Der Ausgang der Europawahl hat für die französischen, aber auch für die europäischen Märkte negative Folgen. Grund war der Rechtsruck im politischen Spektrum, der Parlamentsneuwahlen in Frankreich zur Folge hat.
18.06.2024 | 07:55 Uhr
2. Märkte auf dem falschen Fuß erwischt – negative Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit
Der Ausgang der Europawahlen hat in Frankreich ein politisches Erdbeben ausgelöst, dessen Wellen zwangsläufig auch auf die Wirtschaft ausstrahlen. Der große Zuspruch für den rechtspopulistischen Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen war erwartet worden. Sie hatte bei der Europawahl rund 32 Prozent der Stimmen erhalten und damit mehr als doppelt so viel wie die Liste Renaissance von Präsident Emmanuel Macron. Der hat daraufhin den Panikknopf gedrückt, die Nationalversammlung aufgelöst sowie vorgezogene Neuwahlen angekündigt . Da die erste Runde der Wahlen bereits für den 30. Juni angesetzt ist, ist das Schachern um mögliche Koalitionen und Bündnisse bereits im vollen Gange. Ende offen.
Aber: Die Ankündigung der Auflösung der Nationalversammlung und von Neuwahlen haben die Märkte gänzlich auf dem falschen Fuß erwischt. Vor allem Banktitel gaben zum Teil erheblich nach. Denn: Die politische Situation in Frankreich bedroht der Ratingagentur Moody's zufolge die Kreditwürdigkeit des Landes. „Die vorgezogenen Neuwahlen erhöhen die Risiken für die Haushaltskonsolidierung“, so die Bonitätswächter in einer ersten Stellungnahme. Dies sei für das Rating negativ. Moody's bewertet die Kreditwürdigkeit derzeit mit Aa2. Damit wird Frankreich zwar eine sehr hohe Bonität zugestanden, die aber langfristig schwerer einschätzbar sei, so Moody’s. Die anderen großen Ratingagenturen Fitch und S&P Global liegen eine Note unter der Note von Moody's. „Potentielle politische Instabilität ist ein Kreditrisiko angesichts der schwierigen fiskalischen Situation, die die nächste Regierung erben wird“, erklärten die Moody's-Analysten (Moody's sieht Kreditwürdigkeit wegen Neuwahlen gefährdet).
Nun, die politische Unsicherheit ließ den Renditeabstand zwischen zehnjährigen französischen und deutschen Staatsanleihen zwischenzeitlich auf über 0,6 Prozentpunkte steigen – den höchsten Stand seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020. Denn schlechtere Finanzierungskonditionen könnten nicht nur Frankreichs Wachstum hemmen, sondern auch die Zinsen erhöhen, für die sich dort ansässige Banken am Kapitalmarkt Geld beschaffen können. Mit der Korrektur bei Aktien wie denen von BNP Paribas, Crédit Agricole & Co. dürften diese Aussichten aber bereits weitestgehend eingepreist sein, denn die französischen Kreditinstitute erzielen lediglich 20 bis 40 Prozent ihrer Umsätze im Inland. Ihr Anteil am europäischen Sektor liegt zudem bei lediglich zehn Prozent. In Anbetracht ihrer robusten Fundamentaldaten und des niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnisses von 7,2 scheinen Rücksetzer bei europäischen Bankaktien möglicherweise gute Kaufgelegenheiten zu bieten. Aber das ist wieder eine andere Sache.
Wie dem auch sei: Wir beobachten die Situation in Frankreich auch weiterhin ganz genau. Wir sind zwar nicht bei sonderlich vielen Unternehmen dort investiert, aber sowohl der Versicherungskonzern SCOR als auch Sartorius Stedim Biotech S.A. sind sowohl im Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen als auch im Frankfurter UCITS-ETF – Modern Value relativ hoch gewichtet. Die SCOR-Aktie hat zwar in den letzten Tagen als Finanztitel auch etwas verloren, aber mit weltweit 35 Niederlassungen und mehr als 3.000 Mitarbeitern gehört die SCOR zu den TOP 5 der Branche und Frankreich ist nur ein Teilmarkt für den Konzern. Und die Sartorius Stedim Biotech-Aktie legte gegen den Trend an der Börse in Paris sogar zu. Hier spielen die Neuwahlen zum Parlament keine große Rolle.
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