"Familiengeführte Unternehmen sind sehr gute Investments in die Zukunft", sagt Andreas Lesniewicz, Fondsmanager des CONREN – Generations Family Business Equity. „Das hat sich in der COVID-19-Krise wiederum eindrucksvoll bestätigt.“
12.11.2021 | 07:10 Uhr
Andreas Lesniewicz im Interview zu seinen Lieblingstiteln aus 2021, Learnings von Familienunternehmen und seinen Erwartungen an das nächste Jahr.
Was waren in diesem Jahr Ihre Lieblingstitel im Fonds und warum?
Wir sind auf alle Unternehmen im Portfolio stolz, denn es ist spannend mitanzusehen, wie sich die Unternehmen entwickeln und die Corona-Krise mit Erfindungsreichtum und Unternehmertum meistern und somit die Kundenbeziehungen und die eigene Marktstellung stärken konnten. Außerdem fällt auf, wie diversifiziert das Feld ist. Viele Menschen denken, Familienunternehmen seien kleine oder mittelgroße Unternehmen ohne Bekanntheitsgrad. Das stimmt definitiv nicht. Familienunternehmen repräsentieren quasi die gesamte Wirtschaft! In Europa ist das größte Unternehmen nach Marktkapitalisierung ein Familienunternehmen und auch im DAX sind viele Familienunternehmen enthalten. Besonders spannend im Portfolio war in den letzten Monaten der Bereich Halbleitertechnik und Sensorik. Immer bessere Augen und spezialisiertere, schneller Gehirnkapazitäten für Autos, Handys, Computer, Maschinen, Künstliche Intelligenz und so weiter bleiben in einer sich digitalisierenden Welt gefragt – ein echter Supertrend. Hier haben wir in der Marktschwäche im letzten Jahr einen Schwerpunkt gesetzt und damit ein ganzes Bündel dieser „Hidden Champions“ im Portfolio, von denen zwei bereits mit Gewinn verkauft werden konnten. Auf der anderen Seite halten wir Unternehmen, die im Logistik-Bereich tätig sind und durch den Online-Handel und die weitere Automatisierung von Lieferketten profitieren– unabhängig davon wer Sie mit was zu Hause beliefert. Wir sind davon überzeugt, dass diese beiden Trends noch eine ganze Weile andauern werden. Zusätzlich möchte ich an dieser Stelle das Unternehmen Lotus Bakery aus Belgien nennen, welches von drei Brüdern in den 30er-Jahren gegründet wurde und nun in vierter Generation familiengeführt ist. Hier sieht man eindrucksvoll, dass ein Unternehmen mit einfachen Produkten wie beispielsweise Keksen und Eiscreme wahnsinnig erfolgreich sein kann, wenn es langfristig denken kann und einen guten Job im Management macht. Kürzlich hat es die Aufmerksamkeit weiterer Investorengruppen gewonnen, d.h. u.a. mehr Research-Analysten haben das Unternehmen nun auf ihre Listen genommen, sodass sich die Aktie sehr erfreulich entwickelt hat und die nächste Phase im Lebenszyklus des Unternehmens erreicht werden kann.
Jeder hat in den letzten Jahren sehr stark auf die FANG-Aktien geschaut. Warum sind Familienunternehmen ein guter Ausgleich?
FANG+-Aktien aus Amerika und auch die Technologie-Riesen aus China waren in den letzten Jahren auf allen Investorenlisten. Hierbei handelt es sich mitunter um fantastisch erfolgreiche Unternehmen. In den USA machten diese Titel um die 25% des S&P vor den Korrekturen aus! Doch aufgrund der schieren Unternehmensgröße, monopolistischen Geschäftsmodellen, Gegenwind vonseiten der Regulatorik und des Datenschutzes, aufgrund von Steuerthemen, der Umgehung von Arbeitnehmerrechten und wegen des Kaufes von vielen kleinen Unternehmen bekommen viele dieser Unternehmen mehr und mehr Gegenwind. Das haben wir jüngst nicht nur in China gesehen, wo die Regierung zumeist schneller und auch heftiger zuschlägt. Das heißt nicht, dass sie nicht ins Portfolio gehören, aber ich würde nicht ausschließlich auf diese Unternehmen setzen, vor allen Dingen nicht auf einem Markt, in dem sehr viel Geld in einzelne Ideen und einzelne Aktien fließt und in dem Bewertungen weniger Beachtung finden. Wenn Sie hauptsächlich Tech-Aktien aus den USA und China im Portfolio haben, müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass Sie ein Klumpenrisiko eingehen. Ergänzend kann man Werte aus Europa ins Depot aufnehmen, die ebenfalls erfolgreich auf die Zukunft setzen, auch wenn sie nicht der globale Monopolist in ihrem Sektor werden. In den oben beschriebenen Themenbereichen setzen wir zum Beispiel auf Logistikunternehmen, die unabhängig davon gewinnen, was oder wer Sie beliefert. Oder auf Hersteller von Sensoren und Mikrochips, die zum Beispiel in Autos der Zukunft gebraucht werden – egal wer dieses Auto wo kauft oder fährt, ob es in China, den USA oder Europa hergestellt wird, egal ob elektrisches Auto oder Benziner und auch egal ob es von Tesla, Mercedes oder welchem OEM auch immer gebaut wird.
