jedenfalls keine ausgemachte Sache. Dennoch gehören europäische Value-Aktien in diesem Jahr zweifellos zu den interessanteren Anlagechancen abseits des Mainstreams.
Auch rein intuitiv spricht viel für eine auf längere Sicht überdurchschnittliche Wertentwicklung von Substanzaktien. Der Kauf unterbewerteter Aktien dürfte sich über längere Zeiträume betrachtet durchaus lohnen, vorausgesetzt man meidet problematische Werte, d.h. Firmen, die stagnieren bzw. deren Fundamentaldaten sich verschlechtern. In den Ländern Europas, die den Euro als Zahlungswährung haben, sind wir zuversichtlich für Branchen wie Industrie und Werkstoffe, ausgenommen Verbrauchsgüter und Telekommunikation. Unser Fokus liegt dabei besonders auf den Kernmärkten Frankreich und Deutschland. Auf paneuropäischer Ebene und außerhalb der Industriebranche sehen wir zahlreiche gute Anlagechancen im IT-Sektor und vereinzelt interessante Möglichkeiten in den Bereichen Versorger und zyklische Konsumgüter.
Das Jahr des politischen Theaters
Europas Märkte folgen in diesem Jahr bislang den Vorgaben ihres amerikanischen Pendants und blenden mögliche Probleme im Zusammenhang mit den diesjährigen Wahlen auf dem alten Kontinent aus. Unterdessen verläuft die Berichtssaison bisher weitgehend erfreulich bei insgesamt geringen Kursausschlägen an den Aktienmärkten. 2017 stehen einige wichtige politische Ereignisse bevor. Nach den Wahlen in den Niederlanden wird als Nächstes der Urnengang in Frankreich die Aufmerksamkeit der Anleger auf sich ziehen. Dass Marine Le Pen, die Chefin des rechtsextremen, einwanderungsfeindlichen Front National, die Wahl gewinnen könnte, ist zwar unwahrscheinlich. Aber man muss sich nur den jüngsten Popularitätseinbruch des Mitfavoriten François Fillon vor Augen führen, um zu verstehen, wie rasant sich die Dinge ändern können.
Anleger sollten jedoch keine Angst vor Volatilität an den Aktienmärkten haben, gehen mit ihr doch interessante Chancen für eine Anlage in attraktiv bewertete Qualitätsunternehmen einher, an deren längerfristiger Erholung sie partizipieren können. Rational gesehen erfordert das Value-Investing eine längere Perspektive, bei der Unternehmen nicht anhand unvorhersehbarer kurzzeitiger Trends oder Stimmungen beurteilt werden. Indem wir uns auf fundierte Analysen von Unternehmens- und Marktdaten konzentrieren, sind wir in der Lage, Unternehmen mit unterschätztem Potenzial über einen Marktzyklus aufzuspüren.
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