Zitat der Woche: Zu den aktuellen politischen Akzenten in Europa

„Die Krise ist jetzt in eine neue Phase getreten, die vor allem von der Spekulation, Griechenland könne aus der Europäischen Wirtschaftsunion (EWU) austreten, geprägt ist“, so Chris Iggo, CIO Fixed Income bei AXA Investment Managers.

29.05.2012 | 09:19 Uhr

„Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass ein solcher Schritt das Konzept einer unwiderruflichen Währungsunion aus den Angeln heben würde. Damit wäre ein Präzedenzfall geschaffen, der Schule machen könnte. Es ist zwar schwierig, das interne Devisenrisiko in einem einheitlichen Währungsraum zu quantifizieren, doch deutet einiges darauf hin, dass die Sorgen um den Erhalt der gemeinsamen Währung zunehmen. Das zeigt sich insbesondere an der Divergenz der Anleiherenditen im Euroraum: Anleger aus den – stärkeren – Gläubigerländern reduzieren ihre Bestände in den – schwächeren – Schuldnerländern. Gillian Tett wies heute in der Financial Times darauf hin, dass die Banken ihr Asset-Liability-Matching bereits je nach Land neu ausrichten. So wurden grenzüberschreitende Zahlungsforderungen zurückgefahren und das Euro-System – das aus der Europäischen Zentralbank (EZB) und den nationalen Zentralbanken besteht – ist von erheblichen Verzerrungen geprägt. Ein untrügliches Indiz für ein bevorstehendes Auseinanderbrechen der Währungsunion wäre indes eine Verlagerung von Bankeinlagen, weg von den Banken schwacher Länder hin zu Instituten in den stärkeren Ländern. Bis jetzt ist es noch nicht dazu gekommen, aber die Angst vor einer solchen Entwicklung hat die Forderung nach einer beschleunigten europaweiten Bankenregulierung und Einlagensicherung ausgelöst. Die Tatsache, dass die Wirtschaftsakteure bereits Vorkehrungen für einen Fall treffen, der noch vor ein paar Jahren als undenkbar galt, ist für mich ein klares Zeichen für den Mangel an Vertrauen in die politische Elite und ihre Fähigkeit, den Euro zu retten. Dieser Pessimismus beruht zum größten Teil auf den trüben Konjunkturaussichten und dem Mangel an tragfähigen Konzepten zur Konjunkturförderung. Mit der Wahl von François Hollande ist die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass sich die politischen Akzente in Europa verschieben. Doch bislang gibt es noch keine Anzeichen dafür, dass die Politiker bald mit überzeugenden Wachstumsplänen aufwarten werden. Aber das gilt nicht nur für den Euroraum. Großbritannien meldete diese Woche eine Abwärtskorrektur des Wachstums des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für das erste Quartal, und auch der Jahresbericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur britischen Wirtschaft enthielt wenig Erfreuliches. Sorge bereitet auch das rückläufige Wachstum in den USA und China.. Überdies sind die ersten Schätzungen der europäischen Industrieproduktion im Mai sehr schwach ausgefallen. Bleibt das Wachstum schwach, ist die Krise nicht zu bewältigen.“

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