„Die Hausse des Goldpreises kann zwei, drei oder mehr Jahre dauern“

„Die Hausse des Goldpreises kann zwei, drei oder mehr Jahre dauern“
Interview

Mark Burridge, Fondsmanager des mehrfach ausgezeichneten Bakersteel Precious Metals und des Bakersteel Electrum Fund, im TiAM FundResearch-Interview. Teil 2: Die Favoriten von Baker Steel im Rohstoffsektor

15.11.2024 | 07:55 Uhr

Zweiter Teil:

Wie ist Ihre aktuelle Meinung zu den Rohstoffmärkten?

Die Rohstoffmärkte sind seit jeher zyklisch, so dass Hausse-, Baisse- und Seitwärtsmärkte in der Regel einige Zeit andauern, wobei zu beachten ist, dass verschiedene einzelne Rohstoffe zu einem bestimmten Zeitpunkt unterschiedliche Entwicklungen aufweisen können. Einer der Gründe für diese Zyklizität ist das Wirtschaftswachstum, ein anderer liegt in der längerfristigen strukturellen Nachfrage- und Angebotsdynamik. Obwohl das globale Wirtschaftswachstum derzeit uneinheitlich ist, ist die Nachfrage nach einer Reihe wichtiger Metalle aufgrund von zwei wichtigen Makrotrends sehr stark gestiegen: Erstens befindet sich die Welt in einem bedeutenden Prozess der Energiewende von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien. Die wichtigste Triebkraft hierfür ist der politische Wille, in etwa sechs bis 25 Jahren, je nach Land/Wirtschaftsblock, einen Netto-CO2-Ausstoß zu erreichen. Der Inflation Reduction Act in den USA und der Green Energy Deal in der EU bieten wichtige steuerliche Anreize, um diese Ziele zu erreichen.

Und zweitens….?

…..erleben wir eine beispiellose Welle von Technologieinvestitionen, wie es sie seit der Einführung des Internets in den 1990er Jahren nicht mehr gegeben hat. KI, Cloud-Server-Kapazitäten und Robotik erfordern erhebliche Mengen an Kupfer, Stahl, Aluminium, Zink, seltenen Erden, Edelmetallen und anderen Metallen. Diese beiden Makrotrends werden für eine strukturell hohe Nachfrage nach vielen Metallen sorgen, während die produzierenden Minen, zumindest mittelfristig, nicht in der Lage sein werden, diese Nachfrage zu decken. Dies wiederum wird die Preise für Metalle und die Aktienkurse der Metallproduzenten in die Höhe treiben. Kurzfristig kann es jedoch bei bestimmten Metallen aus verschiedenen wirtschaftlichen, geopolitischen, bergbau- oder verbraucherbezogenen Gründen zu einem Überangebot kommen. Dies kann zu einer erhöhten Volatilität nach unten führen, weshalb ein von Experten gesteuerter, aktiver Managementansatz in dieser Anlageklasse von entscheidender Bedeutung ist.

Welche Metalle favorisieren Sie gerade?

Zurzeit bevorzugen wir Kupfer, Aluminium, Edelmetalle und Uran. Lithium und Seltenerdmetalle sind neutral und Nickel und Kobalt untergewichtet. Gold wird durch starke, strukturelle Käufe der EM-Zentralbanken und künftige Zinssenkungen gestützt, Kupfer durch Angebotsbeschränkungen und die laufende Energiewende sowie die KI-, Cloud- und Robotik-Revolution und Uran durch die Notwendigkeit einer dauerhaften Netto-Null-Energieversorgung, die die intermittierenden erneuerbaren Energiequellen ergänzt.

Wie stark kann der Goldpreis noch anziehen?

Normalerweise kann eine Hausse des Goldpreises zwei, drei oder mehr Jahre dauern. Dieser besondere Aufwärtszyklus ist etwa 14 Monate alt, so dass er allein aus historischer Sicht weiteres Aufwertungspotenzial erwarten lässt. Noch wichtiger ist jedoch, dass einer der wichtigsten Werttreiber für den derzeitigen Anstieg des Goldpreises, nämlich die Käufe der aufstrebenden Zentralbanken, weiter anhalten werden. Der zweite wichtige Werttreiber, die realen Zinssätze, haben gerade erst begonnen, ins Spiel zu kommen, da die beiden größten Volkswirtschaften der Welt, die USA und China, nun beide die Zinsen senken.

Wie beurteilen Sie den geldpolitischen Kurs der US-Notenbank?

Der Schwenk der Fed im September hin zu potenziell stärkeren Zinssenkungen machte deutlich, dass sie die Arbeitslosigkeit und nicht die Inflation als ihre oberste Priorität ansieht. Dies ist für den Edelmetallsektor von Bedeutung, da sich Zeiten sinkender US-Zinsen in der Vergangenheit sehr positiv auf Gold und Edelmetallminen ausgewirkt haben. Der Goldpreis ist während früherer Zinssenkungszyklen in den USA in der Regel um 50-60 Prozent gestiegen, und die positive Reaktion des Sektors auf den Beginn der geldpolitischen Lockerung deutet darauf hin, dass der Bullenmarkt noch einen langen Weg vor sich hat. Viele westliche Anleger bleiben an der Seitenlinie, doch die Nettozuflüsse in börsengehandelte Goldfonds in den letzten Monaten deuten darauf hin, dass sich die Stimmung verbessert und die Anleger in den Sektor zurückkehren. Wir geben grundsätzlich keine konkreten Prognosen zum Goldpreis ab, glauben aber dass die 3000 US-Dollar pro Unze Marke nächstes Jahr durchaus übertroffen werden kann.


Teil 1 des Interviews über Anlagephilosophie von Baker Steel lesen Sie hier

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