Vorsicht bei längerfristigen Aussichten

Expansive Geldmarktpolitik steht schwacher Weltwirtschaft gegenüber.

01.10.2012 | 08:31 Uhr

Während eines Großteils der Woche waren die Aktienkurse im Durchschnitt leicht rückläufig. Anleihenrenditen in den USA und Deutschland gingen etwas zurück. Renditen für spanische und italienische Staatsanleihen lagen hingegen weiterhin um die 6,7 % bzw. um die 5 %. Die Märkte blieben jedoch angespannt. Am Mittwoch kam es aufgrund politischer Unruhen in Spanien zu massiven Verkäufen. Wir halten es für gut möglich, dass die Pattsituation zwischen einer schwachen Weltwirtschaft und einer expansiven Geldpolitik vorerst anhält. Wir sind jedoch vorsichtig, was den längerfristigen Ausblick anbelangt.

Die jüngsten geldpolitischen Maßnahmen der US Federal Reserve und der EZB wirkten sich eindeutig positiv auf risikobehaftete Anlagen aus. Die Suche nach Wachstum ist jedoch nach wie vor eine Herausforderung. Der deutsche Einkaufsmanagerindex für die Industrie wies auf eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung hin. Der Ifo- Geschäftsklimaindex war im fünften Monat in Folge rückläufig. Der Ifo-Erwartungsindex fiel auf den niedrigsten Stand seit März 2009. Wenn man auf eine kritische Betrachtung verzichtet, weisen diese Daten auf eine Rezession hin.

Vor kurzem ließ in Deutschland auch das Stellenwachstum nach. Die Einzelhandelsumsätze sind schwach. Das unsichere Wirtschaftsklima belastet sowohl Verbraucher als auch Hersteller. Hinzu kommt, dass auch Deutschlands Exportmärkte, darunter insbesondere der Euroraum und Asien, unter einem nachlassenden Wirtschaftswachstum leiden. Der französische INSEE-Index deutet ebenfalls auf eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung hin. Aufgrund der schlechten Arbeitsmarktlage und des fiskalpolitischen Gegenwinds ging das Verbrauchervertrauen weiter zurück.

Die Folgen eines schwachen oder negativen Wirtschaftswachstums lassen sich an den jüngsten Prognosen der italienischen Regierung erkennen. Für 2013 rechnet sie mit einem Haushaltsdefizit in Höhe von 1,6% des BIP, für dieses Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von -2,4%, für nächstes Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von - 0,2% und für 2013 mit einer Schuldenquote von 127,1%. Der Abbau (oder sogar die Stabilisierung) der Verschuldung ohne Wirtschaftswachstum ist extrem schwierig. Wir sind derzeit mit einer beispiellosen Konjunkturschwäche konfrontiert. An den Protesten in Spanien und Portugal ist zu erkennen, dass die Bevölkerung Sparmaßnahmen nur bis zu einem bestimmten Punkt ertragen kann.

Die Wirtschaftsdaten der USA fielen weiterhin überraschend positiv aus. Das Geschäftsklima in der Industrie in den Regionen Philadelphia, Dallas und Richmond verbesserte sich mehr als erwartet. Nachdem der Anstieg der Ölpreise zum Stillstand gekommen war, sich die Lage an den Aktienmärkten verbesserte und die Beschäftigung weiter zugenommen hatte (wenn auch in bescheidenem Ausmaß), verbesserte sich das Verbrauchervertrauen deutlich.

In den USA stiegen die Häuserpreise im 6. Monat in Folge. In Anbetracht des Anstiegs der Häuserpreise sowie der Kurse von Aktien und Anleihen im 3. Quartal (bis zum derzeitigen Zeitpunkt), wird das Haushaltsvermögen, im dritten Quartal wahrscheinlich ebenfalls zunehmen. Die Haushalte bauen weiterhin Schulden ab. Die Unternehmensverschuldung erscheint im Vergleich zum Cashflow oder zum Eigenkapital zwar kontrollierbar, weniger gut bestellt ist es hingegen um die Staatsfinanzen der USA. In Anbetracht der hohen Verschuldung, kann sich die USA unserer Ansicht nach keine höheren Zinsen erlauben. Für die Regierung besteht damit ein starker Anreiz, die Zinsen niedrig zu halten.

Das weltweite Wirtschaftswachstum gibt Anlass zur Sorge. In der derzeitigen Schuldenkrise im Euroraum ist das Wirtschaftswachstum die größte Herausforderung. Die EZB verschaffte den politischen Entscheidungsträgern durch ihr neues Programm für den Kauf von Staatsanleihen eine Atempause und Spanien zögert, einen Antrag auf Rettungsgelder zu stellen. Es ist derzeit unklar, ob Griechenland mehr Zeit (und Geld!) erhält, um die Vorgaben zum Abbau seines Haushaltsdefizits zu erreichen. Hinzu kommt, dass derzeit weder über den Umfang noch über den zeitlichen Rahmen für eine europäische Bankenunion Einigkeit herrscht. Das Wirtschaftswachstum in Asien lässt nach, wobei das Risiko einer harten Landung in China zunimmt. Mehrere große Unternehmen äußerten sich vorsichtig über ihre Gewinnaussichten.

Wir haben Aktien aus Schwellenländern untergewichtet, da es nicht sicher ist, dass die Konjunkturflaute dort durch eine Lockerung der Geldpolitik aufgefangen werden kann. Es wird davon ausgegangen, dass sich die zusätzlichen geldpolitischen Maßnahmen, die von der Fed, der EZB, der Bank of England und der Bank of Japan ergriffen wurden, nur auf die Aktien der Industriestaaten positiv auswirken werden.

Bei Unternehmensanleihen sind wir neutral gewichtet. Bei einer schwachen Konjunktur entwickeln sich Unternehmensanleihen im Allgemeinen besser als Aktien. Fundamentaldaten wie Bilanzen und Gewinne sind relativ gut. Anleger auf der Suche nach höheren Renditen könnte die Kurse von Unternehmensanleihen ebenfalls nach oben treiben. Allerdings sind die Renditen in letzter Zeit gefallen, insbesondere für Investment Grade Anleihen. Außerdem könnte das Wirtschaftswachstum zu schwach sein, um die Kurse auf dem derzeitigen Niveau zu halten.

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