Setzt man mit Familienunternehmen automatisch ausschließlich auf Value?
Nein, die meisten Familienunternehmen haben ähnliche Grundwerte, die zum Beispiel den Interessenkonflikt zwischen Management und Aktionären entschärfen oder zu einer gewissen Krisenresistenz führen. Danach kommt allerdings eine riesige Vielfalt. Es gibt Unternehmer, die so schillernd wie Elon Musk sind und solche, die niemand kennt, obwohl sie über Jahrzehnte viele, viele Patente angemeldet haben. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in den Anlagestilen wider. Sie können sowohl Value- als auch Growth-Titel finden! Vergleichen Sie börsengelistete Familienunternehmen in Europa in ihrer Gesamtheit mit europäischen Indizes, fällt Ihnen jedoch auf, dass Familienunternehmen in der Regel stärkere Bilanzen, eine bessere Cash-Position und eine höhere Rentabilität aufweisen (CONREN Studie zu börsengelisteten Familienunternehmen: conrenresearch.com/studie).
Wie wird sich die Wahl und der bevorstehende Regierungswechsel in Deutschland auf die Familienunternehmen in Deutschland/Europa auswirken?
Weltweit kann man sagen, dass die Politik immer wichtiger wird. Die Aussage: „Politische Börsen haben kurze Beine“ könnte langfristig bald nicht mehr stimmen. Das sehen wir auch in Deutschland: Weniger in Hinblick auf den Wahlausgang, sondern vielmehr in Hinblick auf die Themen im Wahlkampf und wie dieser begangen wurde. Der Staat greift immer mehr ein. Sei es im Sinne einer grünen Agenda, bei der Begrenzung von Mieten oder generell immer mehr Regulierung und immer mehr Vorgaben für Wirtschaft und Bürger. Wir sehen zudem zunehmenden Populismus und Nationalismus und damit die Gefahr von mehr und mehr geschlossenen Märkten. Bekannte Beispiele hierfür ist die Politik unter Trump, die jüngsten politischen Entscheidungen in China und der BREXIT in England. Das macht Politik zu einem echten Risiko für Märkte, einzelne Sektoren und auch für einzelne Unternehmen.
Was können wir von Familienunternehmen im nächsten Jahr erwarten?
Bisher haben sich die Aktien von Familienunternehmen in Europa in und nach der Börsenpanik letzten März noch besser und schneller entwickelt, als nach der großen Finanzkrise im Jahr 2009. Die Idee des eigentümergeführten Unternehmens und das Ziel, das Unternehmen noch stärker an die nächste Generation zu übergeben, hat in der Krise extrem gut funktioniert. Die eigentliche Outperformance im Zyklus könnten wir noch erwarten, sobald wir aus dem Ausnahmezustand zurück in einen eingeschwungenen Zustand gelangen. Also in den Zustand, in dem nicht alles durcheinandergewirbelt ist, wie es aktuell aufgrund der Delta-Variante, der verschobenen und gleichzeitig nach oben geschossener Nachfrage und der Rohstoffknappheit der Fall ist. Doch nicht alle Familienunternehmen sind ein Investment wert. In unserem Fonds CONREN-Generations Family Business Equity legen wir daher großen Wert auf die Einzeltitelauswahl. Auch daher verstärkt uns Laura Prina Cerai seit Neuestem als Fondsmanagerin mit der Funktion Head of Research.
Was würden Sie Privatinvestoren raten?
Privatinvestoren können sehr viel von Familienunternehmen lernen. Das hat auch diese Krise wieder einmal gezeigt. Eine Krise bietet auch immer eine Chance und ein großer Vorteil liegt in einer langfristigen Ausrichtung. Die Weltwirtschaft befindet sich aktuell weiter in einem Ausnahmezustand. Aktuell ist es schwierig einzuschätzen, ob man kurz- oder mittelfristig mit der Prognose für die Marktentwicklung richtig liegt, denn die Liquidität an den Märkten nimmt zu und auch die Anzahl an passiven- und Privatinvestoren steigt weiter an. Aktienkurse sind mitunter also mit Vorsicht zu genießen. Von Familienunternehmen kann man lernen, dass das dauernde kurzfristige Mitfiebern, das permanente Rein und Raus meist nicht zielführend ist und man stattdessen besser mit Ruhe überlegt und langfristig in interessante Themen und gute Unternehmen und eben in das Geschick von Unternehmerinnen und Unternehmer investiert.
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