„Impact Investing fristet aktuell ein Nischendasein“, konstatiert Dr. habil. Moritz Isenmann, Senior Impact und Sustainability Manager bei Invest in Visions.
19.07.2024 | 06:50 Uhr
Er
bezieht sich dabei
auf die Ergebnisse einer Umfrage, welche die Bundesinitiative Impact
Investing (BIII) durchgeführt hat. Die BIII hat das Volumen von „impact
generating“ Investments, also von Investitionen mit eigenem
Wirkungsbeitrag, für 2022 auf knapp 10 Milliarden Euro
beziffert.[1]Setzt
man dies ins Verhältnis zum
Volumen aller Fonds und Mandate in Deutschland, das laut BVI im selben
Jahr 3,8 Billionen Euro betrug, kommt man – den „Mainstream“-Phantasien
prominenter Branchenvertreter zum Trotz[2]
– auf einen Marktanteil von lediglich 0,26 Prozent. Was die Marktstudie
der BIII auch zeigt: Nur bei einem Drittel der Assets, auf denen Impact
stand, war auch Impact drin. Isenmann zeigt sich skeptisch: „Die enormen
Wachstumsraten, die andere Marktstudien
in den vergangenen Jahren nachweisen wollten[3],
beruhten wohl vor allem auf dem mehr gefühlten als nachweisbaren Impact der befragten Produktanbieter“.
Zugang für Kleinanleger möglich machen
„Ob
Impact Investing den Weg aus der Nische findet, wird sich nicht zuletzt
daran entscheiden, ob ‚echte‘ Impact Investments für Privatanleger
zugänglich gemacht werden können“,
sagt Isenmann. Es spiele auch eine Rolle, ob die öffentliche Hand bereit
sei, in Form von öffentlich-privaten Partnerschaften mehr Geld zur
Verfügung zu stellen, um das Risiko für institutionelle Investoren zu
reduzieren.Ersterem
gegenüber ist der Experte positiv gestimmt: „Es wurden neue
Fondsstrukturen geschaffen, über die Impact Investments nun auch für
Kleinanleger möglich sind.“ Hierzu gehören
beispielsweise das offene Infrastruktursondervermögen und insbesondere
der reformierte European Long-Term Investment Fund („ELTIF 2.0“), der
erstmals neben Mikrofinanzfonds die Darlehensvergabe als Haupttätigkeit
eines Publikumsfonds ermöglicht. „In Sachen
‚blended finance‘ hat sich hingegen leider nichts getan, obwohl der
erste Sustainable Finance Beirat in seinem Abschlussbericht 2021 für
eine Intensivierung geworben hat“, bedauert Isenmann. Bleibe nur zu
hoffen, dass der neu gewählte Sustainable Finance Beirat
das Thema wieder auf die Agenda setze.Isenmann
sieht eine weitere Voraussetzung: „Investoren müssen noch stärker als
bislang begreifen, dass Impact einen Wert hat, auch wenn er sich nicht
sofort in zusätzlicher Rendite
niederschlägt.“
Kapitalallokation im Fokus
Bedarf
an Investitionen mit einer nachweisbaren positiven Wirkung gibt es laut
Experten mehr als genug. Die jährliche Finanzierungslücke für das
Erreichen der SDGs im Globalen Süden
bis 2030 wird von der UNCTAD[4] mittlerweile
auf 4 Billionen US-Dollar geschätzt, die Hälfte davon im Bereich Energie und Infrastruktur.[5]„Impact
Investing könnte eine wichtige Rolle beim Schließen dieser Lücke
spielen“, so Isenmann. Die oft als „Königsklasse“ bezeichnete
nachhaltige Investitionsstrategie habe viel
Potenzial. Ob sich dieses jedoch entfalten könne, hänge von der
richtigen Weichenstellung ab. Isenmann
fordert: „Wenn Impact Investing künftig stärker zum Erreichen der SDGs
genutzt werden soll, muss man sich darauf besinnen, dass die eigentliche
Finanzierungslücke vor allem
durch die Allokation von Kapital geschlossen wird.“ Und dies könne weder
durch „wirkungskompatible“[6]
Investitionen, „beabsichtigte Impact-Investments“[7]oder
„gekauften Impact“[8]erreicht
werden. „Durch
derartige Begriffsschöpfungen kann das Label zwar für die
Marketingabteilungen der Mainstream-Anbieter nutzbar gemacht werden. Da
es sich aber um Investitionen ohne eigenen Wirkungsbeitrag (Investor
Impact) handelt, wird damit kein zusätzlicher Cent für Impact
Investing oder das Erreichen der SDGs mobilisiert“, resümiert der
Experte.
Regulatorische Hemmnisse abbauen
Der bevorzugte Weg für Investitionen mit eigenem Wirkungsbeitrag seien Investmentvehikel aus den alternativen Anlagebereichen wie Private Equity oder Private Debt, über die tatsächlich zusätzliches Kapital zur Verfügung gestellt werden kann. Wirkungsorientierte Privatmarkt-Investments waren aufgrund regulatorischer Hemmnisse lange Zeit jedoch kaum für Kleinanleger zugänglich. Sie konnten nur über geschlossene Spezialfonds mit Mindestanlagesummen im sechsstelligen Bereich sowie geringer Liquidität getätigt werden. „Von institutionellen Investoren werden sie aufgrund interner Richtlinien oft als zu risikoreich eingestuft. Und das gerade bei Investitionen in den Entwicklungs- und Schwellenländern, die am dringendsten benötigt werden“, erklärt Isenmann abschließend.
[1]Impact Investing in Deutschland 2022 - Marktstudie – Bundesinitiative Impact Investing (bundesinitiative-impact-investing.org)
[2]Impact Investing: Den Wirkungsgrad glaubwürdig messen – verbraucher-direkt.de
[3] Siehe beispielsweise die Marktberichte des Forums Nachhaltige Geldanlagen.
[5]SDG Investment Trends Monitor (Issue 4) (unctad.org)
[6]FNG_Spezial_Impact_Online_210913.pdf (forum-ng.org), S. 9.
[7]Investing for Impact (ifc.org), S. 13
.[8]*ESMA30-1668416927-2498 Progress Report on Greenwashing (europa.eu), S. 41.
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