Das Geschäft mit Pflegeheimen in Deutschland boomt. Großinvestoren aus dem In- und Ausland schlagen sich um diesen Gebäudetyp. Die Manager von Fonds, Aktiengesellschaften, Versicherungen und Versorgungswerken versprechen sich davon etwas bessere Renditen als von Bürohäusern, Wohnungen und Supermärkten.
20.03.2019 | 08:47 Uhr von «Bernhard Bomke»
2018 wechselten Pflegeheime für insgesamt gut 2,1 Milliarden Euro den Besitzer, hat CBRE gezählt. Das war der zweithöchste Jahreswert, den der internationale Maklerkonzern je ermittelt hat. Es kommen noch viele Millionen Euro dazu, denn CBRE erfasst nicht das, wofür sich immer mehr Privatanleger interessieren: den direkten Kauf einzelner Pflegeapartments. "Ich gehe davon aus, dass Privatanleger im vergangenen Jahr mehr als 500 Millionen Euro in Pflegeapartments investiert haben", sagt Markus Bienentreu. Er ist Geschäftsführer der Kölner Terranus. Das Unternehmen hat als Berater und Vermittler fast ausschließlich mit Großinvestoren zu tun.
Der Kauf einzelner Apartments in Pflegeheimen ist jedoch nur eine Variante, wie Privatpersonen in Pflegeimmobilien investieren können. Es gibt noch eine zweite: Ab 10 000 Euro ist es möglich, sich an einem Geschlossenen Pflegeheimfonds zu beteiligen.
Pflegeapartments gibt es ab etwa 120 000
Euro, sagt Rolf Specht, Gründer und Geschäftsführer der Bremer Specht
Gruppe. Der Geschäftsmann hat seit 1988 etwa 4000 Pflegeapartments
verkauft - im Regelfall an Privatiers. "Verluste
hat damit noch keiner unserer Käufer gemacht", betont er. Sein
Unternehmen baut selbst Pflegeheime und springt als Betreiber ein, falls
mal ein Pächter ausfällt. "Das war bei uns bislang viermal der Fall."
Die Sache mit dem Betreiber ist nicht das
einzige, was eine Anlage in Pflegeapartments von der Investition in
Eigentumswohnungen unterscheidet. "Die Mietrenditen bei Wohnungen liegen
in der Regel unter denen von Pflegeapartments",
sagt Specht. Er nennt als typischen Wert für die von ihm vertriebenen
Objekte Mietrenditen von 4,5 Prozent im Jahr. Bei Wohnungen an
nachgefragten Standorten seien es oftmals nur 3,5 Prozent, wenn
überhaupt. Allerdings gebe es bei Eigentumswohnungen eine Chance
auf Wertsteigerungen. Die habe man bei Pflegeapartments eher nicht.
Bienentreu, der anders als Specht nicht
viel vom Verkauf einzelner Apartments an Anleger hält, rechnet anders.
"Ein Pflegeapartment sollte schon mindestens zwei Prozentpunkte mehr
Rendite abwerfen als eine Eigentumswohnung." Aus
seiner Sicht stecken in Pflegeimmobilien deutlich höhere Risiken als in
Wohnungen, allein schon deswegen, weil es für ein Seniorenheim einen
Betreiber braucht. Geht der pleite, haben die Eigentümer der
Pflegeapartments ein Problem.
Doch zurück zum Geschäft von Specht. Der
Bremer verkauft Pflegeapartments, die 20 bis 50 Quadratmeter haben. Als
typischen Preis nennt er das 22-Fache einer Jahresmiete. Damit liegt er
am unteren Ende der üblichen Preisspanne
im Einzelverkauf. Specht kritisiert andere Anbieter, die erstens
deutlich teurer verkaufen und zweitens so tun, als sei der Kauf eines
Pflegeapartments ein vom Staat garantiertes Investment. Das ist es trotz
Pflegeversicherung ganz und gar nicht.
•
Der Bedarf an Pflegeplätzen in Deutschland steigt. Experten halten in
den nächsten 20 Jahren einen Zuwachs an Pflegebetten von jährlich 10 000
bis 20 000 für erforderlich.
Die Nachfrage bleibt also voraussichtlich sehr hoch.
• Käufer werden im Grundbuch eingetragen.
Sie können ihr Pflegeapartment daher grundsätzlich jederzeit beleihen,
vererben, verschenken oder veräußern.
• Käufer müssen sich kaum um ihr Investment kümmern, da das Apartment im Regelfall für mindestens
20 Jahre an einen Pflegeheimbetreiber
vermietet ist. Dieser zahlt Mietnebenkosten wie Strom, Wasser, Heizung
und diverse Versicherungen. Der Eigentümer muss nur Geld für die
Instandhaltung von Dach und Fach zurücklegen. Das sollte
aber nicht zu knapp bemessen sein. Als empfehlenswert gelten jährlich
mindestens sieben Euro pro Quadratmeter - besser etwas mehr.
• Für die Vermietung an Pflegebedürftige sorgt der Betreiber.
• Eigentümer können die für Immobilien üblichen zwei Prozent Abschreibung im Jahr geltend machen.
• Jährliche Mietrenditen von zumeist etwa
vier bis fünf Prozent; Mieten sind in der Regel indexiert, sie steigen
also im Umfang der Inflationsrate.
• Bevorzugtes Belegungsrecht für Käufer, die selbst Bedarf an einem Pflegeplatz haben.
• Intransparenter Markt; für Berater und Käufer ist es schwer einzuschätzen, ob der Kaufpreis gerechtfertigt ist.
• Bei Missmanagement des Betreibers und zum Beispiel daraus folgenden Leerständen kann es zu Mietausfällen kommen.
• Geht ein Betreiber pleite, kann sich
die Suche nach einem neuen Betreiber schwierig gestalten. In der
Interimszeit kann es länger dauern, frei gewordene Plätze neu zu
belegen. Weiteres Risiko: Der neue Betreiber zahlt womöglich
weniger Miete.
• Der Gesetzgeber kann die Standards für Pflegeheime verschärfen. Das kann zu geringeren Einnahmen der Eigentümer führen.
• Der Markt für den Kauf von
Pflegeapartments ist nicht reguliert. Käufer tun also gut daran, sich
sehr gründlich zu informieren. Tipp: Vor dem Kauf einen Blick in die
Bilanz des Pflegeheimbetreibers werfen.
• Anders als bei Eigentumswohnungen gibt es in der Regel keine Aussicht auf Wertsteigerungen.
• Bei erforderlichen Arbeiten an Dach und
Fach braucht es einen Konsens mit allen anderen Eigentümern. Wollen
oder können einzelne Eigentümer nicht mitziehen, kann es sein, dass
dringend erforderliche Sanierungs oder Modernisierungsarbeiten
nicht ausgeführt werden können.
• Kritiker halten die jährlichen Mietrenditen von meist vier oder fünf Prozent mit Blick auf die Betreiberrisiken für zu gering.
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