Die Börsen sind recht holprig ins neue Jahr gestartet. Die Gründe sind klar: Warten auf neue Konjunktur- und Inflationszahlen, warten auf aktuelle Quartalszahlen. Warten und Zittern lautet die Devise.
17.01.2024 | 07:00 Uhr
Das neue Börsenjahr ist gerade mal zwei Handelswochen alt, schon
begann in den USA die Berichtssaison für das 4. Quartal. Analysten
schätzen, dass die Gewinne der im S&P 500 gelisteten Unternehmen im
Schnitt rund fünf Prozent höher ausfallen dürften als im Schlussquartal
2022. Nach Schätzungen der Deutschen Bank sollten sieben Sektoren
Gewinnsteigerungen melden. Dabei sollen Kommunikationsdienstleister und
Versorger sogar jeweils in der Größenordnung von rund 50 Prozent ihre
Gewinne gesteigert haben. Niedrigere Gewinne dürften hingegen Energie-,
Grundstoff- und Gesundheitsunternehmen vermelden. Überraschende
Quartalszahlen sollten bei den Kursen entsprechender Aktien für spürbare
Bewegungen sorgen. Einen ersten Vorgeschmack gab es bei den Zahlen der
großen US-Banken. So hat JP Morgan den höchsten Gewinn aller Zeiten
vermeldet. Im abgelaufenen Jahr hat die US-Großbank einen Gewinn von
49,6 Milliarden Dollar eingefahren. So viel Überschuss hat noch nie ein
Geldinstitut in den USA erzielt (Größte US-Bank JP Morgan hängt die Konkurrenz ab).
Dämpfer gab es dagegen für die anderen Banken: So vermeldete die Bank
of America für das Schlussquartal des Jahres 2023 3,1 Milliarden Dollar
Nettogewinn, deutlich weniger als im Vorjahr. Auch die Citigroup
präsentierte schlechte Zahlen.
Die Inflationsrate in Deutschland ist wieder auf 3,7 Prozent
gestiegen. In der EU liegt sie bei 2,9 Prozent. Und in den USA legten
die Verbraucherpreise im Dezember mit 3,4 Prozent gegenüber dem
Vorjahresmonat und damit stärker als erwartet zu. Gleiches gilt für die
um Energie- und Nahrungsmittel bereinigte Kernrate, die mit 3,9 Prozent
nach wie vor deutlich über dem Zwei-Prozent-Ziel der US-Notenbank lag.
Solange dieser Trend anhält und keine nachhaltigen Fortschritte bei der
Rückführung der Dienstleistungsinflation zu verzeichnen sind, dürften
die US-Notenbanker um Fed-Chef Jerome Powell keine Siegeserklärung im
zähen Inflationskampf abgeben. Dennoch preisen die Märkte für die
Fed-Sitzung am 20. März eine erste Zinssenkung von 0,25 Prozentpunkten
mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 60 Prozent ein (US-Notenbank signalisiert niedrigere Zinsen in 2024).
Das erscheint durchaus optimistisch zu sein. Auch die EZB dürfte sich
mit schnellen Zinssenkungen vorerst zurückhalten. Hier sind
Enttäuschungen fast schon vorprogrammiert, die sich dann auch auf die
Kurse auswirken werden.
Wenn Künstliche Intelligenz in 2023 das Jahr der KI-Innovationen war, so wird dieses Jahr der produktive Einsatz dieser Innovationen im Vordergrund stehen. Die auf astronomische Höhen bis zu 900.000 US-Dollar gestiegenen Jahresgehälter der KI-Experten deuten die Dimension an, die mit der neuen Technik verknüpft sind: Möglichst hohe Produktivitätseffekte zu erzielen, indem viele Tätigkeiten von Künstlicher Intelligenz erledigt werden. Und das Potenzial ist groß: Etwa ein Drittel aller Bürotätigkeiten lassen sich schon mit heutiger Technik automatisieren.
Knapp 20 Milliarden Dollar haben weltweit Unternehmen im
vergangenen Jahr in KI-Lösungen gesteckt . In diesem Jahr, so
Schätzungen, könnte sich der Betrag noch einmal verdoppeln, da die
entsprechenden Softwarelösungen nun einsatzbereit sind. Das Ergebnis
wird ein Wettrennen um die höchsten Produktivitätseffekte sein, die sich
schnell auch für andere Branchen entwickeln lassen.
Wie in der ersten ITK-Revolution („The Art of Digital
Engineering“) zwischen 1995 und 2004 werden die USA auch im KI-Zeitalter
die größten Produktivitätszuwächse erreichen, schätzt Capital
Economics. In ihrem „AI Economic Impact Index“ erreichen die Vereinigten
Staaten als Spitzenreiter 70 Punkte und liegen damit klar vor Singapur
an zweiter Stelle. Die Amerikaner investieren nicht nur am kräftigsten
in KI, sie gründen auch die meisten Startups und passen ihre Ausbildung
am schnellsten an. Als Lohn werden sie vom bevorstehenden
Produktivitätsschub am stärksten profitieren, so die Prognose. Von
diesem Bereich sollten auch unsere Portfoliowerte wie Microsoft,
Alphabet und Amazon profitieren, die sowohl im Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen als auch im Frankfurter UCITS-ETF – Modern Value enthalten sind.
Deshalb sind wir auch grundsätzlich optimistisch, was den weiteren Verlauf an den Märkten betrifft, auch wenn es derzeit etwas holprig läuft. Das grundlegende Szenario für dieses Jahr ist aus unserer Sicht: Eine grundsätzlich fallende Inflation trifft auf ein schwaches Wachstum und auf sinkende Zinsen. Das wahrscheinlichste Szenario ist somit ein „soft landing“ der Wirtschaft, auch wenn auf dem Weg dahin so manche negative Überraschung lauern könnte. Denn spannend wird es, wenn es anders kommt als erwartet. In diesem Umfeld ergeben sich Risiken – aber natürlich auch Chancen. Mit einem gewissen Grundoptimismus schauen wir im aktuellen Marktumfeld auf eben diese Gelegenheiten. Und das müssen nicht immer nur große US-Tech-Aktien sein. Auch eine Roche Holding, eine Allianz (Beitrag: Allianz: Verlässlichkeit für das Portfolio)oder eine Ryanair Holdings (Beitrag: Abheben mit dem "Aldi der Lüfte") sehen wir als durchaus attraktiv an.
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